# taz.de -- Bericht zu Konfliktrohstoff Phosphat: Raubbau in besetzter Sahara
       
       > Marokko weitet die Ausbeutung der Phosphatvorkommen in den
       > Westsahara-Gebieten noch weiter aus. Aber auch eine Gegenkampagne zeigt
       > Wirkung.
       
 (IMG) Bild: Die Boukraa-Phosphatmine in der westlichen Sahara
       
       MADRID taz | Für Marokko ist die Besetzung der ehemaligen spanischen
       Kolonie Westsahara ein gutes und vor allem wachsendes Geschäft. Das zeigt
       der [1][aktuelle Bericht „P for Plunder“] – auf Deutsch „P für Plünderung“
       – der NGO West Sahara Resource Watch (WRSW). Im Fokus: die Ausbeutung der
       Phosphatminen zwischen Bucraa und El Aaiún im seit 1975 [2][besetzten
       Gebiet an der Nordwestküste Afrikas] direkt gegenüber den Kanarischen
       Inseln durch das marokkanische Staatsunternehmen Office Chérifien des
       Phosphates SA (OCP).
       
       Für die Vereinten Nationen gilt die Ausbeutung von Bodenschätzen in der
       Westsahara als Verstoß gegen internationales Recht. Die lokale Bevölkerung
       hat weder zugestimmt, noch ist sie an den Gewinnen beteiligt. Zudem
       verhindert Marokko auch wegen dieses Geschäftes bis heute eine 1990 unter
       UN-Aufsicht mit der Befreiungsbewegung Polisario vereinbarte
       Volksabstimmung über die Zukunft des Landstrichs.
       
       2021 hätten 26 Schiffe insgesamt 1,4 Millionen Tonnen Phosphatgestein
       illegalerweise abtransportiert, schreiben die AutorInnen. In den beiden
       Jahren davor waren es jeweils 1 Million Tonnen. Die Steigerung geht auf
       einen neuen Abnehmer zurück: 27 Prozent der exportierten Menge landete beim
       Konzern Innophos in Mexiko. Da sich zugleich die Phosphatpreise
       verdoppelten, würden „die illegalen Exporte zunehmend lukrativer“, so der
       Bericht. Der Wert des 2021 verkauften Gesteins lag bei 349 Millionen
       US-Dollar, das ist gut doppelt so viel wie 2020. Großabnehmer sind neben
       Mexiko Indien, China, Neuseeland und die USA.
       
       So geht das Gestein an Tochtergesellschaften des marokkanischen
       Phosphatunternehmens in Irland und Indien. Daneben beliefert Marokko aber
       auch die großen Düngemittelhersteller, etwa die neuseeländischen Konzerne
       Ballance Agri-Nutrients und Ravensdown oder die Eurochem Group, die in
       Russland, der Schweiz und Estland beheimatet ist. WSRW verdächtigt auch die
       japanische Itochu Corp, 2021 12.000 Tonnen Phosphatgestein gekauft zu
       haben.
       
       Die Transportschiffe fahren meist unter Billigflaggen, einige Frachter
       kamen nach Angaben der NGO aber auch aus den USA und selbst aus
       Deutschland. Bei der Arbeit in den Minen werde unter anderem Ausrüstung von
       Siemens, Caterpillar oder ThyssenKrupp genutzt, sodass auch diese
       Unternehmen an dem Raubbau mitverdienten.
       
       ## Eine Million Tonnen Düngemittel jährlich
       
       Bisher verkauft Marokko nur den Rohstoff. Um mehr Gewinn zu erzielen, ist
       in Bucraa nun eine Aufbereitungsanlage für 2 Milliarden US-Dollar geplant.
       Sie soll jährlich eine Million Tonnen Düngemittel produzieren.
       
       Mit der Kampagne gegen die Plünderung der Phosphatvorkommen in der
       Westsahara hat WRSW bereits erste Erfolge erzielt: Verschiedene Fonds zogen
       ihre Investitionen aus Firmen ab, die Gestein aus den Minen abnehmen.
       „Unternehmen, die Phosphat aus der Westsahara kaufen, unterstützen in
       Wirklichkeit die Präsenz Marokkos auf dem Territorium, da […] davon
       ausgegangen werden muss, dass die Einnahmen aus dem Betrieb größtenteils an
       den marokkanischen Staat fließen“, begründet etwa der Ethikrat des
       Pensionsfonds der norwegischen Regierung, warum er seit 2015 keine Aktien
       beteiligter Unternehmen aufnimmt.
       
       Und der staatliche schwedische Pensionsfonds AP-Fonden schloss
       Phosphatunternehmen, die mit Marokko handeln, aus dem Portfolio mit der
       Begründung aus, „die Westsahara ist seit 1975 unter marokkanischer
       Besatzung und steht auf der Liste der nicht selbstverwalteten Gebiete der
       Vereinten Nationen, die entkolonialisiert werden sollten“.
       
       Dieser Druck auf die Geldgeber zeigt Wirkung. „Die gute Nachricht für das
       Jahr ist, dass das chinesische Unternehmen China Molybdenum seinen
       Investoren versprochen hat, keine erneuten Importe in seine
       Tochtergesellschaft in Brasilien vorzunehmen“, heißt es im WSRW-Bericht.
       Und in Neuseeland erforsche Ravensdown „Wege, um Westsahara-Felsen zu
       vermeiden“.
       
       Dennoch gibt es neben dem Import von Innophos nach Mexiko weitere Beispiele
       in die genau entgegengesetzte Richtung. Für Ballance Agri-Nutrients aus
       Neuseeland verzeichnet „P wie Plünderung“ den „höchsten jährlichen Kauf
       seit Beginn der täglichen Überwachung durch WSRW im Jahr 2011“.
       
       11 Apr 2022
       
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