# taz.de -- Kanzlerbesuch in Tokio: Scholz outet sich als Japan-Fan
       
       > Olaf Scholz macht aus der Not eine Tugend, wenn sein Blitzbesuch in Tokio
       > die deutsche Asienpolitik wieder stärker auf Japan ausrichten soll.
       
 (IMG) Bild: Blitzbesuch in Tokio
       
       TOKIO taz | Mit seinem Japanbesuch an diesem Donnerstag und Freitag
       korrigiert Olaf Scholz die Ausrichtung der deutschen Außenpolitik in Asien.
       Japan ist nämlich erst das dritte außereuropäische Land nach den USA und
       Israel, in das Scholz reist.
       
       Mit seinem Besuch will der Bundeskanzler die gewachsene Bedeutung Japans
       für Deutschland herausstellen. Die Botschaft laute, dass Deutschland Asien
       im Auge behalte, hieß es aus diplomatischen Kreisen.
       
       Scholz-Vorgängerin Angela Merkel hatte stets China den Vorzug gegeben.
       Ihren zwölf Besuchen beim wichtigsten deutschen Handelspartner in Asien
       stehen fünf Besuche in Japan gegenüber. Eine reine Japanreise wie bei
       Scholz gab es bei ihr gar nicht.
       
       Allerdings macht der neue Kanzler aus der Not eine Tugend. Denn die
       chinesische Null-Covid-Strategie, die auf Abschottung vom Ausland setzt,
       verhindert derzeit ohnehin einen Besuch in Peking. Auch Chinas Billigung
       von Russlands Angriffskrieg hätte eine Antrittsreise schwer belastet.
       
       ## 20 Stunden für Arbeitsbesuch
       
       Der Arbeitsbesuch des Kanzlers in Tokio dauert nur etwa 20 Stunden. Auf der
       Agenda des Treffens mit [1][Premier Fumio Kishida] stehen die
       [2][Sanktionen gegen Russland], die Abhängigkeit beider Länder von
       russischem Gas, die Sicherheit der Lieferketten bei Halbleitern und die
       Geopolitik.
       
       Außerdem spricht der Kanzler, der von Managern begleitet wird, auf einer
       Wirtschaftskonferenz der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Und vor
       dem Rückflug lässt sich Scholz noch ein Vorzeigeprojekt für eine
       Wasserstofflieferkette in Kawasaki zeigen. Japan gilt beim Einsatz von
       Wasserstoff als Brennstoff als weltweiter Vorreiter.
       
       Deutschland und Japan suchen im Handelsstreit zwischen China und den USA
       nach Wegen, ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen im Reich der Mitte zu
       verfolgen, ohne sich dabei von ihrem Sicherheitspartner USA zu entfernen.
       
       Vor einem Jahr richteten ihre Außen- und Verteidigungsminister erstmals
       einen „2+2-Dialog“ aus. Nun möchte Deutschland die Beziehungen zu Japan auf
       das Niveau von Regierungskonsultationen heben. Dabei treffen sich neben den
       Regierungschefs auch viele Minister beider Seiten.
       
       ## Regierungskonsultationen mit Japan angestrebt
       
       Eine solche Abmachung mit Japan könnte Scholz schon in Tokio verkünden.
       Doch tut sich Japan mit diesem Format bisher schwer, weil dort die Minister
       häufig im Parlament anwesend sein müssen.
       
       „Japans Bedeutungsgewinn hat sich schon in den vergangenen zwei Jahren
       abgezeichnet“, sagt Patrick Köllner, Direktor des Hamburger Giga-Instituts
       für Asienkunde. „Auch wenn beide Länder etwa beim Klimaschutz nicht immer
       identisch vorgehen, sind die Schnittflächen doch bemerkenswert groß und
       bieten eine gute Grundlage für kooperative Initiativen.“
       
       Die Annäherung beruht auf Gegenseitigkeit. „Für Japan ist Deutschland einer
       der seltenen vertrauten Partner in der Welt“, meint Norihide Miyoshi, ein
       früherer Deutschlandkorrespondent der größten japanischen Tageszeitung
       Yomiuri Shimbun.
       
       Der Besuch werde als gute Gelegenheit gesehen, um die Persönlichkeit von
       Scholz kennenzulernen. Das japanische Image von Deutschland sei noch stark
       von Merkel geprägt, die in Japan als „tüchtige und einflussreiche“
       Politikerin hoch geschätzt worden sei.
       
       ## Mehr deutsche Präsenz im Indo-Pazifik
       
       Die Bundesregierung hatte im Jahr 2019 noch unter Merkel Leitlinien für
       eine Indo-Pazifik-Politik veröffentlicht. Seitdem zeigt Deutschland in
       dieser Region mehr Präsenz. Die [3][Fregatte „Bayern“] schipperte ab August
       2021 ein halbes Jahr und zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren durch die
       Region. Sie legte im November auch in Yokohama an.
       
       Im kommenden September nehmen sechs deutsche Eurofighter an einer
       multinationalen Militärübung in Australien teil. Drei Maschinen sollen
       dabei auch kurz nach Japan fliegen.
       
       28 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
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