# taz.de -- Mietenpolitik der Berliner SPD: Der Markt wird es nicht regeln
       
       > In der Mietenpolitik versucht die SPD krampfhaft, die
       > Enteignungs-Bewegung zu blockieren. Das schadet ihr, der Koalition – und
       > den Mieter*innen.
       
 (IMG) Bild: Ist leider so. Plakat auf einer Demo
       
       Ein knappes halbes Jahr ist die rot-grün-rote Koalition (wieder) im Amt.
       Nachdem sie fast alle selbst gesteckten [1][Ziele für die ersten 100 Tage
       locker erreicht hat] – schließlich war deren Machbarkeit wichtigste Vorgabe
       von SPD-Regierungschefin Franziska Giffey –, läuft es vor allem in der für
       die Stadt so zentralen Wohnungs- und Mietenpolitik nicht rund.
       
       Zum einen mussten Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) und Giffey
       [2][am Wochenende eingestehen], dass die Neubauziele von 20.000 Wohnungen
       jährlich zu hoch gesteckt sind und zudem ein freiwilliger [3][Mietendeckel]
       nicht umsetzbar ist; zum anderen werfen sie, um dieses Scheitern zu
       kaschieren, stets neue unausgegorene und offenbar [4][nicht mit den
       Koalitionspartnern abgesprochene Vorschläge] in die Runde. Das sorgt für
       viel Unruhe in dem Dreierbündnis.
       
       Letztlicher Grund für diese stetigen Dissonanzen ist die Uneinigkeit
       zwischen SPD, Grünen und Linken über den Umgang mit dem erfolgreichen
       Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co enteignen. Denn alle
       wohnungspolitischen Maßnahmen, die Giffey und Geisel aktuell vorantreiben,
       haben vor allem ein Ziel: Sie sollen belegen, dass die Enteignung der
       Bestände großer Vermieter*innen, wie beim Volksentscheid gefordert,
       überflüssig ist, weil letztlich der Markt, sprich die Immobilienbranche,
       selbst alles regelt.
       
       Geisel und Giffey sind diese Belege bisher allerdings schuldig geblieben.
       Und die jüngsten Eingeständnisse des Scheiterns beim im Koalitionsvertrag
       vereinbarten Mietenmoratorium und dem Wohnungsneubau liefern nun eher
       Belege für das Gegenteil. Der Markt wird es nicht regeln. Er kann es gar
       nicht, denn die von der SPD vorgegebenen Ziele entsprechen nicht dem
       Verhalten renditeorientierter Anbieter auf dem leergefegten Berliner
       Wohnungsmarkt.
       
       Natürlich gibt es auch externe Gründe für Giffeys und Geisels Scheitern,
       vor allem den Ukraine-Krieg und seine vielschichtigen Folgen, von denen
       niemand weiß, wann sie überwunden sind. Doch nicht nur deswegen sollten
       sich Giffey und Geisel fragen, ob es sinnvoll ist, die dynamische
       Enteignungsbewegung weiter krampfhaft auszubremsen, statt deren Druck für
       eine Verbesserung der Lage auf dem Wohnungsmarkt zu nutzen.
       
       ## Schluss mit den Querschüssen
       
       Für die Koalition wäre es jetzt an der Zeit, ihren in November und Dezember
       unter großem Zeitdruck entstandenen Kompromiss zum Enteignen-Entscheid
       weiterzuentwickeln zu einer Position, die alle drei Parteien mittragen
       können. Nur dann wäre auch einigermaßen gewährleistet, dass [5][die vom
       Senat eingesetzte Expert*innenkommission zur Enteignung]
       konstruktiv arbeiten kann.
       
       Schließlich braucht es mehr Druck auf den Bund, wo ja immerhin eine
       Koalition unter Führung der SPD regiert. Wann, zum Beispiel, kommt endlich
       der bundesweite Mieten- und Wohnungsgipfel, initiiert von Giffey und ihrem
       Parteifreund und Bundeskanzler Olaf Scholz?
       
       29 May 2022
       
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 (DIR) Bert Schulz
       
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