# taz.de -- USA lockern Sanktionen gegen Kuba: Erster Schritt zurück zu Obama
       
       > Nach 16 Monaten im Amt erfüllt die US-Regierung von Joe Biden einen Teil
       > des Wahlversprechens, die verschärften Sanktionen gegen Kuba
       > zurückzunehmen.
       
 (IMG) Bild: Vor der US-Botschaft in Havanna
       
       BERLIN taz | Die USA haben am Montag mehrere Restriktionen gegen Kuba
       aufgehoben, die in der Amtszeit des Präsidenten Donald Trump verhängt
       worden waren. In einer [1][Erklärung des Außenministeriums] heißt es: Im
       Einklang mit den nationalen Interessen der USA ergreife man eine Reihe von
       Maßnahmen, um die Kubaner*innen, die mit einer beispiellosen humanitären
       Krise zu kämpfen hätten, dabei zu unterstützen, eine Zukunft ohne
       Repression und wirtschaftliche Not aufzubauen.
       
       Im einzelnen wird angekündigt, das eingefrorene
       Familienzusammenführungsprogramm wieder einzuführen, das die legale
       Einreise von Kubaner*innen in die USA erleichtert. Außerdem soll die
       Deckelung der Überweisungen von Exilkubaner*innen an ihre Verwandten
       auf der Insel von derzeit 1.000 US-Dollar pro Vierteljahr aufgehoben
       werden. Ohne irgendwelche Restriktionen gegen kubanische
       Finanzinstitutionen zu lockern, sollen Wege der direkten Geldüberweisung
       gefunden werden – und es soll auch möglich sein, kubanische
       Privatunternehmer*innen direkt mit Kapital zu unterstützen.
       
       Zudem sollen wieder Direktflüge aus den USA auch in andere kubanische
       Städte außer der Hauptstadt Havanna möglich werden. Gruppenreisen von
       US-Amerikaner*innen zu Bildungszwecken werden erlaubt.
       
       Die US-Botschaft in Havanna, deren Personal 2017 nach den bis heute
       [2][ominösen Fällen] plötzlicher Erkrankungen mehrerer
       Botschaftsmitarbeiter*innen fast vollkommen abgezogen worden war,
       hat schon vor zwei Wochen wieder mit der Bearbeitung von Visa-Anträgen
       begonnen. Die Konsulabteilung soll wieder aufgestockt werden, wenngleich
       das State Department betont, dass weiterhin der Großteil der Anträge am
       US-Konsulat in Georgetown, Guyana, gestellt werden soll.
       
       ## Zurück zur Obama-Politik?
       
       Mit den Maßnahmen erfüllt die Bidenregierung erstmals seit ihrem
       Amtsantritt wenigstens einen Teil des Wahlversprechens, die von Trump
       verhängten Maßnahmen aufzuheben und zur Lockerungspolitik der
       Obama-Regierung zurückzukehren.
       
       Präsident Barack Obama hatte 2014 die Wiederaufnahme diplomatischer
       Beziehungen mit der damals noch von Raúl Castro geführten kubanischen
       Regierung vereinbart, hatte an Restriktionen gelockert, was er ohne
       Kongressbeschluss lockern konnte und schließlich selbst als erster
       US-Präsident seit mehr als einem halben Jahrhundert [3][die Insel besucht].
       
       Seine Botschaft damals: Sechs Jahrzehnte Sanktionspolitik sind gescheitert,
       die US-Regierung suche nunmehr Wandel durch Annäherung. In Kuba war dieser
       Kurs durch einen drastischen Anstieg der Zahl [4][US-amerikanischer
       Tourist*innen] und im Hafen von Havanna anlandenden Kreuzfahrtschiffen
       sichtbar geworden. Die [5][Rolling Stones] spielten vor fast einer Million
       Menschen ein Konzert, Havannas berühmte Uferpromenade Malecón war tagelang
       Drehort für eine Folge von „Fast & Furious“, die Insel veränderte sich.
       
