# taz.de -- Papst entschuldigt sich: Ein zarter Versuch
       
       > Die Entschuldigung des Papst alleine reicht nicht. Denn die Verbrechen an
       > der indigenen Bevölkerung Kanadas sind noch nicht vollständig aufgeklärt.
       
 (IMG) Bild: Papst Franziskus auf dem Friedhof der Ermineskin Cree in Alberta, Canada
       
       Sieben Jahre hat es gedauert, bis [1][Papst Franziskus] um Vergebung
       bittet. Sieben Jahre für eine Entschuldigung für grausamste körperliche und
       seelische Verbrechen, die die katholische Kirche Tausenden Menschen der
       indigenen Bevölkerung Kanadas über ein Jahrhundert lang angetan hat.
       Bereits 2015 hatte die kanadische Wahrheits- und Versöhnungskommission zu
       einer Entschuldigung des Papstes auf kanadischem Boden aufgerufen.
       [2][Jetzt tourt Franziskus durchs Land], übernimmt die Verantwortung für
       die Taten der Kirche. Die Begegnungen der Betroffenen mit dem Papst sind
       schmerzlich: Tränen, Wut und die Konfrontation mit dem Menschen, der in
       seiner Funktion als oberster Hirte Sinnbild für Machtmissbrauch und
       ausbeuterische Strukturen im Namen Gottes steht.
       
       Für päpstliche Verhältnisse ist die Entschuldigungstour ein starkes Signal.
       Mit ungewöhnlich eindringlichen Worten nannte er die Verbrechen der
       Kirchenmitglieder und Ordensgemeinschaften beim Namen. Es ist der zarte
       Versuch, die Taten der katholischen Kirche nicht zu vertuschen, sondern die
       Erinnerung wach zu halten. Wie Franziskus twittert, ist Vergebung eine
       Gnade, die erbeten werden muss.
       
       Der Papst trifft auf seiner Reise durch Kanada Menschen, die die Kirche
       zerstört hat. Und er hört ihre Forderungen. Die kanadische Regierung hat
       bereits für die Betroffenen Entschädigungszahlungen zugesagt. Der Staat
       wusste von den Misshandlungen in den kirchlichen Einrichtungen, billigte
       die erzwungene Anpassung von indigenen Kindern an die weiße
       Mehrheitsgesellschaft. Die Kirche hält sich allerdings mit Zahlungen
       zurück. Und grausam mutet an, dass Rom keine Akten herausgeben will, die
       für die Aufklärung weiterer Taten sowie die Strafverfolgung der
       Täter:innen notwendig wären. Geld kann erlittenes Leid nicht wettmachen,
       auch kein Strafverfahren. Worte allein aber auch nicht. Der Wille zu
       [3][vollständiger Aufklärung] wäre das Mindeste, um Franziskus’ Geste nicht
       verpuffen zu lassen.
       
       26 Jul 2022
       
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 (DIR) Tanja Tricarico
       
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