# taz.de -- Milizionäre in der Ukraine: Generation Asow
       
       > Sie kämpfen gegen Russland, tragen rechte Symbole und werden in der
       > Ukraine gefeiert. Doch wer sind die Asow-Kämpfer? Ein Treffen in Charkiw.
       
       CHARKIW taz | Zwischen den Trümmern seiner Kindheit sitzt Sledak. Neben ihm
       sein zehnjähriges Ich. Der Junge auf dem Bild lächelt. Der Erwachsene
       starrt auf das Dosengulasch, das die Russen in sein Wohnzimmer gebracht
       haben. Der Junge auf dem Bild liest ein Buch. Der Erwachsene hält eine
       Waffe. Der Junge auf dem Bild wird von seiner Mutter gestreichelt. Dort ist
       es Herbst, vor zwölf Jahren. Niemand streichelt Sledak, den Erwachsenen. Es
       ist Sommer in Pitomnik, einem Dorf zwischen der Millionenstadt Charkiw in
       der Ostukraine und Russland.
       
       Das Haus, in dem er aufgewachsen ist, in dem die Russen gehaust haben, ist
       ein Außenposten seiner Truppe, Asow. Durch das Bild, die Momentaufnahme
       einer glücklicheren Vergangenheit, geht ein langer Schlitz. Mit dem Messer
       haben die Russen Oberkörper von Mutter und Sohn getrennt. Sie haben es im
       Wohnzimmer liegen lassen. An das Sofa angelehnt, als Willkommensgruß. Wir
       kriegen euch – das ist die Botschaft.
       
       Die Katzen sind tot. Ebenfalls durch das Messer. Eine hängt in der
       Plastiktüte, die andere hat Sledak mit einem Pullover zugedeckt. Sie liegt
       im oberen Stock auf dem Teppichboden neben dem Computer. Die Mutter, die
       ihn als Kind geliebkost hat, ist in Bulgarien. „Töte sie!“, soll sie ihm
       gesagt haben. „Sie“, das sind die Russen. Töten, das macht Sledak mit
       seinem engsten Freund Rijs. „Sledak“ heißt Detekiv; „Rijs“ heißt Luchs.
       Spitznamen, Rufnamen, Kampfnamen. Echte Namen gibt es im Krieg nicht. Man
       weiß nie, wer womöglich gerade zuhört.
       
       Der 22-jährige Sledak war bis Februar Kadett an der Polizeiakademie.
       Deshalb „Detektiv“. Rijs träumte von einer Karriere als Stand-Up-Comedian,
       hatte kurz vor dem Krieg bereits die ersten Auftritte. Im Februar, als
       Putin zum Angriff bläst und die Panzer auf sie zurollen, wollen die beiden
       kämpfen – und zwar bei Asow. Es ist eine von ukrainischen Rechtsextremisten
       gegründete, berühmt gewordene Miliz. Über die Frage, zu welchen Anteilen
       diese heute noch aus rechtsextremen Kämpfern oder einfachen Soldaten
       besteht, gibt es heftige Debatten.
       
       Nach nur wenigen Wochen landen Sledak und Rijs auf eigenen Wunsch bei den
       Kraken, einer Spezialeinheit des Asow-Regiments. Auf ihre Uniformen nähen
       sie Patches mit Thors Hammer – einem der wichtigsten, global verbreiteten
       Symbole der Rechten.
       
       ## Der Artillerie die Koordinaten des eigenen Hauses gegeben
       
       Sledaks Heimatdorf Pitomnik wird vom Feind eingenommen, die Russen
       erreichen die Tore Charkiws. Es hagelt Bomben, die Großstadt droht im
       Terror unterzugehen. Dann, Ende April, starten das Asow-Regiment und die
       Armee eine Gegenoffensive. Der Detektiv und der Luchs sind mit dabei. Sie
       kennen dabei keine Gnade, auch nicht gegenüber sich selbst. „Ich hab
       unserer Artillerie freiwillig die Koordinaten meines Hauses gegeben“, sagt
       Sledak. „Freiwillig“, das betont er. Es war ein Bekannter, der Sledak
       verraten hatte, dass die Russen in dem Haus eine Stellung bezogen hatten.
       
