# taz.de -- Spannungen zwischen USA und China: Pekings Eskalation zahlt sich aus
       
       > US-Demokratin Nancy Pelosi reist nach Asien. Von einem Stopp in Taiwan
       > ist nun nicht mehr die Rede – nach langer Debatte und Drohungen aus
       > China.
       
 (IMG) Bild: Pelosis möglicher Taiwan-Besuch sorgte auch in Chinas Staatsmedien für große Aufregung
       
       SEOUL taz | Am Sonntag hob endlich die Maschine aus Honolulu ab. Mit ihr
       flog neben mehreren Kongressabgeordneten auch die Chefin des
       US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi von der Demokratischen Partei. Kurz
       vor ihrer Abreise postete sie noch einen offiziellen Terminplan ihrer
       Asienreise auf [1][Twitter]: Von Südkorea war dort zu lesen, Japan,
       Malaysia und Singapur. Taiwan hingegen erwähnte sie mit keiner Silbe. Macht
       die 82-Jährige also einen Rückzieher [2][nach wochenlanger Debatte] über
       ihre Reisepläne?
       
       Nicht unbedingt. „Ich erwarte einen informellen Zwischenstopp in Taiwan“,
       kommentiert beispielsweise Drew Thompson, ehemaliger Regierungsbeamter des
       US-Verteidigungsministeriums. Doch allein dass Pelosi den demokratisch
       regierten Inselstaat auf der offiziellen Agenda verschweigt, ist schon mal
       ein Punktgewinn für die Parteiführung in Peking, die Taiwan als Teil der
       kommunistischen Volksrepublik betrachtet. Einen „inoffiziellen Besuch“
       könnte die Regierung wohl zähneknirschend akzeptieren.
       
       Doch wie ernst sie die Angelegenheit nimmt, wurde bereits am Samstag
       unmissverständlich deutlich. Chinas Volksbefreiungsarmee sandte am
       Wochenende eine bedrohliche [3][Warnung] aus, die vor allem an Washington
       gerichtet war: Entlang der Südwestküste hielt sie – nur wenige Kilometer
       von Taiwan entfernt – mehrere Militärmanöver mit scharfer Munition ab.
       
       Unter Chinas Staatsjournalisten wurden zudem in den letzten Tagen bereits
       mehrfach martialische Drohungen ausgesprochen. Hu Xijin, ehemaliger
       Chefredakteur der nationalistischen Global Times und hochrangiges
       Parteimitglied, forderte auf seinem Weibo-Account etwa dazu auf, Pelosis
       Flugzeug – wenn andere Maßnahmen fehlschlagen – notfalls vom Himmel zu
       schießen.
       
       ## Reisepläne stürzen Washington in ein Dilemma
       
       In Taiwan selbst verfangen die Drohgebärden kaum, sie werden von den
       meisten der 23 Millionen Inselbewohner vor allem als politische
       Störgeräusche wahrgenommen, die bereits seit Jahrzehnten ihren Alltag
       begleiten. Wer die Abendnachrichten im Lokalfernsehen verfolgt, bekommt vor
       allem Berichte über die derzeitige Hitzewelle und die schwankenden
       Covid-Zahlen zu sehen; ein möglicher Besuch von Nancy Pelosi ist eher
       Randthema.
       
       Dennoch hat sich in [4][Washington] zunehmend die Auffassung durchgesetzt,
       dass die US-Demokratin ihre gut gemeinte Unterstützungsaktion wohl zu wenig
       gründlich durchdacht hat. Denn Pelosi hat Washington in ein Dilemma
       manövriert: Wenn sie ihren Taiwanbesuch antritt, wird das die militärischen
       Spannungen in der Region deutlich erhöhen. Doch bekommt sie auf halber
       Strecke kalte Füße, signalisiert das den Hardlinern in Peking, dass sich
       ihre Drohgebärden ausgezahlt haben.
       
       Wie sehr sich die Machtverhältnisse zwischen den zwei Ländern in den
       letzten Jahrzehnten gewandelt haben, zeigt ein Blick ins Archiv: Der letzte
       ähnlich hochrangige Taiwanbesucher aus Washington war der Republikaner
       Newt Gingrich 1997. Damals war seine Delegationsreise – trotz ähnlich
       lautstarker Rhetorik aus Peking – der New York Times lediglich einen
       Bericht auf ihrer Seite 6 wert.
       
       Ein Vierteljahrhundert später dominiert das Thema die US-Medien seit
       Wochen, und selbst das US-Militär richtete Präsident Joe Biden aus, dass
       angesichts der möglichen Eskalation ein Besuch Pelosis in Taiwan „derzeit
       keine gute Idee“ sei.
       
       31 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/SpeakerPelosi/status/1553620792390328320
 (DIR) [2] /Taiwan-Besuch-von-US-Politikerin-Pelosi/!5869781
 (DIR) [3] /Gespraech-zwischen-Peking-und-Washington/!5871141
 (DIR) [4] /Verhaeltnis-zwischen-USA-und-China/!5870831
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) USA
 (DIR) China
 (DIR) Taiwan
 (DIR) Nancy Pelosi
 (DIR) Taiwan
 (DIR) China
 (DIR) Taiwan
 (DIR) China
 (DIR) USA
 (DIR) Taiwan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Rolle von Taiwans Chipindustrie: Systemrelevant für die Welt
       
       Zwei Drittel des weltweiten Bedarfs an Halbleitern werden in Taiwan
       produziert. Bricht dort die Chipindustrie zusammen, sind die globalen
       Folgen immens.
       
 (DIR) US-Politikerin Nancy Pelosi in Taiwan: Zwischenstopp mit Folgen
       
       Noch ehe US-Demokratin Nancy Pelosi in Taipeh eintraf, ließ Chinas Armee
       Kampfflugzeuge aufsteigen. Und in Taiwan selbst? Gibt man sich gelassen.
       
 (DIR) Disput zwischen China und USA: Taiwan erwartet Pelosi
       
       Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses soll noch am Dienstag in Taiwan
       ankommen. In Chinas Medien werden militärische Reaktionen diskutiert.
       
 (DIR) Gespräch zwischen Peking und Washington: Xi warnt Biden
       
       Die Staatschefs Chinas und der USA telefonieren mehr als zwei Stunden
       miteinander. Beide wollen Spannungen abbauen – und zugleich Stärke zeigen.
       
 (DIR) Verhältnis zwischen USA und China: Taiwan spaltet US-Demokraten
       
       Mit ihrer geplanten Taiwan-Reise provoziert Nancy Pelosi nicht nur die
       Regierung in Peking. Sie stürzt auch die Biden-Regierung in ein Dilemma.
       
 (DIR) Taiwan-Besuch von US-Politikerin Pelosi: Kommt sie oder kommt sie nicht?
       
       Im August könnte US-Politikerin Nancy Pelosi Taiwan besuchen. Doch Pekings
       Drohgebärden lassen Präsident Biden und das Militär zurückschrecken.