# taz.de -- Konflikt zwischen Algerien und Spanien: Eine Trennung mit gewissen Vorzügen
       
       > Nachdem Algerien Spanien den Freundschaftsvertrag kündigte, macht die EU
       > Druck. Algier rudert nun zurück: Gas werde weiterhin geliefert.
       
 (IMG) Bild: Hier kommt das Gas aus Algerien in Spanien an: Anlandestelle in Almeria
       
       MADRID taz | Plötzlich war alles doch nicht so gemeint. „Was die
       [1][angebliche Maßnahme der Regierung] anbelangt, die laufenden
       Transaktionen mit einem europäischen Partner zu stoppen, so existiert sie
       in Wirklichkeit nur in den Köpfen derjenigen, die sie behaupten, und
       derjenigen, die sich beeilen, sie zu stigmatisieren“, teilte am
       Freitagnachmittag die diplomatische Vertretung Algeriens vor der
       EU-Kommission in Brüssel etwas kryptisch mit.
       
       Damit nahm das nordafrikanische Land einen Teil der Maßnahmen gegen Spanien
       zurück. Zwar bleibt der Freundschaftsvertrag wohl weiterhin außer Kraft,
       aber von der angedrohten Einstellung aller Banktransfers zwischen den
       beiden Ländern, was de facto ein Ende der Handelsbeziehungen bedeuten
       würde, distanzierte sich die Vertretung in Brüssel.
       
       Algerien ist einer der Großlieferanten für Erdgas an die EU. Spanien deckt
       mittels einer Pipeline durchs Mittelmeer 30 Prozent seines Bedarfs mit
       algerischem Erdgas.
       
       „Was die Gaslieferungen nach Spanien angeht, hat Algerien bereits durch die
       wichtigste Stimme, die des Präsidenten der Republik, bekannt gegeben, dass
       es weiterhin alle in diesem Zusammenhang eingegangenen Verpflichtungen
       erfüllen wird“, hieß es weiter.
       
       ## EU-Kommission stellt sich hinter Spanien
       
       Die EU-Kommission hatte sich nur wenige Stunden zuvor demonstrativ hinter
       Spanien gestellt. Handelskommissar und Vizepräsident der EU-Kommission,
       Valdis Dombrovskis, und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell – selbst
       Spanier – wiesen Algier darauf hin, dass ein Aussetzen der
       Handelsbeziehungen mit einem EU-Mitglied gegen das bestehende
       Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Algerien verstoße.
       
       „Dies würde zu einer diskriminierenden Behandlung eines EU-Mitgliedstaates
       führen“ und die Ausübung der Rechte der Union beeinträchtigen, sagten sie.
       Spaniens Wirtschaftsministerin Nadia Calviño vertraut darauf, dass man
       künftig „wieder eine großartige Beziehung“ zu Algerien haben werde.
       
       Algerien reagierte mit der Kündigung des Vertrags am letzten Mittwoch auf
       einen Kurswechsel der linken spanischen Regierung unter Pedro Sánchez.
       Anstatt wie bisher eine Lösung der Vereinten Nationen (UN) zur seit 1975
       von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara zu
       unterstützen, nannte er gegenüber dem marokkanischen König Mohammed VI.
       [2][die von Marokko 2007 präsentierte Autonomie-Initiative] „die
       seriöseste, realistischste und glaubwürdigste Grundlage zur Lösung des
       Streits“. Die UN sehen ein Referendum über die Zukunft des Landstrichs vor.
       Algier unterstützt die sahrauische Befreiungsbewegung Polisario, die rund
       20 Prozent der [3][rohstoffreichen Westsahara] hält und deren Regierung im
       algerischen Exil sitzt.
       
       Kurz nach der Kündigung des 2002 geschlossenen Vertrages hatte Algeriens
       Bankenverband seinen Mitgliedern angeordnet, keine Transaktionen aus und
       nach Spanien mehr abzuwickeln. Am Montag gab es widersprüchliche Meldungen
       darüber, ob die Handels- und Finanzbeziehungen zwischen beiden Ländern
       wieder normal laufen.
       
       13 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Konflikt-zwischen-Algerien-und-Spanien/!5856959
 (DIR) [2] https://www.france24.com/en/live-news/20220407-morocco-s-autonomy-plan-for-the-western-sahara
 (DIR) [3] /Bericht-zu-Konfliktrohstoff-Phosphat/!5845159
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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