       Das Haus steht noch – teilweise. Sledak verlässt das Sofa, den Moment der
       Ruhe und Trauer und läuft die Treppe hoch. Vorbei an mehr Familienbildern,
       seinen toten Katzen und in das alte Schlafzimmer. Vorbei an Patronen,
       Klamotten, Waffen und einer kleinen Spendenbox, die seine Kameraden zum
       Spaß aufgestellt haben. Oben angekommen sind weitere Mitglieder der Kraken
       dabei, mit einem Brecheisen den Fensterrahmen rauszureißen. Andere
       versetzen eine Drohne mit einer Sprengladung. Das Fenster ist raus, die
       Drohne fliegt Richtung Waldrand. Nur 800 Meter, da steht der Feind.
       
       Der Krieg findet nun auf dem Bildschirm statt. Die jungen Soldaten haben
       die Russen erspäht. Die Drohne wird über den Ahnungslosen im Schützengraben
       positioniert. Der rote Knopf sinkt reibungslos in die Plastikfassung. Die
       Explosion ist zuerst auf dem kleinen Bildschirm zu sehen. Dann dringt ihr
       Lärm durch den offenen Fensterrahmen.
       
       So kämpfen wir bei Asow, sagen die beiden. Das eigene Haus: „Ein kleiner
       Preis für Freiheit“, sagt Sledak. Über Politik reden die beiden wenig,
       weder untereinander noch im Interview. „Bei uns kämpft auch ein Muslim,
       Spitzname Ararat“, sagt Rijs. Patrioten wären sie alle, natürlich.
       Nationalisten, ja. Keine Nazis. Ein anderes Volk auslöschen, das wollten
       die anderen, die Russen, sagen sie. Nach ihrer Mission laufen sie zum Auto.
       300 Meter vom Haus durch den Wald. Es dauert eine Ewigkeit. Wenn man so nah
       am Feind ist, kann man unmöglich erkennen, ob ein Knall bedeutet: wir
       schießen, oder die anderen. Bei jedem Geräusch halten die beiden inne.
       
       Dann geht es ab in den VW Caddy, waldgrün lackiert, „Kraken-Mobil“ genannt,
       sie fahren die 15 Kilometer zurück nach Charkiw. Zum Feierabend wollen sie
       schwimmen gehen und ein paar Granaten werfen, zum Trainieren. Die Laune ist
       gut, der Tag ein Erfolg. Sie leben.
       
       „Thor mit uns“ steht in Runenschrift auf ihren Uniform-Armen. Aus Boxen
       tönt ein Loblied auf den jüdischen Präsidenten Wolodimir Selenski,
       Spitzname Wowa. Techno. „Du bist der Einzige, der das Volk vereinen
       konnte“, sagt die Stimme, „Fick sie, Wowa!“ Sledak und Rijs wippen
       begeistert mit. Das ist die Ukraine nach über 145 Tagen Krieg. Ein
       jüdischer Präsident motiviert junge Asow-Kämpfer mit einem Faible für
       Germanenkult. „Das Leben ist kurz“, sagt der Luchs.
       
       Um die Politik kümmert sich ihr Kommandant. Er heißt Konstantin Nemitschew.
       Spitzkinnig, bullig. Früher Fußball-Hooligan des Vereins Metallist.
       Asow-Kämpfer erster Stunde, seit 2014. In den Folgejahren Politiker,
       Bürgermeisterkandidat bei den Wahlen im Oktober für die extrem rechte
       Partei Nationaler Korpus, den politischen Arm von Asow. Nemitschew
       scheitert dabei mit fünf Prozent. Dann kommt Putins Invasion, und
       Nemitschew wechselt wieder Zwirn gegen Uniform.
       
