# taz.de -- Ermittlungen gegen Spaniens Ex-Premier: Rajoy und das Polizei-Netzwerk
       
       > Gegen den ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und
       > zwei Ex-Minister wird ermittelt. Die Vorwürfe: Nötigung und Erpressung.
       
 (IMG) Bild: War von 2011 bis 2018 spanische Ministerpräsident: Mariano Rajoy
       
       MADRID taz | Die Justiz im [1][kleinen Pyrenäenland Andorra] ermittelt
       gegen den ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, so wie
       gegen seine Innenminister Jorge Fernández Díaz und seinen Finanzminister
       Cristóbal Montoro.
       
       Ermittlungsrichterin Nummer 2, Stéphanie García García, erklärte am
       Dienstag die drei wegen angeblicher „Nötigung“, „Erpressung“ und
       „Einschüchterung“ der Privatbank Andorra (BPA) zu Beschuldigten. Sie
       forderte Rajoy und die beiden Minister auf, binnen 14 Tagen einen Anwalt in
       Andorra zu bestellen, wenn sie nicht wollen, dass ihnen ein
       Pflichtverteidiger zugeteilt wird. Neben den drei Politikern wird auch
       gegen den ehemaligen Staatssekretär für Inneres, Francisco Martínez, und
       der ehemalige Generaldirektor der spanischen Nationalpolizei, Ignacio
       Cosidó, ermittelt.
       
       Die drei konservativen Politiker sollen hinter einem Netzwerk spanischer
       Polizisten stecken, das ab 2011 vorbei an allen richterlichen Instanzen an
       „geheime Bankinformationen“ von katalanischen Politikern gelangte, die für
       die Unabhängigkeit der Region eintreten. Die Information wurde später der
       spanischen Presse zugespielt, um den Betroffen im Vorfeld des von Madrid
       verbotenen Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017 zu schaden.
       
       Geklagt haben das Institut für Menschenrechte im Prinzipat Andorra, der
       Anwaltsverband Drets, sowie der ehemaligen Präsident der BPA, Higini
       Cierco. Das Netzwerk habe nicht damit gedroht, für die Schließung der Bank
       zu sorgen, sondern dies letztendlich mit Falschnachrichten erreicht.
       
       ## Zehn Jahre Haft drohen
       
       Die Regierung Rajoy habe falsche Informationen über angebliche Geldwäsche
       im großen Stil durch die BPA an die US-Finanzaufsicht gegeben. Dies führte
       zu Sanktionen gegen das andorranische Finanzinstitut und zur Schließung der
       BPA in Andorra sowie ihrer Töchter in Spanien im März 2015. Entsprechende
       Verfahren wurden mittlerweile eingestellt oder endeten mit Freispruch. Die
       geschädigten Aktionäre fordern von Spanien Schadensersatz.
       
       Rajoy und seine Minister sollen bei einem Besuch in Andorra gar der
       dortigen Regierung ganz offen gedroht haben, alles zu tun, um dem
       Finanzsektor des Pyrenäenlandes zu schaden. Sollte sich das vor Gericht
       bestätigen, droht den dreien wegen „Erpressung verfassungsmässiger
       Institutionen“ bis zu zehn Jahre Haft.
       
       Unter anderem kam das Parallelnetzwerk aus Polizeibeamten, das in Spanien
       mittlerweile von der Presse als „patriotische Polizei“ bezeichnet wird, an
       die Daten der Familie des ehemaligen katalanischen Präsidenten Jordi Pujol,
       seines Nachfolgers Artur Mas und von [2][Oriol Junqueras], der während des
       Referendums Vize-Präsident der katalanischen Regierung war und später wegen
       Rebellion zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde.
       
       Die Familie Pujols hatte tatsächlich 4,5 Millionen Euro in Andorra liegen.
       Sie behaupten, dieses Geld stamme aus einer Erbschaft. Die Presse schrieb
       es damals der Korruption zu. Ein Verfahren um das Geld ist bis heute nicht
       beendet.
       
       In Spanien wird die sogenannte „Operation Katalonien“ bisher nicht
       gerichtlich verfolgt. Und das, obwohl der pensionierte Kommissar José
       Manuel Villarejo vor Gericht angab, bis 2012 intensiv daran gearbeitet zu
       haben. Villarejo erledigte nach eigenen Angaben für die Regierung und für
       Großunternehmen am Gesetz vorbei weitere schmutzige Aufträge: Unter anderem
       hat er wohl dafür gesorgt, dass [3][Steuerhinterziehungen im großen Stil
       durch den einstigen König Juan Carlos] unbestraft blieben und dass wichtige
       Beweise wegen Korruption gegen Rajoy und seine Partido Popular
       verschwanden.
       
       15 Jun 2022
       
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