# taz.de -- Postpartaler Körperkult: Guter Bauch, schlechter Bauch
       
       > Noch wird Popsängerin Rihanna dafür gefeiert, dass sie ihren Babybauch
       > stolz präsentiert. Das könnte sich nach der Geburt schlagartig ändern.
       
 (IMG) Bild: Noch finden sie ihren Bauch toll: Rihanna am 1. März auf einer Pariser Modenshow
       
       Die Sängerin [1][Rihanna wird derzeit gefeiert], weil sie ihren Babybauch
       so offen zeigt. Und zwar nicht nur den Ansatz, nicht so ein bisschen,
       sondern den ganzen prächtigen, kugelrunden Bauch. Wir sollten viel mehr
       Babybäuche sehen. Wobei das kein normaler Bauch ist, sondern der Bauch
       einer millionenschweren Unternehmerin, der ein eigenes Stylingteam hat.
       
       Mit diesen Auftritten muss man sich echt nicht vergleichen, aber ein
       anerkennendes Nicken kann schon drin sein. Dennoch hatte ich ein mulmiges
       Gefühl. Als ich vor ein paar Tagen meine Jacken durchprobierte und merkte,
       dass die Hälfte davon ein Jahr nach der Geburt nicht wieder passt, kam es
       mir: Noch finden sie ihren Bauch toll. Noch. Solange ein Baby drin ist,
       solange er Arbeit verrichtet. Ein „Wunder“ tut. Sollte Rihanna aber ein
       Jahr später immer noch einen sichtbaren Bauch haben, wird sich das längst
       geändert haben.
       
       Der gesellschaftliche Druck, nach der Geburt so schnell wie möglich wieder
       auszusehen wie vorher, ist enorm. Im Englischen wird das [2][als
       Snap-Back-Culture beschrieben], frei übersetzt „Rücksprungkultur“. Oder
       „toxischer Körperkult“, denn genau das ist es. Ein Körper soll nach der
       Geburt zurückspringen wie ein Gummiband. Nur so läuft das nicht. Oder nur
       in den seltensten Fällen. Das Internet ist dennoch voll mit Fotos von
       Frauen, die „es geschafft haben“. Die es geschafft haben auszusehen, als
       sei nichts passiert. Doch [3][es ist was passiert], wieso soll man das
       nicht sehen?
       
       Noch immer wird einem von Freund*innen, Familie, Ärzt*innen und Hebammen
       schon in der Schwangerschaft geraten zu Stillen, weil man dann „so schnell
       wieder abnimmt“. Als wären wir willenlose Hamster getrieben von den Zahlen
       auf einer Waage. [4][Stillen hat Vorteile und Nachteile], aber das Gewicht
       sollte nicht das ausschlaggebende Argument sein. Auch weil man herb
       enttäuscht werden kann. Denn manche [5][Stillende nehmen noch zu]. Eine
       Erklärung dafür ist, dass der Körper Fettreserven anlegt für die
       Milchproduktion.
       
       ## Immer ist die Mutter Schuld
       
       Es kann auch am Schlafmangel oder an den diversen hormonellen Veränderungen
       liegen, die für meinen Geschmack immer noch ein wenig zu unerforscht sind.
       Denn wann immer es um gesundheitliche Beschwerden vor, während oder nach
       einer Geburt geht, scheinen alle nur die Hände gen Himmel zu strecken und
       „ein Baby, ein Wunder!“ zu rufen. Dann kriegt man noch ein paar Globuli,
       aber das war es dann meistens auch mit der „Medizin“. Eine andere beliebte
       Erklärung ist, der Mutter die Schuld zu geben, weil sie „sich gehen lässt“.
       
       Beim ersten Kind haben mir Leute gratuliert, als mein Körper nach dem
       Abstillen wieder schrumpfte. Manche fanden, es sei okay, mir zu sagen, wie
       dick sie mich vorher fanden. Am meisten erstaunte mich, wie erleichtert sie
       schienen, dass ich es nicht mehr war. Dass ich nicht mehr aussah, als wäre
       in meinem Körper ein ganzer Mensch gewachsen, den dieser Körper dann viele
       Monate lang ernährt hat
       
       26 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.instagram.com/p/CauF7lNI8nS/
 (DIR) [2] https://www.wellandgood.com/snapback-culture/
 (DIR) [3] /Schwanger-in-vielen-Zimmern/!5757950
 (DIR) [4] /Stillen-in-der-Oeffentlichkeit/!5769908
 (DIR) [5] https://www.healthline.com/health/parenting/breastfeeding-made-me-gain-weight#4.-Hormones,-schmormones-
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Saskia Hödl
       
       ## TAGS
       
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