# taz.de -- Sexualisierte Gewalt in der Kirche: Mangelhafte Kontrollen
       
       > Nach WDR-Recherchen werden Gewalttäter in der Kirche unzulänglich
       > kontrolliert. Auch die Bischofskonferenz wird sich damit nun befassen
       > müssen.
       
 (IMG) Bild: Zerissener Jesus am Kreuz: am Ort der Bischofskonferenz in Bad Staffelstein
       
       BERLIN taz | Welche Bedeutung hat Bedauern, wenn keine strengen
       Präventionsmaßnahmen folgen? Nach einer Recherche des WDR werden in den 27
       deutschen katholischen Bistümern trotz der erschreckenden Gutachten zur
       sexualisierten Gewalt durch Priester die Täter nur unzureichend
       kontrolliert. In der am Montag [1][veröffentlichen Recherche] heißt es,
       dass es im Bistüm Köln keinerlei Kontrollen von Priestern gibt, die Kindern
       sexualisierte Gewalt angetan haben. In elf weiteren Bistümern werde jeweils
       nur der direkte Vorgesetzte informiert und Gespräche durch
       Bistumsmitarbeitende geführt. Eine spezielle Ausbildung dafür hätten diese
       Menschen nicht und sie seien auch nicht unabhängig von Kirchenstrukturen,
       so der WDR.
       
       Einen besseren Umgang mit Tätern gibt es der Recherche nach in Essen,
       Osnabrück, München und Dresden. Dort sollen externe Beauftragte und
       unabhängige Kommissionen die betreffenden Personen kontrollieren. In Essen
       würde beispielsweise eine Art kirchlicher Bewährungshelfer die Täter
       mehrmals wöchentlich besuchen.
       
       Betroffene sexualisierter Gewalt kritisieren die Aufarbeitungs- und
       Präventionsarbeit der Kirche: „Es ist lächerlich, dass erst jetzt eine
       Kommission arbeitet, das hätte man 2010 schon machen können. Das Erzbistum
       ist damit viel zu spät“, sagte etwa Patrick Bauer gegenüber dem WDR zu den
       Vorfällen sexualisierter Gewalt in Köln.
       
       Insgesamt beantworteten 24 von 27 Bistümern die Fragen des WDR nach der
       Kontrolle von Priestern, die etwa die Auflage haben, sich Kindern nicht zu
       nähern. Keine Antworten oder Angaben gab es aus den Bistümern Fulda, Passau
       und Paderborn. Die Pressestellen der Bistümer Berlin und Görlitz gaben an,
       dass es bei ihnen keine Täter gebe, die kontrolliert werden müssten.
       
       „Wir können als Kirche keine Haftstrafen oder Arreste in Gang setzen“,
       sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing zu der
       Recherche des WDR.
       
       ## Erste Bischofskonferenz nach München-Gutachten
       
       Am heutigen Montag kommen im oberfränkischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen
       in der Nähe von Bad Staffelstein die deutschen katholischen Bischöfe zur
       Frühjahrs-Vollversammlung zusammen. Überschattet wird das Zusammentreffen,
       das am Donnerstag zu Ende geht, natürlich auch vom Krieg in der Ukraine.
       Die Bischöfe wollen für die Menschen und den „Frieden in der Ukraine und
       ganz Europa“ beten. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
       Bischof Dr. Georg Bätzing, sagte bei der Pressekonferenz am Montag, dass
       der Krieg in der Ukraine sowie die Situation der fliehenden Menschen einen
       Schwerpunkt darstellen werden.
       
       Das Treffen in Vierzehnheiligen ist das erste Zusammenkommen der deutschen
       Bischöfe seit der [2][Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens],
       in dem auch ernstzunehmende Vorwürfe gegen den emeritierten Papst Benedikt
       XVI. stehen. Neben den Gutachten zur sexualisierten Gewalt in der Kirche
       müssen auch die Ergebnisse der [3][dritten Vollversammlung des Synodalen
       Wegs Anfang Februar] besprochen werden.
       
