# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Am Desaster vorbeigeschrappt
       
       > Macron ist nicht wiedergewählt worden, weil er überzeugt hat. Den Sieg
       > verdankt er Le Pen. Vor allem linke Wähler hoffen auf eine „dritte Runde“
       > bei der Wahl im Juni.
       
 (IMG) Bild: Sonntagabend in Paris: erste Hochrechnung vorm Eiffelturm
       
       Die Erleichterung ist groß. Mit Emmanuel Macron gewinnt auch Europa.
       Nichtsdestotrotz hat der Wahlsieger kaum Grund zu triumphieren: Macron
       bleibt nicht Präsident, weil er überzeugt hat. Seinen Sieg verdankt er
       [1][Gegnerin Le Pen]. Ihr Rechtsextremismus, ihr demagogisches Programm und
       ihre offensichtliche Inkompetenz hat Macron die nötigen Wählerstimmen
       verschafft.
       
       Es reichte für eine Wiederwahl, eine Mehrheit für ihn ist es nicht.
       Vielmehr ist es eine Mehrheit gegen sie. Obwohl eine Vielzahl der Franzosen
       und Französinnen Macron weder als Person liebt noch politisch schätzt,
       zieht sie ihn einem drohenden Chaos gerade noch vor. Frankreich mit der
       Tochter von Jean-Marie Le Pen an der Spitze wäre eine Beleidigung der
       Geschichte gewesen. Haarscharf ging es am Desaster vorbei.
       
       Noch einmal nämlich hat diese antifaschistische „republikanische Front“ von
       links bis hin in die bürgerliche Mitte funktioniert. Bis zum Schluss war
       das gar nicht sicher. Macron, der von Beginn an auf ein erneutes Duell mit
       der Rechtspopulistin Le Pen gesetzt hatte, begrenzte seine Anstrengungen
       mit einer törichten Siegesgewissheit aufs Minimum – als ob ihm eine Einheit
       gegen rechts garantiert wäre. Das war leichtfertig bis fahrlässig.
       
       Er ist daher nicht gewählt, sondern lediglich bestätigt worden. An
       Glaubwürdigkeit hat er nichts hinzugewonnen. Besonders zeigen wird sich
       das, wenn er in den kommenden Monaten versucht, seinen rechtsliberalen Kurs
       des sozialen Abbaus fortzusetzen. Vor allem die linken Wähler und
       Wählerinnen aus dem Lager Jean-Luc Mélenchons, die am Ende trotz aller
       Bedenken – fast naserümpfend – für ihn gestimmt haben, hoffen auf eine
       „dritte Runde“ bei der Abgeordnetenwahl im Juni.
       
       Sie wünschen sich eine starke Opposition, oder wie Mélenchon es zu träumen
       wagt, eine rebellische Regierungsmehrheit gegen den Staatschef. Das
       Endergebnis der Präsidentschaftswahlen könnte zudem leicht darüber
       hinwegtäuschen, dass die Protestwähler*innen von links und rechts im
       ersten Durchgang zunächst eine klare Mehrheit darstellten. Macrons Glück
       war es, dass sich die beiden Pole politisch abstoßen. Die von ihm seit fünf
       Jahren geförderte politische Polarisierung zugunsten der Extreme wird ihm
       seine nächste Präsidentschaft nicht erleichtern.
       
       24 Apr 2022
       
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 (DIR) Rudolf Balmer
       
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