# taz.de -- Verhältnis zwischen USA und China: Taiwan spaltet US-Demokraten
       
       > Mit ihrer geplanten Taiwan-Reise provoziert Nancy Pelosi nicht nur die
       > Regierung in Peking. Sie stürzt auch die Biden-Regierung in ein Dilemma.
       
 (IMG) Bild: Nancy Pelosi, Nummer 3 der politischen Hierarchie der USA, will Taiwan besuchen
       
       NEW YORK taz | Nancy Pelosi will Taiwan besuchen. Im August, wenn die
       Sprecherin des Repräsentantenhauses eine lange geplante – aber wegen einer
       Covid-Infektion verschobene – Asien-Reise macht, will sie dabei auch auf
       die Insel reisen. Die liegt 120 Kilometer vor dem chinesischen Festland,
       versteht sich aber als eigentständig und wird von Peking mit Einmarsch und
       Annexion bedroht.
       
       In seltener Übereinstimmung versuchen sowohl andere Spitzenpolitiker der
       Demokratischen Partei, das US-Militär als auch die Führung in Peking,
       [1][Pelosis Reise zu verhindern]. US-Präsident Joe Biden hat öffentlich nur
       erklärt: „Das Militär hält das nicht für eine gute Idee“.
       
       Regierungssprecher in Peking hingegen halten keine Hand vor den Mund. China
       werde nicht „untätig“ zuschauen, versichert Tan Kefei, Sprecher im
       Verteidigungsministerium, falls die Nummer drei der politischen Hierarchie
       in Washington in Taipeh einfliege: „Wir werden entschlossen handeln, um
       jede äußere Einmischung zu vereiteln.“
       
       Hinter verschlossenen Türen hat das US-Verteidigungsministerium Pelosi über
       den aktuellen Stand der US-chinesischen Beziehungen und die Risiken eines
       Taiwan-Besuches „gebrieft“. An dem Termin sollen auch Vertreter des Weißen
       Hauses teilgenommen haben.
       
       ## Pelosis „potenzielle Reise“ als Sicherheitsrisiko
       
       Bei einem Pressegespräch am Montag spielte John Kirby, der Sprecher von
       Präsident Bidens Nationalem Sicherheitsrat, das Ereignis als eine
       “potenzielle Reise“ herunter. Aber falls Pelosi tatsächlich reise, müsse
       das US-Militär für ihre Sicherheit sorgen, fügte er hinzu.
       
       Kirby sagte: „Das ist wichtig für die nationale Sicherheit der USA“. Denn
       im Fall eines Machtvakuums an der Regierungsspitze würde die Sprecherin des
       Repräsentantenhauses nach dem Präsidenten und der Vizepräsidentin an die
       Spitze aufrücken.
       
       Die US-Politiker, die das Ansinnen der führenden Demokratin am stärksten
       unterstützen, kommen vom rechten Rand der Republikanischen Partei. „Wenn
       die Sprecherin nach Taiwan reisen will, soll sie das tun“, sagte Mark
       Esper, der Ex-Präsident Donald Trump eine Weile als Verteidigungsminister
       gedient hat, in einem Fernsehinterview.
       
       Trumps Ex-Außenminister Mike Pompeo tweetete: „Nancy, ich werde mit dir
       gehen. In China bin ich geächtet, aber nicht im freiheitsliebenden Taiwan“.
       
       Angesichts von Bidens Bemühen, die Reise zu verhindern, argumentierte der
       Chef der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, ein Rückzieher sei
       nicht mehr möglich. Denn wenn die Demokratin ihre Reise jetzt absage, wäre
       das „eine Art Sieg“ für China und würde dem Ansehen der USA in der Region
       schaden.
       
       ## Rechte Republikaner unterstützen Pelosis Reise
       
       Pelosi hat ihre Reisepläne für August bislang öffentlich nicht bestätigt.
       Gegenüber den Einwänden aus ihrer Partei gibt sie sich ratlos. „Ich bin
       nicht sicher, was der Präsident meint“, sagte sie: „Vielleicht ist das
       Militär besorgt, dass mein Flugzeug abgeschossen wird.“
       
       Die 82-Jährige, die gegenwärtig ihre 18. Amtszeit im Repräsentantenhaus
       absolviert, hat Peking oft öffentlich kritisiert. 1991, zwei Jahre nach dem
       so genannten Tiananmen-Massaker, entfaltete sie ein Transparent zu Ehren
       der ermordeten Studenten. Nach der Zerschlagung der Demokratiebewegung in
       Hongkong organisierte sie in den USA Konferenzen mit Exilanten.
       
       Für Biden kommt die öffentliche Uneinigkeit in den eigenen Reihen über den
       Umgang mit Peking ungünstig. In dieser Woche hat er einen seiner seltenen
       Telefontermine mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Für den fünften
       Termin der beiden seit Bidens Amtsantritt nannte Kirby eine so weite und
       wie vage Themenliste, die von Territorialstreitigkeiten im Ost- und
       Südchinesische Meer, über das Klima und den Krieg in der Ukraine bis hin
       zum „wirtschaftlichen Wettbewerb“ reiche. Taiwan war ursprünglich nur als
       eines von vielen Themen auf der Liste.
       
