# taz.de -- Bundesliga Mainz vs. Bielefeld 4:0: Rehabilitation der Reizfigur
       
       > Schiri Felix Zwayer erkennt den ersten Fehler der Torlinientechnologie
       > und verhängt zu Recht drei Elfmeter in 15 Minuten.
       
 (IMG) Bild: Felix Zwayer trifft eine von vielen richtigen Entscheidungen
       
       Felix Zwayer kennt das Gefühl zur Genüge, plötzlich im Mittelpunkt zu
       stehen. Vielleicht hat der Schiedsrichter auch deshalb kaum Scheu, für
       seine Entscheidungen meist auch öffentliche Erklärungen zu liefern.
       Vermutlich selten aber hat sich Zwayer, 40, so gerne vor Kameras und
       Mikrofone begeben wie nach dem Bundesligaspiel zwischen dem FSV Mainz 05
       und Arminia Bielefeld (4:0). Ausgerechnet jener Referee, der sich in der
       Hinrunde nach dem Gipfeltreffen zwischen Borussia Dortmund und Bayern
       München (2:3) [1][heftigsten Anfeindungen] ausgesetzt sah, hat die
       Bundesliga in der Rückrunde vor einer Peinlichkeit bewahrt: dem ersten
       Phantomtor der Geschichte wegen technischen Versagens.
       
       Was war passiert? Die forschen Mainzer führten gegen behäbige Bielefelder
       durch ein Blitztor von Jonathan Burkardt nach 27 Sekunden mit 1:0, als die
       meisten der 25.000 Zuschauer bald darauf das vermeintliche 2:0 feierten.
       Der Stadionsprecher verkündete Kapitän Moussa Niakhaté als Torschützen,
       doch nach dessen Kopfball hatte Arminia-Keeper Stefan Ortega die Kugel im
       Gedränge auf der Linie gesichert (15.). Gleichwohl bekam Zwayer mit einiger
       Verzögerung das Torsignal auf seine Uhr – und zeigte auf den Anstoßpunkt.
       „Doch die gewisse Verzögerung hat mich stutzig gemacht.“ Der Chef und seine
       Assistenten auf dem Platz und im Kölner Keller hatten den Eindruck, dass
       hier etwas nicht stimmte. Also eilte Zwayer an den Kontrollmonitor: „Ich
       musste und sollte nicht raus. Ich wollte mir aber unbedingt selbst ein Bild
       machen.“ Und siehe da: Mit seinem Spürsinn kam der Unparteiische einer
       Tücke der Technik auf die Schliche und lobte sich dafür gerne selbst. Es
       habe „unheimlich gut getan, mit einem klaren Bild zurück aufs Feld zu gehen
       und es den Spielern und Beteiligten zu erklären“. Der Ball war mitnichten
       mit vollem Durchmesser hinter der Linie.
       
       So etwas, sagte der Fifa-Schiedsrichter, habe er auch noch nicht erlebt.
       Dringend sollte nun der Anbieter den Vorfall auswerten. „Wir haben gehört,
       dass das System im Lauf des Spiels überprüft wurde und dass tatsächlich
       eine Fehlfunktion vorgelegen hat.“ Arminia-Coach Frank Kramer nahm die
       Kuriosität mit einem Anflug von Galgenhumor hin: „Je mehr Technik, desto
       besser ist es. Dann kann die Technik die Technik wiederum überstimmen.“
       
       Doch nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn niemand den Blackout der
       [2][Torlinientechnologie] entlarvt hätte. Zum einen hätte ein Bielefelder
       Protest große Aussicht auf Erfolg besessen. Zum anderen hätte es wieder
       kräftig an der Reputation eines Referees gekratzt, der sogar Morddrohungen
       erhielt, nachdem der junge BVB-Profi Jude Bellingham an Zwayers
       zwielichtige Rolle im Hoyzer-Skandal erinnert hatte. Aus Selbstschutz
       verordnete sich der Berliner Immobilienkaufmann hernach an der Pfeife eine
       Auszeit, die erst vor fünf Wochen endete.
       
       ## Mainzer Elfmeterschützenvielfalt
       
       Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass Zwayer am Samstag noch an
       einem anderen Novum tatkräftig beteiligt war, als er in der zweiten Hälfte
       dreimal binnen einer Viertelstunde auf den Elfmeterpunkt deutete. Doch
       schimpfte der ostwestfälische Abwehrchef Amos Pieper nicht über den
       Spielleiter, sondern mit seinen töricht foulenden Mitspielern Manuel Prietl
       und Andrés Andrade. Nacheinander verwandelten Niakhaté (65.), Burkardt
       (75.) und Marcus Ingvartsen (79.) sicher, wobei bemerkenswert war, dass
       Kapitän Niakhaté allein bestimmte, wer schießt. „Er ist der Boss“,
       berichtete Burkardt. Die Nullfünfer fahren bestens mit ihrem
       Auswahlverfahren, wie eine Serie von 36 verwandelten Elfmetern seit April
       2013 belegt.
       
       Auch eine solche Elferflut, bekundete Zwayer, sei sicherlich
       „außergewöhnlich“. Doch wenn Foulspiele passierten, „dann müssen sie
       geahndet werden. Dann kann ich auch nicht anfangen zu zählen. Und dann
       sagen: Ja Mensch, jetzt wird es aber zu viel.“ Generell habe ihm der
       Nachmittag am Mainzer Europakreisel gezeigt, wie spannend sein Job sein
       kann: „Es passieren Dinge, mit denen man nicht rechnet, und dann ist es
       ganz wichtig, Ruhe zu bewahren und den gesunden Menschenverstand zu
       benutzen.“ Das hat er gut gesagt – und auch gut gemacht.
       
       20 Mar 2022
       
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