       All das nahm mit der Präsidentschaft Donald Trumps ein jähes Ende. Zwar
       beendete er offiziell die diplomatischen Beziehungen nicht wieder, nahm
       jedoch [6][alle sonstigen Änderungen zurück] und ergriff noch eine Reihe
       [7][verschärfter Maßnahmen].
       
       ## Floridas Latinos und Kubas Repression erschweren die Lockerung
       
       Joe Biden hatte im Wahlkampf versprochen, zur Obama-Politik zurückzukehren,
       die er selbst als Vizepräsident mit verantwortet hatte. Aber nach einer
       [8][krachenden Wahlniederlage] im wichtigen Swing State Florida, wo Trump
       2020 insbesondere unter exilkubanischen und venezolanischen Wähler*innen
       überdurchschnittlich gut abgeschnitten hatte, verschoben sich die
       Prioritäten.
       
       Eine interne Auswertung des State Department zog sich hin. Dann kam der
       Juli 2021, die Demonstrationen in Kuba samt ihrer Niederschlagung mit
       Massenverhaftungen und politischen Schauprozessen. Und wiederum gab es für
       die Bidenregierung keinen Anlass, irgendwelche Lockerungen zu verkünden.
       
       Der Zeitpunkt jetzt geht auch nicht einher mit kubanischen
       Menschenrechtsverbesserungen, im Gegenteil. Er dürfte einem anderen Faktor
       zu schulden sein: Einwanderungsdruck. Seit das von Daniel Ortega
       diktatorisch regierte und mit Kuba eng verbündete Nicaragua im vergangenen
       Jahr die V[9][isapflicht für Kubaner*innen aufgehoben] hat, gelangten
       zehntausende zehntausende Kubaner*innen über das mittelamerikanische
       Land in die USA. Dort sind sie wieder eine der größten Gruppen, die über
       die mexikanische Grenze ins Land kommen. Schon vor einigen Wochen hatten
       über das Migrationsthema erstmals seit langer Zeit wieder US-kubanische
       Regierungsgespräche stattgefunden.
       
       Innenpolitisch bleibt es für Biden ein gewagter Schritt, mit den
       Lockerungen wieder bei Obama anzuknüpfen. Scharfe Kritik kam umgehend von
       Robert Menendez. Der demokratische Senator mit exilkubanischen Wurzeln ist
       einflussreicher Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses und erklärte:
       „Die heutige Ankündigung läuft Gefahr, die falsche Message an die falschen
       Leute zu schicken, zur falschen Zeit und aus vollkommen falschen Gründen.“
       
       Er sei erschüttert darüber, dass der Tourismus wieder erlaubt werde. „Um
       ganz deutlich zu sein: Wer immer noch glaubt, dass verstärktes Reisen die
       Demokratie in Kuba hervorbringen könnte, verleugnet die Realität.“
       
       Und Marco Rubio, ebenfalls kubanischstämmiger republikanischer Senator aus
       Florida, schrieb auf Twitter: „Das Regime in Kuba hat Biden mit
       Masseneinwanderung gedroht und hat Sympathisanten innerhalb der Regierung.
       Im Ergebnis sehen wir heute die ersten Schritte zurück zur gescheiterten
       Obama-Politik in Kuba.“
       
       17 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.state.gov/biden-administration-measures-to-support-the-cuban-people/
 (DIR) [2] /Erkrankte-US-Diplomaten-in-China/!5511203
 (DIR) [3] /PK-von-Obama-und-Castro-auf-Kuba/!5288691
 (DIR) [4] /Amerikaner-auf-Kuba-Reise/!5347754
 (DIR) [5] /Historisches-Rockkonzert/!5290850
 (DIR) [6] /USA-veraendern-ihre-Kuba-Politik/!5421719
 (DIR) [7] /Trump-verschaerft-Kurs-gegen-Kuba/!5589202
 (DIR) [8] /Latinos-bei-den-US-Wahlen/!5726260
 (DIR) [9] /Visafreiheit-fuer-Kubaner-in-Nicaragua/!5817776
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
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