       Die Bischöfe wollen darüber diskutieren, wie die Beschlüsse des
       Reformgremiums in den Bistümern umgesetzt werden können. Unter anderem
       wünscht sich das Reformgremium, dass in Zukunft die Gläubigen bei
       Bischofsernennungen mitreden können. Außerdem gibt es die Forderung nach
       dem Diakonat der Frau, der Änderung, dass Priester heiraten können und es
       in Zukunft keinen [4][Ausschluss mehr bei der Segnung für homosexuelle
       Paare gibt.]
       
       Kurz vor der Versammlung des Synodalen Wegs hatten sich im Rahmen der
       [5][Aktion #outinchurch 125 Mitarbeiter*innen der katholischen Kirche
       als queer geoutet]. Der Initiator Jens Ehebrecht-Zumsande sagte gegenüber
       der taz, dass der Umgang der katholischen Kirche mit den Fällen
       sexualisierter Gewalt und der jahrelangen Diskriminierung von queeren
       Menschen die [6][Doppelmoral der Entscheidungsträger in der Kirche]
       deutlich mache. Der Umgang mit Reformprozessen und der Aufklärung
       sexualisierter Gewalt führt seit einigen Jahren zu vermehrten Austritten
       aus der Kirche. 2020 waren in Deutschland mehr als 42 Millionen Menschen
       Mitglieder in der evangelischen oder katholischen Kirche. Das entspricht
       etwa 51 Prozent der Bürger*innen in Deutschland. Im Jahr 2018 waren noch
       53,2 Prozent Kirchenmitglieder.
       
       Die Reformgruppe „Wir sind Kirche“ forderte zu Beginn der
       Bischofsvollversammlung, dass sich die Bischöfe zur „Selbstbindung“ an die
       Beschlüsse des Synodalen Wegs bekennen, „solange es kirchenrechtlich noch
       keine Gewaltenteilung und keine wirksame Kontrolle von Macht gibt.“
       
       ## Woelki nimmt an der Vollversammlung teil
       
       An der Vollversammlung wird auch der [7][umstrittene Kölner Erzbischof
       Rainer Maria Woelki] teilnehmen. Woelki hatte im September eine geistliche
       Auszeit von einem halben Jahr aufgrund von starker Kritik an seiner Person
       bedingt durch seinen Umgang mit der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter
       Gewalt angekündigt. Zeitgleich zu seiner Rückkehr hat der Erzbischof Papst
       Franziskus Anfang des Monats seinen Rücktritt angeboten. Eine Entscheidung
       dazu steht noch aus.
       
       „Wir sind Kirche“ sieht in dem späten Rücktrittsangebot von Woelki eine
       „gefährliche Taktik, die alle Verantwortung auf den Papst schiebt.“ Die
       Reformgruppe kritisiert, dass der Bischof bisher kein Wort zu den neuen
       Beschlüssen des Synodalen Wegs verloren hat. Woelki hatte sich wiederholt
       kritisch über die Reformforderungen geäußert. Georg Bätzing sagte bei der
       Pressekonferenz in Vierzehnheiligen, dass Woelki sich zwingend dazu äußern
       muss, wie er sich Veränderungen in seiner Diözese vorstelle und wie er
       neues Vertrauen bei den Kirchenmitgliedern gewinnen möchte. (mit epd)
       
       Transparenzhinweis: Ursprünglich hatte der WDR von zwei Bistümern
       berichtet, in denen keine Kontrolle stattfindet. Aufgrund einer Korrektur
       der Pressestelle des Bistums Würzburg wurde der Text angepasst.
       
       7 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www1.wdr.de/nachrichten/missbrauch-kirche-taeter-kontrolle-100.html
 (DIR) [2] /Missbrauch-in-der-katholischen-Kirche/!5829198
 (DIR) [3] /Reformen-in-der-katholischen-Kirche/!5829783
 (DIR) [4] /Priester-ueber-Segnungsaktion/!5765922
 (DIR) [5] /Initiative-outinchurch/!5827805
 (DIR) [6] /Initiator-ueber-outinchurch/!5830053
 (DIR) [7] /Umstrittener-Koelner-Erzbischof/!5838896
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Linda Gerner
       
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       vorgab.