# taz.de -- Belarussische Positionen im Ukrainekrieg: Lukaschenko will kein Handlanger sein
       
       > Belarussen solidarisieren sich mit der Ukraine. Alexander Lukaschenko
       > hingegen verdreht die Fakten zum Krieg, wie es ihm passt.
       
 (IMG) Bild: Demonstrieren Einigkeit: Pressekonferenz von Lukaschenko und Putin im April
       
       Kürzlich verkündete Alexander Lukaschenko auf der erweiterten Sitzung des
       belarussischen Sicherheitsrates: „Unbegründet und ohne Beweise dafür
       vorzulegen wurde Belarus als ‚Handlanger des Aggressors‘ dargestellt.“
       Seiner Meinung nach „blieben die professionellen Handlungen des
       (belarussischen) Militärs und der Diplomatie vom Westen unbemerkt.“
       
       Tatsächlich, die von belarussischem Gebiet auf die Ukraine abgeschossenen
       Raketen sind schwer zu ignorieren. Die Worte Lukaschenkos über die
       Bedrohung der nationalen Sicherheit und die notwendigen Maßnahmen zur
       Durchführung der militärischen Unterstützung im Rahmen der
       Russisch-Belarussischen Union lesen sich so: „Putin hat für mich kein Geld
       mehr, weil ich ‚mit dem Westen befreundet sein will‘.“
       
       Wenn man an Seelenwanderung glaubt, dann war Lukaschenko früher einmal eine
       große, erfolgreiche Kurtisane, die immer dem zu Diensten war, der am
       meisten Geld hatte.
       
       Was gibt er als Nächstes zu? Dass Belarus ein besetztes Land ist? Dass
       [1][das gemeinsame russisch-belarussische Militärmanöver „Entschiedenheit
       der Bündnispartner 2022“] (im Februar 2022) erdacht wurde, um nicht von
       russischem, sondern von belarussischem Gebiet aus die Ukraine zu
       bombardieren? Und dass man die Verwundeten aus den Kriegsgebieten zu uns
       bringt und nicht in russische Krankenhäuser?
       
       Es ist empörend, wie Lukaschenko sich die Idee des Unionsstaates zum
       Schaden unseres Landes hindreht, wie es ihm gerade passt. Und dass er nicht
       mehr den Unterschied zwischen den Worten „Handlanger“ und „Bündnispartner“
       kennt. Für die einfachen Belarussen ist es längst offensichtlich, dass ihr
       Land faktisch von außen kontrolliert wird, und Lukaschenko nur noch als
       Gauleiter (im Original deutsch; Anm. d. Übersetzerin) fungiert.
       
       Aber in seinem Wunsch nach unbedingtem Machterhalt ist Alexander
       Lukaschenko mittlerweile jedes Mittel recht. Nicht ausgeschlossen, dass er
       als nächstes erzählt, er selbst habe die Partisanenbewegung angeführt. Und
       dass er Landkarten zeigt, so wie er kürzlich im Kreml eine Karte des
       Angriffs der Ukraine auf Belarus zeigte und Putin für den Präventivschlag
       dankte.
       
       Die echten belarussischen Partisanen hingegen riskieren heute ihre Freiheit
       und ihr Leben, [2][um der Ukraine zu helfen]. Sie deaktivieren zum Beispiel
       Eisenbahnsignale. Die Geschwindigkeit, mit der russische Panzer auf
       belarussischen Bahnstrecken transportiert werden können, beträgt deshalb
       nur noch 10-15 km/h. Und im Krieg ist Zeit ein wichtiger Faktor.
       
       Kürzlich erst wurden drei solcher Draufgänger brutal verhaftet. Sie
       leisteten keinen Widerstand, aber die Polizei, die sie bereits festgenommen
       hatte, schoss ihnen in die Knie. Und kündigte an, beim nächsten Vorfall
       dieser Art gleich das Feuer zu eröffnen. Den Männern drohen langjährige
       Haftstrafen.
       
       Lukaschenko sagt heute dies und morgen etwas anderes, nur um sein Gesicht
       zu wahren. [3][Und unter den Sanktionen leiden nur die kleinen Leute] in
       Belarus. Die schon jetzt unter der Armutsgrenze leben. Es ist noch nicht
       lange her, da sprachen wir Belarussen vom Gefühl der kollektiven Schuld
       daran, dass wir den Schrecken des Krieges zugelassen haben.
       
       Mittlerweile haben wir erkannt, dass jetzt nicht die Zeit für Gefühle ist.
       Und die Schuld – das ist nicht die Schande aller Belarussen. Sondern die
       persönliche strafrechtliche Verantwortung von Alexander Lukaschenko und
       seiner Junta. Und wir Belarussen sammeln Geld, um ihnen Tickets nach Den
       Haag zu kaufen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
       
       Aus dem Russischen [4][Gaby Coldewey]
       
       Finanziert wird das Projekt von der [5][taz Panter Stiftung].
       
       26 Apr 2022
       
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