       Das gelbe Logo Asows, das wie die SS-Wolfsangel aussieht, von dem sie
       beteuern, es seien lediglich die Anfangsbuchstaben der „Nationalen Idee“,
       prangt auf seiner Schulter. „Das ist ein russisches Narrativ, eine
       Erfindung, uns zu diffamieren“, sagt er über die Nazi-Vorwürfe. „Alle
       Ethnien und Religionen bei Asow sind willkommen. Alle, die für die Ukraine
       kämpfen.“
       
       Und die russischsprachige Bevölkerung? „Dass wir diese Menschen
       unterdrücken, ist eine Lüge. Ich bin ein russischsprachiger Ukrainer. Die
       Russen dachten, sie werden mit Blumen empfangen“, sagt Nemitschew. „Aber es
       gibt hier nur Waffen.“
       
       Wie viel Prozent Nemitschew jetzt bei einer Wahl erhalten würde, kann man
       nicht sagen. Auf jeden Fall mehr als fünf. Wahrscheinlich weitaus mehr.
       Asow ist überall, in aller Munde, im Internet, auf den Straßen. Warum?
       Wegen der Schlacht um die belagerte Stahl- und Hafenstadt Mariupol am
       Schwarzen Meer. Wegen der Kämpfer, die nun in russischer Gefangenschaft
       sind. Asow sind die, die nicht aufgeben. Überdimensionale Graffitis
       würdigen die Kämpfer auf den Straßen.
       
       ## Töten, gefangen nehmen, zurückdrängen
       
       In Kiew, Charkiw, Dnipro. „Asowstal“ steht da, „Kraken“ dort. Nach Mariupol
       kam die spektakuläre Gegenoffensive um Charkiw. Während die Russen woanders
       vormarschieren, befreien die Kraken Dutzende Ortschaften. Als kämpften sie
       in einem anderen Krieg, vermeldet die Spezialeinheit aus Charkiw einen
       Erfolg nach dem nächsten. Hunderttausende schauen die Videos der Kämpfer.
       Auf Youtube, Instagram oder Telegram ist man bei reißerischeren Technobeats
       fast live dabei, wenn sie den Feind töten, gefangen nehmen, zurückdrängen.
       
       In Russland steht Nemitschew ganz oben auf der Abschussliste: Am 29. März
       behauptet der russische Abgeordnete und General a. D. Wladimir Schamanow
       vor der Duma, die Spezialeinheiten Speznaz hätten Nemitschew und seinen
       Co-Kommandaten, Sergei Welikow, alias „Chilli“, festgenommen. „Diese
       Bastarde sind Nazis aus einer Fangruppe des örtlichen Fußballvereins
       Metallist. Jetzt sind sie auf den Knien und flehen um Gnade“, so Schamanow.
       Fake News, die Nemitschew in die Hände spielt. „Jetzt schreiben mir sogar
       viele Menschen aus Russland, die unsere Sache unterstützen“, sagt er.
       
       Der ganze Wirbel um Asow hat dafür gesorgt, dass die Zahl der Kämpfer nach
       eigenen Angaben rasant zunimmt. Vor Februar wurde die Truppenstärke Asows
       auf 2.500 Mann geschätzt. Wie viele es heute sind, will Nemitschew nicht
       sagen. Alleine die Kraken in Charkiw sind über 1.800 Mann stark. Dazu
       kommen Spezialkräfte, Infanterie, Artillerie, eine eigene
       Nachrichtendienstabteilung und Asow-Freiwilligenbataillone an mehreren
       Fronten im ganzen Land. Mittlerweile haben sie eigene Panzer. Nicht von
       Europa oder den USA, sondern von ihrem Feind.
       
       Viele wie Sledak und Rijs, die sich vorher weder für Politik noch Krieg
       interessiert haben, gehen lieber zu Asow als zur normalen Armee. Sie
       kommen, weil sie in ihrer Heimatstadt und mit ihren Freunden kämpfen
       können. Viele kennen sich von früher, vor allem aus dem Hooligan-Umfeld.
       Sie kommen wegen der Moral, des Kampfgeists, vielleicht auch wegen des
       Ruhms.
       
       Wobei: Wer in das Gesicht der Anfang-20-jährigen schaut, Gesichter, die
       gelernt haben, was es heißt, ein Leben zu nehmen, der weiß: Es gibt nichts
       Rühmliches am Krieg. Rijs und Sledak klagen von Schlafproblemen, von
       Traumata, machen aber weiter. „Bis zum Tod.“ Nemitschew spricht in den
       Ruinen des zerbombten Gouverneurspalasts, doch er hat eine Vision für die
       Zukunft. „Als die Wohnungen der Menschen von Raketen getroffen wurden, ist
       das Land aufgewacht“, sagt er. Er will die Ukraine weder als Teil der EU
       noch der Nato. Er sieht eine Union mit Polen, Estland, Litauen. Länder, die
       in ihrer Entschlossenheit im Kampf gegen Russland vereint sind. Der Krieg
       und die Frage nach dem Danach, sie dominieren in der Ukraine alles:
       Politik, Medien, Gesellschaft.
       
