# taz.de -- Supreme Court kippt Recht auf Abtreibung: Eine Verletzung von Menschenrechten
       
       > Paragraf 219a und das Recht auf Abtreibung in den USA werden am selben
       > Tag gekippt. Es macht klar: Frauenrechte sind nie endgültig gesichert.
       
       Was für eine Ironie der Geschichte: Gerade hatten in Deutschland
       Feminist*innen die Sektkorken knallen lassen. Nach fünf Jahren Kampf
       hat der Bundestag am Freitagvormittag [1][endlich Paragraf 219a
       abgeschafft], das Informationsverbot für Schwangerschaftsabbrüche.
       Ärzt*innen dürfen ungewollt Schwangere künftig auf ihren Webseiten
       darüber informieren, dass und wie sie Abtreibungen durchführen. Doch dann
       folgt wenige Stunden später die Schockmeldung aus den USA: Der Supreme
       Court, das Oberste Gericht, [2][hat das Recht auf Zugang zu
       Schwangerschaftsabbrüchen gekippt].
       
       Vor fast 50 Jahren erklärte eben dieses Gericht in der fundamentalen
       Grundsatzentscheidung Roe versus Wade, Abbrüche müssten bis zur
       eigenständigen Lebensfähigkeit eines Fötus zulässig sein, also etwa bis zur
       24. Woche. Dieses Recht hat der von Donald Trump während seiner
       Präsidentschaft [3][deutlich nach rechts gerückte Supreme Court] nun
       revidiert. Abtreibungsrecht wird nun Sache der Bundesstaaten. Fast die
       Hälfte von ihnen hat seit Jahren Gesetze vorbereitet, um Abtreibungen zu
       erschweren oder ganz zu verbieten.
       
       So bizarr es auf den ersten Blick anmutet, dass das Ende von Paragraf 219a
       und die Supreme-Court-Entscheidung auf einen Tag fallen: Es ließe sich kaum
       besser verdeutlichen, dass der Kampf um körperliche Selbstbestimmung kein
       linearer ist. Während reproduktive Rechte in Deutschland einen
       Trippelschritt nach vorne machen, werfen reaktionäre Kräfte die USA um
       Jahrzehnte zurück. „Nichts ist jemals endgültig gesichert“, sagte schon die
       Philosophin Simone de Beauvoir über die Rechte von Frauen: „Ihr müsst euer
       Leben lang wachsam bleiben.“ Wenn selbst ein Grundsatzurteil wie Roe v.
       Wade Frauenrechte nicht vor wechselnden politischen Machtverhältnissen
       schützen kann – wie dann kann es gelingen, einmal Erkämpftes abzusichern?
       
       Wo der Zugang zu medizinisch sauberen und sicheren Abbrüchen verwehrt ist,
       droht Lebensgefahr – weil ungewollt Schwangere sich in der Illegalität in
       die Hände von Pfuscher*innen begeben oder selbst zu spitzen Hilfsmitteln
       greifen müssen. Das Recht auf Gesundheit ist ein Menschenrecht. Das Recht
       darauf, einen Schwangerschaftsabbruch bekommen zu können, gehört dazu. Es
       ist an der Zeit, Abtreibungsverbote als das zu behandeln, was sie sind:
       eine Verletzung von Menschenrechten.
       
       25 Jun 2022
       
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