# taz.de -- Russisches Museum in Spanien: Die Kunst und der Krieg
       
       > Es gibt Streit um das Russische Museum in Málaga. In der aktuellen
       > Ausstellung „Krieg und Frieden“ sehen viele russische Propaganda.
       
 (IMG) Bild: Die Ausstellung „Krieg und Frieden“ im russischen Museum in Malága am 25. Februar
       
       „Krieg und Frieden“ heißt eine noch laufende Sonderausstellung des Museo
       Ruso, des [1][Russischen Museums in Málaga]. Ausgestellt sind Werke
       russischer und sowjetischer Künstler zwischen Kriegspropaganda, Kriegselend
       und unterschwelliger Kritik am Krieg wie im Gemälde „Friede den Hütten,
       Krieg den Palästen“, von Sofia Dímshits Tolstaia, um 1920. Für viele im
       Stadtrat ist die seit einem Jahr laufende Ausstellung nun eine Provokation,
       die unpassender nicht sein könnte.
       
       Die einen – allen voran die sozialdemokratische PSOE – halten das Museum
       für ein Instrument der Propaganda Russlands, der kriegsführenden
       Staatsmacht. Andere – Künstler und Intellektuelle – halten die Schließung
       für eine Instrumentalisierung der Kunst, eine dem Westen unwürdige Zensur.
       Dass die nächste Ausstellung „suspendiert“ wird, ist inzwischen klar; ob
       die jetzige Ausstellung noch bis zum 24. April bleibt, umstritten.
       
       Das Russische Museum in Málaga ist eine Außenstelle des [2][Staatlichen
       Museums Sankt Petersburg]. Eine staatliche russische Institution, die von
       der Stadt Málaga subventioniert wird. Es wurde im März 2015 im Gebäude der
       ehemaligen Tabakfabrik Tabacalera eröffnet und beherbergt die größte
       Sammlung russischer Kunst außerhalb Russlands.
       
       Zu den Höhepunkten der ständigen Ausstellung gehören Künstler wie Chagall,
       Kandinsky oder Malewitsch, russische Avantgardisten, die einst Weltruhm
       genossen, von den viele erst im Exil ihren künstlerischen Ausdruck fanden.
       Dazu gibt es aktuell eine Hommage an Dostojewskis 200. Geburtstag, einen
       Themenraum zu Wladimir Majakoswki, dem Dichter, der vom talentierten
       Avantgardisten zum scheiternden Propagandisten wurde und letztlich am
       System zerbrach.
       
       Der 77-jährige Bürgermeister von Málaga, Francisco de la Torre von der
       rechten Partido Popular, und der Direktor des Staatlichen Museums für
       Russische Kunst in Sankt Petersburg, Wladimir Gusev, haben 2015 das
       Protokoll der Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen
       unterschrieben. Es garantiert den Erhalt des Russischen Museums in der
       Stadt Málaga bis mindestens zum Jahr 2035.
       
       ## Für russischsprachige Residenten und Marbellas Oligarchen
       
       Die alte Königliche Tabakfabrik Málaga, in der sich das russische Museum
       befindet, ist Eigentum der Stadt. Diese zahlt auch die Bestückung der Säle
       durch die Sankt Petersburger. Rund 400.000 Euro waren es für die aktuellen
       Ausstellungen. Und vor Kurzem noch war Málaga sogar im Gespräch über eine
       Eremitage-Filiale.
       
       Bürgermeister Torre wollte mit dem Museum auch den zahlreichen
       russischsprachigen Residenten und Marbellas Oligarchen gefallen. Alles für
       den Tourismus in dieser vom Tourismus verwöhnten Region zwischen Málaga und
       Marbella. Dafür überreichte ihm 2018 Putin die Puschkin-Medaille „für die
       Verbreitung der russischen Kultur in der Welt“. So viel Ehre sehen heute
       viele als Schande. Er solle die Medaillen nun zurückgeben, fordern einige
       im Stadtrat.
       
       Gut 2.800 Russen sind allein im nahegelegen [3][Marbella] an der Costa del
       Sol gemeldet. Einer der teuersten Badeorte Spaniens. In Symbiose mit den
       Russen wohnen fast so viele Ukrainer. „Viele Ukrainer arbeiten bei den hier
       lebenden Russen“, sagt Ricardo Sánchez Bocanegra im Interview mit der
       Zeitschrift El Confidencial. „Sie sind Gärtner, Handwerker,
       Hausangestellte.“
       
       Bocanegra ist Gründer des spanischen Dachverbands der Vereinigung
       ausländischer Residenten (FAECOSOL) und langjähriger Kenner der russischen
       Community. Er glaube nicht, dass das russische Museum geschlossen werde,
       sagt er im Interview. Dazu ziehe es zu viele Besucher an. Aber wie ist die
       Stimmung in der russischen Community?
       
