# taz.de -- Arbeitskampf bei Lieferdiensten: Einmal Betriebsrat bitte
       
       > Der Streit um die Betriebsratsgründung bei Hellofresh landet vor Gericht.
       > Bei Lieferando wurde trotz Union Busting eine Arbeitervertretung gewählt.
       
 (IMG) Bild: Liebe fürs Kochen, aber nicht für die Mitarbeiter*innen: Hellofresh soll Union Busting betreiben
       
       BERLIN taz | Die Gewerkschaft Verdi hat am Mittwoch beim Arbeitsgericht die
       Einsetzung eines Wahlvorstands für den Berliner Lebensmitteldienst
       Hellofresh beantragt, wie die taz exklusiv erfuhr. Zuvor hatten die
       Kandidat*innen für den Wahlvorstand mit 49,5 Prozent der Stimmen knapp
       die erforderliche Mehrheit verfehlt. Verdi führt das auf eine
       Desinformationskampagne des Managements zurück. „Es wird versucht,
       betriebliche Mitbestimmung zu verhindern, indem gezielt Falschinformationen
       gestreut werden“, sagte Gewerkschaftssekretärin Franziska Foullong am
       Donnerstag zur taz.
       
       So hätten mehrere Informationsveranstaltungen der Unternehmensführung
       stattgefunden, bei denen unter anderem erklärt worden sei, wie die Wahl des
       Wahlvorstands verhindert werden kann – etwa indem Angestellte an der
       Versammlung teilnehmen, sich aber enthalten, damit keine Mehrheit zustande
       kommt. Auch seien Gewerkschafter*innen offen unter Druck gesetzt und
       eingeschüchtert worden. „Die Wahlinitiator*innen sollen so an ihrer
       Arbeit gehindert und andere Mitarbeiter*innen abgeschreckt werden“, so
       Foullong.
       
       Die [1][gewerkschaftsfeindliche Politik der Geschäftsführung von
       Hellofresh] bleibe bei den Beschäftigten nicht ohne Wirkung: Viele seien
       nicht deutschsprachig und lebten erst kurze Zeit in Deutschland. Ihnen
       fehle die Erfahrung mit Betriebsratswahlen und viele hätten Angst, sich zu
       äußern, um ihr Arbeitsvisum nicht zu gefährden, so die Gewerkschafterin.
       
       Zuvor hatte das Hellofresh-Management versucht, eine alternative
       Arbeiter*innenvertretung zu bilden. Der von der Unternehmensführung
       vorgeschlagene „Fresh Council“ besitzt im Gegensatz zu einem Betriebsrat
       jedoch keine Rechte. Die Initiator*innen lehnten das ab und bestehen
       auf Betriebsratswahlen.
       
       Verdi will die Einsetzung eines Wahlvorstands, der für die Durchführung der
       Betriebsratswahlen verantwortlich ist, nun gerichtlich erzwingen.
       Hellofresh ist das einzige DAX-Unternehmen, in dem auf keiner Ebene
       Arbeiter*innen durch einen Betriebsrat repräsentiert werden. Das 2011
       in Berlin gegründete Unternehmen vertreibt Kochboxen mit Rezepten und
       beschäftigt insgesamt knapp 15.000 Personen, davon 1.300 in Berlin.
       
       ## Lieferando-Rider wählen Betriebsrat
       
       Beim Lebensmittel-Bringdienst Lieferando haben die rund 1.400 Berliner
       Kurierfahrer*innen seit dieser Woche einen Betriebsrat. Laut
       Wahlvorstand beteiligten sich 200 Rider an der Wahl vergangene Woche. Der
       künftige Betriebsrat wird 17 Mitglieder haben und ist demnach der größte
       bei Lieferando in Deutschland.
       
       Lieferando habe zuvor erfolglos versucht, die Betriebsratswahl zu
       beeinflussen, so der Wahlvorstand am Donnerstag. So hatten 24
       Büroangestellte des Unternehmens gegen die Wahl geklagt, die Rider vermuten
       dahinter die Geschäftsführung. Die Klage wurde ebenso abgewiesen wie die
       des Managements auf Abbruch der Wahl.
       
       [2][Auch sei der Wahlvorstand in seiner Arbeit behindert worden], etwa
       indem fehlerhafte Mitarbeiter*innenlisten zur Verfügung gestellt,
       Wahlkosten nicht zurückgezahlt und Mitglieder unter Druck gesetzt worden
       seien. „Union Busting wird leider immer brutaler“, so ein Mitglied des
       Wahlvorstands. „Arbeiter*innen, die sich für Mitbestimmung im Betrieb
       einsetzen, sind der Willkür des Managements ohne effektiven Schutz
       ausgesetzt.“
       
       11 Aug 2022
       
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