# taz.de -- Gedenken an Olympia-Attentat: Steinmeier bittet um Vergebung
       
       > Vor 50 Jahren töteten palästinensische Terroristen elf israelische
       > Olympia-Athleten. Bei der Gedenkfeier ging es viel um Entschuldigung.
       
 (IMG) Bild: Gedenken in Fürstenfeldbruck an den Anschlag auf die israelische Mannschaft 1972
       
       BERLIN taz | 50 Jahre haben die [1][Angehörigen der Opfer des
       Olympia-Attentats] von 1972 auf diese Worte gewartet. Beim zentralen
       Gedenken an das terroristische Attentat im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck
       bat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Angehörigen um Vergebung.
       „Wir können nicht wiedergutmachen, was geschehen ist“, sagte der
       Bundespräsident. Dies beschäme ihn.
       
       „Ich bitte Sie als Staatsoberhaupt dieses Landes und im Namen der
       Bundesrepublik Deutschland um Vergebung für den mangelnden Schutz der
       israelischen Athleten damals bei den Olympischen Spielen in München und für
       die mangelnde Aufklärung danach.“ Das Trauma von München hätte sich ins
       kollektive Gedächtnis der Menschen in Israel eingegraben.
       
       Bei der Gedenkveranstaltung am Montag nahm neben vielen Angehörigen der
       Opfer des Attentats auch der israelische Staatspräsident Izchak Herzog
       teil. Er, Steinmeier sowie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und
       der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) legten zu Beginn Kränze
       am Tower des Fliegerhorsts ab.
       
       „Jahrzehntelang haben Deutschland und das Internationale Olympische Komitee
       das Gedenken an die Opfer unterlassen“, sagte Herzog. Zu dem Schmerz über
       die Opfer kam der Schmerz, darüber in Vergessenheit geraten zu sein. Es
       gebe keine Worte, um die Angehörigen zu trösten. „Lassen Sie uns die
       Erinnerung an die Opfer des Massakers für immer in unseren Herzen
       bewahren.“
       
       ## Erleichterung über Verständigung zu Entschädigungen
       
       Bis vor wenigen Tagen war unklar, ob die Hinterbliebenen an der
       Veranstaltung teilnehmen würden. [2][Nach zähen Verhandlungen], auch unter
       Vermittlung des ehemaligen Bundesinnenministers Gerhart Baum (FDP), konnte
       eine Einigung über Entschädigungszahlungen erreicht werden. Schließlich
       wurden Anerkennungsleistungen in Höhe von 28 Millionen Euro vereinbart,
       22,5 Millionen davon soll der Bund bezahlen, 5 Millionen Euro kommen aus
       Bayern und 500.000 Euro von der Landeshauptstadt München.
       
       Nach wie vor sind Akten zu den Ereignissen von damals unter Verschluss und
       der genaue Hergang der Taten unklar. Eine Kommission aus
       Historiker:innen soll nun die Terrortat sowie die Gegebenheiten davor
       und danach aufarbeiten. Bundesinnenministerin Faeser zeigte sich im
       Vorfeld der Gedenkveranstaltung erleichtert über die Verständigung mit den
       Familien. „Nach dem Olympia-Attentat von 1972 sind quälende Fragen viel zu
       lange offen geblieben.“ Sie sei „sehr dankbar für das von den Opferfamilien
       entgegengebrachte Vertrauen.“
       
       Am 5. September 1972 hatten palästinensische Terroristen Mitglieder der
       israelischen Mannschaft als Geiseln genommen. Sie forderten, mehr als 200
       Gefangene in Israel und die RAF-Terroristen Andreas Baader und Ulrike
       Meinhof freizulassen. Rund 18 Stunden später endete ein Befreiungsversuch
       auf dem Flugplatz in Fürstenfeldbruck mit einem Blutbad. Elf Israelis
       starben, ein Polizist aus Bayern und fünf Terroristen. Die [3][Olympischen
       Spiele in München] wurden trotz des Anschlags fortgesetzt.
       
       Bundesinnenministerin Faeser betonte, wie wichtig eine [4][vollständige
       Aufarbeitung der Ereignisse] sei. Dies sei eine „Pflicht“. Die
       jahrzehntelange berechtigte Kritik von Historiker:innen und
       Hinterbliebenen müsse Konsequenzen haben. „Reden und Erinnern ist gut und
       notwendig. Konsequentes Handeln gehört aber auch dazu“, sagte Faeser. Und
       sie verwies auf die deutsch-israelische Sicherheitskooperation, die eng und
       auf großem Vertrauen gebaut sei. Sie bekräftigte, dass die Bundesregierung
       gegen jegliche Form von Antisemitismus kämpfen werde.
       
       ## „Licht in dieses dunkle Kapitel bringen“
       
       Auch Bundespräsident Steinmeier begrüßte die Einsetzung der
       israelisch-deutschen Kommission in seiner Rede. Er hoffe, dass es ihr
       gelingen werde, „mehr Licht in dieses dunkle Kapitel zu bringen“.
       Steinmeier sprach von Versagen, von tödlichen Fehlern. Das Gedenken könne
       nur aufrichtig sein, wenn man zu schmerzhaften Einsichten bereit sei.
       
       Steinmeier betonte mehrfach seine Pflicht und sein Bedürfnis, die „deutsche
       Verantwortung zu bekennen“. Und: „Die Freundschaft, die Versöhnung, die
       Israel uns geschenkt hat, ist nicht weniger als ein Wunder.“ Grundlage
       dafür sei Vertrauen, das vor fünfzig Jahren so beschädigt wurde.
       
       5 Sep 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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