# taz.de -- Balkanreise des Kanzlers: Da muss mehr kommen
       
       > Auch um Russland zurückzudrängen braucht der Balkan eine echte
       > Integrationsperspektive gen Westen. Scholz hat das erkannt – und agiert
       > trotzdem zu zögerlich.
       
 (IMG) Bild: Immerhin hat Scholz Klartext gesprochen: Treffen mit Bulgariens Premier Petkov am Samstag in Sofia
       
       Olaf Scholz hat bei seiner Reise auf den Balkan immerhin Klartext geredet.
       Das war [1][nicht mehr das verhaltene Geschwurbel] seiner Vorgängerin. Er
       war bereit die Konfliktpunkte offen anzusprechen und hat einige Akzente
       gesetzt. So in Serbien und Bulgarien. Aber ein Durchbruch war das noch
       nicht.
       
       Die härtesten Nüsse hat er also nicht knacken können. Zwar war ersichtlich,
       dass die deutsche Diplomatie Serbien nicht mehr wie früher als einen
       „stabilisierenden Faktor“ begreift, sondern als das, was es ist: [2][ein
       Unruhefaktor, der erhebliche „Defizite“] bei Rechtsstaat und Pressefreiheit
       aufweist, ein Land, das sich von Russland und China militärisch aufrüsten
       lässt, das Konflikte mit Kosovo und in Bosnien provoziert.
       
       Doch Präsident Aleksandar Vucic wich keinen Millimeter von seinen
       Positionen ab. Serbien wird weiter Gas und Öl aus Russland beziehen und die
       Unabhängigkeit Kosovos nicht anerkennen. Basta. Wie will Serbien so aber in
       die EU aufgenommen werden?
       
       Auch in Bulgarien musste Scholz erkennen, dass das Nato- und EU-Land nicht
       nur im Korruptionsstrudel steckt, sondern weiterhin altertümlich anmutende
       nationalistische Positionen in Bezug auf Nordmazedonien vertritt. Tragisch
       für Nordmazedonien, das seit 2005 fast alle Kriterien für die Aufnahme in
       die EU erfüllt hat. Aber da scheint immerhin das letzte Wort noch nicht
       gesprochen zu sein.
       
       Es kommt jetzt darauf an, den Schwung mitzunehmen, den der Krieg Russlands
       in der Ukraine ausgelöst hat. Russland sieht Serbien und die serbische
       Teilrepublik in Bosnien als Einfallstor auf dem Balkan an. Dem
       entgegenzutreten ist im strategischen Interesse des gesamten Westens.
       
       Endlich habe eine „Mehrheit in der EU“ (Scholz) erkannt, dass man dem
       westlichen Balkan wieder eine ernsthafte Perspektive für die Integration
       geben muss. Da reicht der „Berliner Prozess“ mit vagen Versprechungen nicht
       aus. Da muss aus Berlin und endlich auch aus Paris mehr kommen.
       
       Der prowestlichste Staat der Region, [3][Kosovo], wartet sogar immer noch
       auf die Visafreiheit. Fünf EU Staaten haben das Land noch nicht
       diplomatisch anerkannt. Scham für Europa. Das muss sich ändern. Auch dass
       viele EU-Repräsentanten extremistische Nationalisten in Bosnien und
       Herzegowina unterstützen, anstatt sie zu bekämpfen, ist ein Skandal. Scholz
       hätte ein Zeichen gesetzt, wenn er auch dieses Land besucht hätte.
       
       12 Jun 2022
       
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