# taz.de -- Vor dem Prozess Martin Kind vs. Verein: Showdown bei Hannover 96
       
       > Der Zoff beim Zweitligisten ist eskaliert. Am kommenden Dienstag
       > verhandelt das Landgericht über die Absetzung von Geschäftsführer Martin
       > Kind.
       
 (IMG) Bild: Spuren von Fans nahe des Stadions in Hannover. Der Verein kämpft vor Gericht um Macht bei den Profis
       
       HANNOVER taz | Die Mehrheit der 49.000 Plätze in Hannovers Stadion blieb am
       Sonntag leer. Vermutlich lag das am eher unattraktiven Gegner oder an der
       Hitze. Oder aber an der allgemeinen Gemengelage: Rund um Hannover 96
       bestimmt derzeit nicht das Sportliche, sondern [1][ein Machtkampf] die
       Schlagzeilen.
       
       Dass im gestrigen Duell der 2. Fußball-Bundesliga mit Jahn Regensburg ein
       1:0 gelang, erscheint angesichts des kommenden Dienstags zweitrangig: Dann
       geht es vor dem Landgericht Hannover um die Vorherrschaft bei Hannover 96.
       Ohne den Rechtsstreit zu dramatisieren: Verhandelt wird die Zukunft und
       Existenz des Vereins.
       
       Auf eine richterliche Klärung warten zwei höchst unterschiedliche Rivalen.
       Der Vorstand des Vereins findet, dass Martin Kind als Geschäftsführer der
       Hannover 96 Management GmbH nicht mehr tragbar ist. [2][Ende Juli hatte man
       ihn daher abgesetzt.] Aktuell ist Kind dank einer richterlichen Verfügung
       allerdings noch im Amt.
       
       Seit mehr als 20 Jahren hat mit Kind ein vermögender Unternehmer den Kurs
       des Vereins bestimmt. Unter seiner Regie ist ein kaum zu durchschauendes
       Geflecht aus Gesellschaften und Beteiligungen entstanden. Darin gibt es
       einen neuralgischen Punkt: Die Management GmbH ist die Schnittstelle
       zwischen denen, die Hannover 96 die nötige Finanzkraft für den Profifußball
       bescheren und denen, die die Interessen der normalen Mitglieder vertreten.
       Kind findet: Ihm und der Kapitalseite muss das letzte Wort gehören. Der
       Vorstand des Stammvereins hält mit Wucht dagegen.
       
       ## Vorstand wirft Kind Vertragsverletzungen vor
       
       Es war absehbar, dass der gärende Streit eines Tages eskaliert. Kind hat in
       den vergangenen Jahren an Macht und Zuspruch verloren. Seine Kritiker
       werfen ihm vor, dass er viel zu eigenmächtig handele. Das Landgericht
       Hannover wird auch zu prüfen haben, ob Kind gegen den sogenannten
       Hannover-96-Vertrag verstoßen hat, der das Miteinander zwischen
       Profigesellschaft und Stammverein regelt.
       
       Der Vorstand des Vereins behauptet, dass Kind „mehrfach und gravierend
       gegen Weisungen und vertragliche Vereinbarungen verstoßen hat“. Ohne
       vertraglich geregelte Zahlungen droht dem Sportverein Hannover 96, dem
       immerhin rund 21.000 Mitglieder angehören, das finanzielle Aus.
       
       Ob es richtig und zulässig war, ohne Votum des Aufsichtsrates den bisher
       nahezu alles entscheidenden Kind von seinem Posten als Geschäftsführer
       abzusetzen, darüber sollen Juristen entscheiden. Fragen zu den Vorwürfen
       gegen ihn mag der in der öffentlichen Wahrnehmung angeschlagene Entscheider
       mit Blick auf das schwebende Verfahren nicht beantworten.
       
       Im Rahmen einer Presseinformation ließ er zumindest ankündigen, dass er
       gegen die aus seiner Sicht diskreditierenden Behauptungen juristisch
       vorgehen werde – „und zwar mit allen damit verbundenen Konsequenzen“.
       
       ## Unklar ist, ob 96 sich an die 50+1-Regel hält
       
       Das Armdrücken hinter den Kulissen des 1896 gegründeten Vereins könnte
       alles ins Wanken bringen. Theoretisch kann die Gerichtsverhandlung nämlich
       auch belegen, dass bei Hannover 96 gegen die von der Deutschen Fußball Liga
       vorgeschriebene 50+1-Regel verstoßen wird. Der Vorstand des Stammvereins
       hat seine Mitglieder wissen lassen, dass durch das Verhalten von Kind genau
       deshalb die Lizenz der Profifußballgesellschaft gefährdet werde.
       
       Falls das stimmt, ist klar, warum das ehrenamtliche Gremium mit Sebastian
       Kramer als Vorstandschef an der Spitze so schwere Geschütze gegen Kind
       auffährt.
       
       Fraglich bleibt, ob es den handelnden Personen auf Kapital- und
       Vereinsseite gelingen kann, sich zusammenzuraufen. Im Rahmen der
       Metamorphose des Sportvereins Hannover 96 in eine moderne Fußballfirma hat
       Kind viele Menschen wissen lassen, dass sie nicht seinen Anforderungen
       genügen. Sich mit einem wie Kramer an den Verhandlungstisch zu setzen, der
       einst Fanbeauftragter und Teil der harten Fanszene war, kann für den
       78-Jährigen kein Vergnügen sein.
       
       Aber Kind muss zur Kenntnis nehmen: In die vermeintlich entscheidenden
       96-Gremien haben es Menschen geschafft, die vielleicht mehr Fans als
       Experten sind. Trotzdem haben sie das Recht, sein Handeln kritisch zu
       hinterfragen. Das Landgericht soll ihnen dabei helfen.
       
       14 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Christian Otto
       
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