# taz.de -- IG-Mitglied über Eklat bei Hannover 96: „Kind hat keine Narrenfreiheit“
       
       > David Waack von der Interessengemeinschaft Pro Verein 1896 erklärt, wie
       > es zum Bruch zwischen Martin Kind und den Mitgliedern von Hannover 96
       > kam.
       
 (IMG) Bild: Ein Konflikt mit jahrelanger Geschichte: Stadionprotest im April 2018
       
       taz: Herr Waack, warum wollen Sie Martin Kind unbedingt [1][loswerden]? 
       
       David Waack: Die Vereinsmitglieder haben im Laufe der Jahre festgestellt,
       dass es schwierig ist, mit einem Menschen wie [2][Martin Kind], der gewohnt
       ist, alles bis ins kleinste Detail zu bestimmen, Kompromisse zu schließen.
       In den letzten drei Jahren, nach der Neubesetzung von Aufsichtsrat und
       Vorstand, hat der Vorstand versucht, konstruktiv mit ihm
       zusammenzuarbeiten, sowohl im Interesse der Kapitalseite als auch des
       gesamten Vereins. Es wurden von der Kapitalseite aber immer wieder
       Vereinbarungen nicht eingehalten. Und da muss man, auch im Interesse der
       Mitglieder des Vereins, konsequent handeln.
       
       Können Sie konkrete Beispiele für Vertragsbrüche nennen? 
       
       Es sind Darlehen oder regelmäßige Förderungen von Kind an den Verein
       vereinbart worden. Und da sind Zahlungen nicht, oder nicht rechtzeitig,
       erfolgt. Das ging aus einem Schreiben des Vorstands hervor und kann den
       Verein finanziell unter Druck setzen. Der Vorstand hingegen war immer
       vertragstreu.
       
       Hat der Druck der Fans zur [3][Abberufung Kinds] beigetragen? 
       
       Der neue Vorstand arbeitet jetzt seit drei Jahren unaufgeregt und ist
       bemüht, konstruktiv mit der Kapitalseite zusammenzuarbeiten. Seitdem ist
       im Stadion eine zunehmende Ruhe eingekehrt und der Fokus der Fans liegt
       wieder auf dem Begleiten der Fußballspiele. Ich habe nicht wahrgenommen,
       dass kontinuierlich Druck auf den Vereinsvorstand ausgeübt wurde. Alles,
       was da geschieht, geschieht wohlüberlegt.
       
       In den Medien war zuletzt von einem Kompromissvorschlag die Rede: Die
       Geschäftsführung soll von einer Doppelspitze übernommen werden.
       Sportdirektor Marcus Mann soll Teil davon werden. Ist das der richtige
       Schritt? 
       
       Seine Qualitäten als Geschäftsführer kann ich nicht beurteilen. Sportlicher
       Erfolg lässt allerdings bisher auf sich warten. Bestimmen wird dies aber
       auch nicht Herr Kind, sondern der Aufsichtsrat der Hannover 96 Management
       GmbH.
       
       Sie fänden die Doppelspitze aber gut? 
       
       Da müsste man sehen, wer die zwei Personen in diesem Konstrukt wären und
       wie die Aufgabenteilung sein soll. Die beiden müssen natürlich
       zusammenarbeiten und nicht gegeneinander. Sonst ist das Projekt von
       vornherein zum Scheitern verurteilt.
       
       Fehlt es an Wertschätzung der Fans für Kinds Engagement im Verein? 
       
       Wir haben großen Respekt vor der Lebensleistung eines Martin Kind. Aber nur
       weil er sich in der Vergangenheit um den Verein verdient gemacht hat,
       genießt er keine Narrenfreiheit. Martin Kind war zugleich
       Vereinsvorsitzender und Geschäftsführer aller relevanten Gesellschaften bei
       Hannover 96. Das ist ja auch ein Konstrukt, das bewusst undurchsichtig
       konzipiert wurde. Und dann hat Martin Kind als Vereinsvorstand mit Martin
       Kind als Geschäftsführer der Kapitalseite verhandelt. Da kann man schon
       Interessenkonflikte vermuten.
       
       Aus seiner Sicht hat er die Strukturen professionalisiert. 
       
       Wenn man sich damals bei den Mitgliederversammlungen die Geschäftsberichte
       angehört hat, hörte sich das auch immer alles rosig an. Doch der neue
       Vorstand musste 2019 feststellen: Der Verein ist massiv finanziell bedroht.
       
       Glauben Sie, dass der Verein gerade zukünftige Investoren abschreckt, indem
       er versucht, Kind loszuwerden? 
       
       Ich glaube, was zukünftige Investoren abschreckt, ist die Allmacht von
       Martin Kind. Auch die Sponsoren rekrutieren sich überwiegend aus seinen
       persönlichen Kontakten. Für Investoren ist Hannover 96 so nicht attraktiv.
       
       In England ist es ganz normal, dass Vereine zu 100 Prozent Investoren
       gehören. Ist das Festhalten an [4][50+1] noch zeitgemäß? 
       
       Ich denke, auch viele Fußballfans aus Großbritannien blicken neidisch auf
       die Vereinskultur, die wir haben. In der Premier League werden ganz andere
       Summen – von zweifelhaften Personen – aufgerufen. Ich glaube nicht, dass
       das ein gesunder Markt ist.
       
       15 Aug 2022
       
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 (DIR) Ben Reddig
       
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