# taz.de -- Konflikt zwischen Algerien und Spanien: Westsahara sorgt für Trennung
       
       > Algier kündigt Madrid ein Freundschaftsabkommen. Grund ist Spaniens Linie
       > zur besetzten Westsahara – wo das Land nun Marokko folgt.
       
 (IMG) Bild: Spaniens Premierminister Sanchez (2. v. l.) beim Treffen mit dem marokkanischen König Mohammed VI
       
       MADRID taz | 20 Jahre waren Spanien und Algerien durch einen
       Freundschaftsvertrag verbunden. Nun kündigte Algier das Abkommen, in dem
       sich einst der damalige, konservative spanische Ministerpräsident José
       María Aznar und der mittlerweile [1][verstorbene algerische Machthaber
       Abdelaziz Bouteflika] „Entwicklungszusammenarbeit“ und „Nichteinmischung
       in innere Angelegenheiten“ gelobten.
       
       Wenige Stunden später teilte der algerische Bankenverband mit, dass ab
       Donnerstag Geschäfte mit Spanien verboten seien. Er gab damit wohl eine
       Anweisung des Wirtschaftsministeriums weiter. Inwieweit diese auch die
       Erdgaslieferungen von Algerien nach Spanien betrifft, ist bisher unklar.
       
       Die spanische Finanzministerin María Jesús Montero glaubt jedoch, dass
       „kein Risiko besteht, dass Algier bestehende Verträge nicht erfüllt“.
       
       Der Grund für den Bruch Algiers mit Madrid ist die seit 1975 von Marokko
       besetzte ehemalige spanische Kolonie Westsahara. Der sozialistische
       spanische Ministerpräsident [2][Pedro Sánchez hatte vor knapp drei Monaten
       eine 180-Grad-Wende vollzogen]: Anstatt wie bisher eine Lösung im Rahmen
       der Vereinten Nationen (UN) zu unterstützen, bezeichnete Sánchez in einem
       Brief an den marokkanischen König Mohammed VI. „die von Marokko 2007
       präsentierte Autonomie-Initiative als die seriöseste, realistischste und
       glaubwürdigste Grundlage zur Lösung des Streits“ um das Gebiet. Die UN sähe
       etwa ein Referendum über die Zukunft des besetzten Landstrichs vor.
       
       ## Zwei Gaspipelines nach Spanien stillgelegt
       
       Für das algerische Präsidentialamt unter Staatschef Abdelmadjid Tebboune
       ist der Positionswechsel der spanischen Regierung „nicht zu
       rechtfertigen“. Algier unterstützt die sahrauische Befreiungsbewegung
       Polisario, die rund 20 Prozent der Westsahara hält und deren Exilregierung
       in der algerischen Wüste ansässig ist.
       
       Madrid gilt für die UN weiterhin als Verwaltungshoheit der einstigen
       Kolonie. Tebboune bezeichnete den Umschwung daher als eine Verletzung
       Spaniens rechtlicher, moralischer und politischer Verpflichtungen. Mit der
       neuen Linie erkennt Sánchez die völkerrechtswidrige Besatzung durch Marokko
       an.
       
       Der Westsahara-Konflikt hat schon länger Auswirkungen auf Spaniens
       Wirtschaft. Kamen bis vergangenen Herbst um die 50 Prozent des verbrauchten
       Erdgases aus Algerien, sind es nun noch rund 30 Prozent. Algier legte nach
       Wiederaufnahme von Kampfhandlungen zwischen Marokko und der Polisario
       [3][eine der zwei nach Spanien führenden Pipelines still]. Sie verläuft
       nicht direkt übers Meer, sondern durch marokkanisches Gebiet. Algier
       schnitt Rabat so von Gaslieferungen und Transitgebühren ab.
       
       Spaniens Außenminister José Manuel Albares kündigte eine „besonnene,
       konstruktive, aber auch feste“ Verteidigung spanischer Interessen an.
       Sollte Algier die Gaslieferungen einstellen, werde man internationale
       Gerichte und Vermittlungsstellen anrufen, erklärte Spaniens
       Vizeregierungschefin Teresa Ribera.
       
       9 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] /Poker-um-Pipelines-aus-Nordafrika/!5840096
 (DIR) [3] https://www.heise.de/tp/features/Algerien-stoppt-Gaslieferungen-Richtung-Spanien-6259606.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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