       Biden hat die US-Militärpräsenz im Südchinesischen Meer weiter ausgebaut,
       dort internationale Manöver abhalten lassen und Marineschiffe immer wieder
       auch in der Taiwan-Straße zwischen China und Taiwan kreuzen lassen. Peking
       betrachtet diese als sein Hoheitsgebiet, während es für die USA und Taiwan
       ein internationales Gewässer ist.
       
       ## US-Balanceakt gegenüber Taiwan
       
       Seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine rätselt Washington, wie Peking
       das westliche Verhalten in dem Konflikt interpretieren könnte. Eine
       Befürchtung ist, dass Chinas Regierung sich nun ihrerseits ermuntert fühlen
       könnte, sich Taiwan einzuverleiben, was sie immer wieder als [2][Option]
       nennt.
       
       Die US-Politik gegenüber Taiwan ist ein Balanceakt. Bei seinem historischen
       Besuch 1972, der wieder Beziehungen zu China knüpfte, hatte US-Präsident
       Richard Nixon im Schanghai-Kommuniqué de fakto anerkannt, dass es nur ein
       China gebe. Doch seither haben Politiker beider Parteien – zuletzt auch
       Biden – immer wieder ihre Unterstützung für das eigenständige Taiwan
       erklärt.
       
       Der letzte ebenso wie Pelosi hochrangige US-Politiker, der Taiwan besucht
       hat, war der Republikaner Newt Gingrich. Sein Besuch hatte 1997 schweres
       Missfallen in Peking ausgelöst. Aber damals war China noch weit davon
       entfernt, den USA militärisch und wirtschaftlich auf Augenhöhe zu begegnen.
       
       Was Pelosi mit ihrer Reise genau verfolgt, ist offen. Sie garantiert ihr
       während der sommerlichen Sitzungspause des Repräsentantenhauses
       Schlagzeilen, die ihr auch für ihre Wiederwahl bei den Midterms im November
       nutzen können. In Peking strebt Xi Jinping beim Parteikongress im Oktober
       seine dritte Amtszeit an. Dafür könnte ihm ein scharfes Auftreten gegenüber
       Washington von Nutzen sein.
       
       27 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Taiwan-Besuch-von-US-Politikerin-Pelosi/!5869781
 (DIR) [2] /China-droht-Taiwan-mit-Annexion/!5867058
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
 (DIR) USA
 (DIR) Taiwan
 (DIR) China
 (DIR) Nancy Pelosi
 (DIR) Joe Biden
 (DIR) Xi Jinping
 (DIR) Mike Pompeo
 (DIR) Tiananmen
 (DIR) GNS
 (DIR) China
 (DIR) Taiwan
 (DIR) USA
 (DIR) China
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) USA
 (DIR) Taiwan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) US-Politikerin Nancy Pelosi in Taiwan: Zwischenstopp mit Folgen
       
       Noch ehe US-Demokratin Nancy Pelosi in Taipeh eintraf, ließ Chinas Armee
       Kampfflugzeuge aufsteigen. Und in Taiwan selbst? Gibt man sich gelassen.
       
 (DIR) Disput zwischen China und USA: Taiwan erwartet Pelosi
       
       Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses soll noch am Dienstag in Taiwan
       ankommen. In Chinas Medien werden militärische Reaktionen diskutiert.
       
 (DIR) Spannungen zwischen USA und China: Pekings Eskalation zahlt sich aus
       
       US-Demokratin Nancy Pelosi reist nach Asien. Von einem Stopp in Taiwan ist
       nun nicht mehr die Rede – nach langer Debatte und Drohungen aus China.
       
 (DIR) Gespräch zwischen Peking und Washington: Xi warnt Biden
       
       Die Staatschefs Chinas und der USA telefonieren mehr als zwei Stunden
       miteinander. Beide wollen Spannungen abbauen – und zugleich Stärke zeigen.
       
 (DIR) Amerikanische Außenpolitik: Der Blick geht gen Osten
       
       Der russische Angriffskrieg lenkt den außenpolitischen Fokus der USA auf
       Europa. Langfristig wird Asien aber eine wichtigere Rolle spielen.
       
 (DIR) Grundsatzrede zur China-Politik der USA: China bleibt größte Herausforderung
       
       US-Außenminister Blinken sieht in China trotz des russischen Krieges in der
       Ukraine die langfristig größte Hausforderung der internationalen Ordnung.
       
 (DIR) Bei Angriff der Volksrepublik China: Biden würde Taiwan verteidigen
       
       Die Inselrepublik wird von den USA nicht voll diplomtisch anerkannt.
       Dennoch sagte der Präsident nun, Taiwan bei einem Angriff Chinas
       beizustehen.