# taz.de -- Netzabdeckung in Deutschland: Schlecht verbunden
       
       > Ist das Internet langsamer, als der Provider versprochen hat, haben
       > Nutzer:innen das Recht, den Preis zu mindern. Und das ist oft der
       > Fall.
       
 (IMG) Bild: Nichts lädt, nichts funktioniert – da kann man schon einmal durchdrehen
       
       Für die meisten Verbraucher:innen dürfte es Alltag sein: Internet, das
       hakt, zwischenzeitlich komplett ausfällt, deutlich langsamer ist als
       versprochen, und das Einzige, was zuverlässig funktioniert, ist die
       Warteschleifenmusik des Anbieters. Den Erste-Hilfe-Kasten haben die
       Betroffenen direkt griffbereit: Router neu starten, Netzwerkkabel rein
       statt WLAN an, Videokonferenzen nicht auf Abende legen, wenn die Nachbarn
       streamen und viel, viel fluchen. Der Effekt ist bei den meisten der
       Maßnahmen überschaubar, aber man hat zumindest das Gefühl, etwas getan zu
       haben.
       
       Aber nun gibt es seit Dezember ein neues Mittel im Erste-Hilfe-Kasten: ein
       Minderungsrecht. Klingt profan, heißt aber im Detail: Ist das Internet
       langsamer, als der Provider in seiner unendlichen Bis-zu-Großzügigkeit
       versprochen hat, haben Nutzer:innen das Recht, den zu zahlenden Preis zu
       mindern. Alternativ dürfen sie kündigen – was natürlich für Genugtuung
       sorgen kann, aber nicht unbedingt für einen besseren Internetanschluss.
       
       Wer den Verdacht hat, selbst von zu schlechtem Netz betroffen zu sein, geht
       also folgendermaßen vor: Auf der Seite [1][breitbandmessung.de] der
       Bundesnetzagentur die Software herunterladen und losmessen. Wenn sich der
       Verdacht bestätigt, kann man eine Messkampagne starten: Nötig sind dafür
       jeweils zehn Messungen an drei unterschiedlichen Tagen, dazwischen muss es
       mindestens einen Tag Abstand geben, aber längstens darf sich alles auf 14
       Tage verteilen. Zwischen den einzelnen Messungen sind mindestens 5 Minuten
       Abstand nötig und zwischen Messung 5 und 6 mindestens 3 Stunden.
       
       Ja, das ist Aufwand. Und das heißt: Die knapp 15.000 Messprotokolle, die
       die Bundesnetzagentur seit Dezember gezählt hat und von denen fast alle
       einen Minderungsanspruch begründen, sind nicht Ergebnis beiläufigen
       Ausprobierens. Da sind wirklich Kund:innen nachhaltig unzufrieden und
       investieren einiges an Zeit und Energie für einen ungewissen Ausgang. Denn
       dann kommt noch die Rechenaufgabe: herausfinden, ob ein Minderungsrecht
       besteht. Auch das definiert die Bundesnetzagentur. Und zwar: Wenn bei einem
       Festnetz-Breitbandanschluss an zwei der Messtage jeweils mindestens einmal
       90 Prozent der im Vertrag zugesagten Maximalgeschwindigkeit nicht erreicht
       werden; wenn die normalerweise verfügbare Geschwindigkeit nicht in 90
       Prozent der Messungen erreicht wird; oder wenn die vertraglich vereinbarte
       Mindestgeschwindigkeit an zwei Messtagen unterschritten wird.
       
       Mit den Messwerten kann man beim eigenen Provider vorstellig werden. Der
       bietet dann ein paar Euro Rabatt. Und der:die Kund:in muss sich
       überlegen: Nehme ich, was er mir anbietet? Oder ist das zu wenig? Denn das
       Minderungsrecht hängt prozentual an der Leistung: Erreicht die
       beispielsweise nur 70 Prozent des vertraglich Zugesagten, müsste es 30
       Prozent Nachlass geben. Noch eine Rechenaufgabe. Und der Klageweg, falls
       der Provider sich querstellt. Die meisten Nutzer:innen werden also den
       Kulanzrabatt nehmen und auch davon absehen, Schadensersatz zu verlangen.
       Das wäre etwa dann denkbar, wenn Zusatzkosten entstanden sind, weil man auf
       mobiles Internet ausweichen musste.
       
       Nun sind ein paar Euro mehr jeden Monat nicht schlecht. Allerdings: Davon
       wird die Verbindung nicht weniger ruckelig oder schneller oder
       zuverlässiger. Die Netzanbindung bleibt so grottig bis mittelmäßig wie
       zuvor, nur ist das Preis-Leistungs-Verhältnis dann etwas weniger mies.
       Dafür, dass das Gesetz einst aus der Union als „Zaubertrank für den Ausbau
       der digitalen Infrastruktur“ gepriesen wurde, ist das allerdings ziemlich
       mau.
       
       22 Mar 2022
       
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