       ## De jure Teil des Staates, de facto etwas anderes
       
       Die zwielichtige Vergangenheit Asows, sie scheint keine Rolle zu spielen.
       Dabei gibt es sie: Vorwürfe der Menschenrechtsverletzungen, Misshandlung
       von Kriegsgefangenen, Angriffe auf Sinti und Roma. Die USA wollten die
       Gruppe einst auf die Terrorliste setzen. Heute präsentiert sich Asow
       bedachter, vorsichtiger. Die Aufmachung, die Präsenz in den sozialen
       Medien: hochprofessionell. Die hohe Anzahl neuer Mitglieder, die nichts mit
       dem politischen Kader zu tun haben, sowie die vielen Heldengeschichten
       haben dazu geführt, dass Asow in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.
       
       Was bedeutet das für die Zukunft, für die Generation, die im Krieg
       aufwächst? Und was passiert, wenn der Krieg einmal vorbei ist? Ziemlich
       sicher wird sich einiges in der Ukraine ändern, ziemlich sicher wird Asow
       ein großer Teil dieser Veränderung sein. Wohin es genau geht, dafür gibt es
       nur Indizien. Auch wenn das Regiment formell dem Innenministerium
       unterstellt ist, auch wenn Kiew die Gehälter zahlt: Asow fährt keineswegs
       auf Regierungslinie. De jure sind sie Teil des Staates, de facto etwas
       anderes.
       
       Bereits während der Belagerung des Stahlwerks in Mariupol drangen aus den
       Katakomben harte Vorwürfe. Auf den wenigen Pressekonferenzen in diesen
       Tagen hieß es: „Wir haben Kiew gewarnt. Dies ist auch die Schuld der
       Regierung. Wir hätten diese Katastrophe verhindern können.“
       
       Nemitschew selbst schlägt versöhnliche Töne an. Die wichtigste Lektion des
       Krieges hätten die Ukrainer bereits gelernt. „Zusammenhalt. Nur so sind wir
       stark, und nur so können wir das Land wieder aufbauen.“ So zu reden kann
       sich das Regiment leisten. Asow agiert aus einer absoluten Machtposition.
       
       ## Namen auf russischen Fahndungslisten
       
       Zurück in Charkiw, auf dem Boden der Tatsachen, an der Front. Teil der
       Artillerie, die Sledaks Haus auf dessen Wunsch ins Visier genommen hat,
       sind Kuzya und Punf. Die Haubitze, mit der sie schießen, haben sie geklaut.
       Von Russland. Jetzt feuert die Kanone auf die Soldaten, die sie gebracht
       haben. Kuzya führt die kleine Einheit an, Punf zieht die Schnur. Ihr
       Auftreten ist ungewöhnlich für den Krieg, zu hipsterig. In Berlin-Kreuzberg
       würde sich keiner nach ihnen umdrehen. Kuzya trägt einen gepflegten
       Schnauzer, nimmt seine silberne Analogkamera immer mit. Den Krieg hält er
       dort fest. 35 mm. Schwarz-weiß. Unzensierte Eindrücke eines Asow-Kämpfers,
       22 Jahre alt. Die Russen wissen von ihm: Wie Kommandant Nemitschew ist sein
       Name auf einer Fahndungsliste aufgetaucht.
       
       Kuzya zuckt mit den Schultern. Er und sein Kumpel seien normale Jungs.
       Kuzya spielt Rugby, Punf liebt das Bogenschießen. Punfs Mutter ist
       Krankenschwester, jetzt auch in der Armee. Sein Vater? „Ein Arschloch“,
       sagt er. Normale Probleme halt.
       
