# taz.de -- Gewalt bei Protesten im Kongo: Wut entlädt sich gegen die UN
       
       > Bei Protesten gegen die UN-Mission im Kongo kommt es in Goma zu Feuer und
       > Plünderungen. Erreicht haben die Blauhelme in dem Konflikt wenig.
       
 (IMG) Bild: Demonstranten verwüsten Sitz der UN-Mission in Goma, Kongo
       
       KAMPALA taz | Weiße UN-Fahrzeuge stehen in Flammen, wütende Protestler
       stürmen die mit Stacheldraht gesicherten UN-Lager und verlangen von den
       UN-Blauhelmen, das Land zu verlassen. Auf den Hauptstraßen des
       ostkongolesischen Goma, die in der Millionenstadt zu den verschiedenen
       UN-Stationen führen, haben Demonstranten am Montag Straßenblockaden
       errichtet, Reifen wurden angezündet, Steine in den Weg gelegt.
       
       Ein panischer Sprecher der UN-Blauhelme, die die UN-Stationen sichern,
       forderte am Montagmorgen alle Mitarbeiter der [1][UN-Mission im Kongo
       (Monusco)] dazu auf, zu Hause zu bleiben und nicht zur Arbeit zu kommen.
       Die UN-Basis am Ufer des Kivu-Sees, Hauptquartier der Monusco für die ganze
       Region, sei von wütenden Demonstranten gestürmt worden. Die anderen beiden
       UN-Basen seien unter Belagerung.
       
       Vor der Logistik-Zentrale der UN-Mission brannte am Vormittag das kleine
       Häuschen des Sicherheitspersonals. Kongolesen plünderten die Vorräte, von
       Wasser über Lebensmittel bis hin zu Benzin und Büromaterialien. Die
       UN-Blauhelme reagierten zunächst nicht. Polizisten feuerten Kugeln in die
       Luft, um die Menge zu vertreiben – vergeblich. Am Nachmittag sollen mehr
       Schüsse gefallen sein, fünf Verletzte wurden gemeldet.
       
       Die Jugendorganisation von Kongos Regierungspartei UDPS (Union für
       Demokratischen und Sozialen Fortschritt) in Goma, der Kongos Präsident
       Félix Tshisekedi angehört, hatte zu einem „friedlichen“ Protest
       aufgerufen, um „Nein“ zur Monusco zu sagen und sie „anzuweisen, ohne
       Bedingungen das Land zu verlassen“, wie es in einer UDPS-Presseerklärung
       heißt.
       
       ## Tutsi-Rebellen haben Teile Ost-Kongos erobert
       
       Die Demonstrationen ereignen sich nur wenige Tage nach dem Besuch von
       Senatspräsident Modeste Bahati Lukwebo. Dieser hatte die Ineffizienz der
       Monusco beim Kampf gegen [2][bewaffnete Gruppen im Osten der Demokratischen
       Republik Kongo] angeprangert.
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass Kongos Bevölkerung gegen die UN-Blauhelme
       gewaltsam demonstriert. Die Monusco ist die teuerste UN-Friedensmission
       weltweit, erreicht hat sie in über 20 Jahren Dauerkonflikt jedoch relativ
       wenig. In der vergangenen Woche kam es erneut zu Massakern an der
       Bevölkerung der Region um die Stadt Beni 300 Kilometer nördlich von Goma
       durch die ugandischen islamistischen Rebellen der ADF (Vereinigte
       Demokratische Kräfte). Proteste in Beni und anderen Orten gegen die
       Ineffizienz der Monusco gegenüber der ADF hatten im Mai 2021 Kongos
       Regierung dazu bewogen, über die Region das Kriegsrecht zu verhängen –
       seitdem hat die Gewalt aber noch mehr zugenommen.
       
       Dieses Jahr haben die Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März), die
       laut Kongo von der [3][Regierung von Ruanda] unterstützt werden, Teile der
       ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu erobert, von der Goma die Hauptstadt
       ist. Sie kontrollieren seit mehreren Wochen die Grenzstadt Bunagana an der
       Grenze zu Uganda. Kongos Armee kommt trotz UN-Unterstützung nicht gegen die
       Rebellen an.
       
       Für Präsident Tshisekedi ist das umso bedrohlicher, als die heiße
       Wahlkampfzeit begonnen hat. Ende 2023 stehen in dem riesigen Land Wahlen
       an, Präsident Tshisekedi will dieses Mal auf demokratischem Weg gewinnen,
       dafür ziehen er und seine Helfer alle populistischen Fäden. Im Juni kam es
       nach der Eroberung Bunaganas durch die M23 in mehreren Städten, darunter
       Goma, zu Übergriffen gegen Tutsi und mutmaßliche „Ruander“ im Kongo,
       angestachelt durch UDPS-Funktionäre. Nach den Tutsi wird nun die UN-Mission
       als Volksfeind dargestellt, um die Menschen in Rage zu bringen.
       
       25 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://monusco.unmissions.org/en
 (DIR) [2] /Aufflammende-Kaempfe-im-Kongo/!5857464
 (DIR) [3] /Hetze-gegen-Tutsi-in-der-DR-Kongo/!5861669
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
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