       ## Scham für Putins Handeln
       
       „Scham und Besorgnis sind die dominierenden Gefühle. Alle, die ich spreche,
       schämen sich für Putins brutalen Krieg gegen die Ukraine. Gleichzeitig
       sorgen sie sich um ihr eigenes Überleben im sonnenverwöhnten Spanien“, weiß
       Bocanegra. Mit gutem Grund: durch die Sanktionen der EU können sie ihre
       russischen Kreditkarten nicht mehr nutzen und keine Überweisungen außerhalb
       Russlands tätigen. Nicht nur die goldene Visa ist wertlos, auch der Rubel
       fällt. Viele, die sich hier niedergelassen haben hätten Angst, die
       Eliteschulen ihrer Kinder nicht mehr bezahlen zu können, weiß Bocanegra.
       
       Die Russen kamen ab 1995 an die Costa del Sol mit ihrem Image von Glamour,
       Luxus und Geldprominenz. Sie kauften teure Immobilien, um zeitweise hier zu
       leben. Viele ließen sich ganz in Spanien nieder. „Die Hauptkonten der
       Russen, die sich hier niedergelassen haben, sind allerdings in Russland
       oder anderswo, aber nicht in Spanien“, sagt Bocanegra. „Einige haben
       versucht, hier geschäftlich aktiv zu werden. Meist erfolglos, bis auf
       russische Frauen, die in Immobilien machen.“
       
       Die reichen Russen bangen um das gute Leben und ihre Yachten an spanischen
       Stränden. Die spanische Regierung kann ihre Yachten konfiszieren, solange
       der Krieg in der Ukraine andauert. Vier Tage nach Beginn des Krieges in der
       Ukraine wurden im Hafen von Barcelona die pompösen Hochsee-Yachten
       russischer Oligarchen beschlagnahmt. Die russischen Oligarchen Petr Aven
       (Besitzer der Alfa Bank, der größten russischen Geschäftsbank), Michail
       Fridman (Aufsichtsratschef der Alfa Group) und Alexey Mordaschow
       (Großaktionär von TUI) wollen gegen die von der EU verhängten Sanktionen
       vor Gericht klagen. Sie behaupten, sie hätten mit Putins Politik nichts zu
       tun.
       
       In den letzten Jahren habe sich das Interesse der Investoren von Marbella
       nach Málaga verschoben, weiß Bocanegra. Viele, die sich in Marbella mit
       seinem Luxusimage niedergelassen haben, hätten nun Häuser in Málaga
       erworben. Auch wenn Marbella eine internationale Klientel hat, Málaga ist
       angesagt, herausgeputzt. Es ist lebendig. Und es setzt auf Kultur, zu
       Beispiel mit seiner Museumslandschaft.
       
       Málaga hat sich zu einer Museumsstadt entwickelt. Mit insgesamt 37 Museen,
       von denen sich die meisten im historischen Zentrum befinden, gehört Málaga
       zu den Städten, die in ihrer Altstadt die höchste Museumsdichte aufweisen.
       Bedeutend ist vor allem das Picasso-Museum, Picasso wurde 1881 in Málaga
       geboren, und das Museum Carmen Thyssen mit seiner Sammlung andalusischer
       Maler aus dem 19. Jahrhundert.
       
       Und das russische Museum? Ist es ein Aushängeschild für Putins Krieg oder
       könnte es dessen Opfer werden? „Wie wäre es, wenn die aktuelle Ausstellung
       ein bisschen zusammenrückt und ergänzt wird mit Werken aktuell verfolgter
       russischer Künstler und ihrer ukrainischen Kollegen?“, schlägt Marco
       Schicker in den [4][Costa Nachrichten] vor. „Und damit der gleichsam
       verlogene Westen sich nicht in Selbstgerechtigkeit suhlen kann, nehmen wir
       kurdische, syrische, palästinensische Künstler oder Berichte afghanischer
       Übersetzer oder Studentinnen gleich dazu und stellen Fotos von im
       Mittelmeer ertrunkenen „Schwarzafrikanern“ den Bildern der großen
       Anteilnahme für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge gegenüber? Wenn das den
       Towarischi Kunstwächtern in Sankt Petersburg nicht passt, können die ihre
       Werke gerne abholen und sich damit selbst entblößen. Es ist nur zu
       fürchten, dass das auch einigen im Westen nicht passen würde.“
       
       Eine gute Idee. Dem touristischen Dasein Málagas mit seinem kosmopoliten
       Anspruch würde das einen echt weltoffenen, avantgardistischen Flair
       einhauchen.
       
       6 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.coleccionmuseoruso.es/
 (DIR) [2] https://www.rusmuseum.ru/
 (DIR) [3] /Spaniens-Hauptstadt-der-Korruption/!5534933
 (DIR) [4] https://www.costanachrichten.com/kultur/russisches-museum-malaga-sanktionen-krieg-ukraine-debatte-frieden-ausstellung-putin-91391395.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Edith Kresta
       
       ## TAGS
       
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