       Während ihre Kameraden Sledak und Rijs Anfang Juli in den Donbass versetzt
       werden – der Asow-Effekt soll auch dort eine Kehrtwende bringen –, sind die
       beiden in Charkiw geblieben, erst mal. Punf hat wenig Lust auf „Bombass“.
       „Deshalb bin ich auch 2014 nicht Soldat geworden“, sagt er. Damals
       konzentrierte sich der Konflikt auf den Osten des Landes. „Ich will nicht
       für diese Leute sterben, die Däumchen drehen und auf Putin warten.“ Bei
       Asow machen sie sich keine Illusionen: Es gibt Ukrainer, die sich Russland
       zugehörig fühlen. „Dieses Mal ist trotzdem alles anders. Es geht ums Ganze.
       Wenn sie mir befehlen zu gehen, gehe ich.“
       
       Beide bezeichnen sich offen als rechts, warum auch nicht? Die Interessen
       der Ukraine seien schließlich auch die der Menschen. Zehntausende sind
       schon gestorben. Eine Titulierung als „Nazi“ lehnen sie ab. Die Russen, das
       seien die ideologischen Nazis, getarnt mit sowjetischer Ästhetik. Der Krieg
       habe sie in ihrer rechten Einstellung nicht extremer oder radikaler
       gemacht.
       
       Kuzya produziert T-Shirts mit seinem eigenen Logo, ein eingerahmter
       Totenkopf. Der erinnert an die SS-Division, ist angeblich aber nur ein
       Piratenlogo. Vergangene Woche hat er an einen Hooligan von Arsenal Kiew ein
       Exemplar verkauft. Der Hoods Hoods Klan von Arsenal ist die einzige linke
       Hool-Gruppe in der Ukraine. Der Klan hat eine eigene Einheit, kämpft
       ebenfalls. „Der Krieg kreiert ungewöhnliche und unübliche Freundschaften“,
       sagt Kuzya. In Charkiw würden sie ab und zu auch mal mit Antifaschisten ein
       Bier trinken. „Früher war das unmöglich.“
       
       Der Hang zu extrem rechter Ästhetik ist trotzdem da, der Totenkopf ist
       nicht das einzige Beispiel. Punfs Arme sind mit Tattoos dekoriert. Zwischen
       den farbigen Bildern, Schnörkeln und den US-amerikanischen
       Cartoon-Charaktären Rick and Morty schwebt ein rotes Logo. Ein Hakenkreuz.
       Auf seinem Finger prangt ein S. Der gleiche Stil der „Schutzstaffel“, der
       SS der Nazis. Punf bestreitet das. „Das Hakenkreuz ist ein altes Symbol,
       viel älter als die Nazis, und das S ist eine Sonnenrune.“ Es ist das
       gängige Argumentationsmuster, um diese Art von Symbolik zu rechtfertigen.
       „Wir stehen auf die alten Sachen“, sagt er. „Auf germanische, slawische
       Tradition. Das sind unsere Vorfahren.“
       
       Sicher ist in jedem Fall: Wenn die Russen Punf oder die anderen
       Kraken-Milizionäre gefangen nähmen – sie würden die Tattoos fotografieren
       und veröffentlichen, so wie sie es mit seinen Kameraden gemacht haben. Sie
       würden sich bestätigt sehen in ihrer Behauptung, die Ukraine zu
       „entnazifizieren“. Für Punf ist das eine akzeptable Aussicht. Alle jungen
       Asow-Kämpfer haben Zweifel daran, dass sie lange leben. Das ist es ihnen
       wert.
       
       Nach ihrer Versetzung in den Donbass bricht der Kontakt zu Sledak und Rijs
       ab. Ein paar Wochen später lädt die Einheit ein neues Video hoch. Es zeigt
       brutale Kämpfe im Donbass, Feuergefechte aus nächster Nähe. Am Ende nehmen
       die Ukrainer zwei russische Soldaten gefangen. Sledak postet das Video,
       dazu schreibt er: „Deshalb waren wir eine Weile unerreichbar. Das ist
       unsere Arbeit. Denkt darüber nach, wenn ihr in einem fremden Land sitzt und
       Bier trinkt.“ Es ist eine Botschaft an die vor dem Krieg geflohenen
       Landsleute. Sledak und seine Kameraden würden nie fliehen, sagen sie.
       Zwischen Krieg und Tod, zwischen Techno und Thor, zwischen Jugendträumen
       und Analogfotos werden viele junge Ukrainer geprägt. Es ist die Generation
       Asow.
       
       23 Jul 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philip Malzahn
       
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