# taz.de -- +++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Russland verbrennt wieder Gas
       
       > Medienberichten zufolge verbrennt Russland erneut Gas, das für den Export
       > gedacht war. Das umkämpfte Kernkraftwerk in Saporischschja ist wieder ans
       > ukrainische Stromnetz angeschlossen.
       
 (IMG) Bild: Gas brennt nordwestlich von Sankt Petersburg
       
       ## Das Gas brennt nahe Nord Stream 1
       
       Russland verbrennt einem BBC-Bericht zufolge riesige Mengen an Erdgas nahe
       der im Moment kaum noch befüllten Ostseepipeline Nord Stream 1. Die Flamme
       bei der Kompressorstation Portowaja nordwestlich von Sankt Petersburg ist
       demnach bis in das benachbarte Finnland und deutlich auf Satellitenbildern
       zu sehen.
       
       Es soll sich um Gas handeln, das für den Export nach Deutschland bestimmt
       war, aber wegen der geringeren Auslastung der Leitung im Moment nicht
       anderweitig abgeführt werden kann. Das Abfackeln von Gas im
       Verarbeitungsprozess ist nichts Ungewöhnliches. Erstaunt zeigten sich der
       BBC zufolge Experten über die Menge. Der Branchendienst RystadEnergy geht
       dem Bericht zufolge davon aus, dass dort täglich 4,34 Millionen Kubikmeter
       Gas in Rauch aufgehen – das entspreche einem Wert von umgerechnet rund zehn
       Millionen Euro am Tag.
       
       ## 🐾 Fackel statt Export
       
       Russland setzt Gas immer wieder als politisches Instrument ein. Weil es
       weiß, wie verletzlich – und wie abhängig – die Europäer in dieser Frage
       sind. Unsere Korrespondentin [1][Inna Hartwich hat Ende Juni über die
       Gazprom-Stadt Nowy Urengoi berichtet.] Hier wissen die „Gasowschtschiki“,
       wie die Gasarbeiter in Russland genannt werden, wann das Gas von Russland
       eingestellt wird: Immer wenn die Flammen in der Gegend brennen. Denn
       Gazprom lässt das zu viele Gas, das das Unternehmen nicht durch die Röhren
       jagen kann, schlicht abfackeln.
       
       ## Laut Energoatom ist einer der gestoppten Reaktorblöcke in Saporischschja
       wieder am Netz
       
       Das von russischen Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk
       Saporischschja ist nach Angaben der Betreibergesellschaft Energoatom wieder
       ans Stromnetz angeschlossen. Einer der am Vortag gestoppten Reaktorblöcke
       sei wieder am Netz, teilte das Unternehmen am frühen Freitagnachmittag mit.
       Das Atomkraftwerk war am Donnerstag nach Angaben des Betreibers infolge von
       Bränden vollständig vom ukrainischen Stromnetz genommen worden, was
       Befürchtungen einer drohenden Atomkatastrophe geweckt hatte. Bereits am
       Donnerstag Abend [2][teilte die Ukraine der Internationalen
       Atomenergiebehörde mit], dass das AKW nach den zwei Stromausfällen am
       Donnerstag das AKW wieder in Betrieb sei. (afp/taz)
       
       ## Kiew benennt 95 Straßen um
       
       Wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine hat die ukrainische
       Hauptstadt Kiew 95 Straßen und Plätze umbenannt, deren Namen bislang an
       Russland oder die Sowjetunion erinnerten. Das teilte Bürgermeister Vitali
       Klitschko am Donnerstag mit.
       
       So verschwinden aus dem Stadtbild neben den deutschen kommunistischen
       Vordenkern Karl Marx und Friedrich Engels auch die russischen
       Schriftsteller, Alexander Puschkin, Lew Tolstoi, Anton Tschechow, Iwan
       Turgenjew und Michail Lermontow. Entfernt werden die Namen sowjetischer
       Marschälle des Zweiten Weltkriegs und Bezeichnungen mit Bezügen zu
       russischen Städten wie Moskau, Rostow am Don oder Magnitogorsk. Kritik
       hatte die Entfernung des in Kiew geborenen Schriftstellers Michail Bulgakow
       hervorgerufen.
       
       Künftig heißen die Straßen nach Personen und Städten aus der Ukraine, es
       gibt auch eine „Straße der Helden des Regiments Asow“. Die Umbenennungen in
       der Dreimillionenstadt seien damit noch nicht abgeschlossen, sagte
       Klitschko. „Das ist ein wichtiger Schritt dazu, um die verlogenen
       Manipulationen und den Einfluss des russischen Aggressors auf die Auslegung
       unserer Geschichte zu verringern.“ Der Umbenennung ging ein
       Abstimmungsprozess in der ganzen Ukraine voraus, an dem sich über 6,5
       Millionen Menschen über eine staatliche Smartphone-App beteiligten. (dpa)
       
       ## Russland hat Filtrationssystem für Menschen
       
       Russland und seine Verbündeten betreiben einem US–Bericht zufolge 21
       Einrichtungen, in denen ukrainische Zivilisten und Kriegsgefangene
       festgehalten, verhört und dann weitergeleitet werden. Die Untersuchung der
       Yale University mit Unterstützung des US-Außenministeriums beschreibt ein
       System, in dem Zivilisten registriert werden, bevor sie entweder
       freigelassen, weiter festgehalten oder nach Russland abtransportiert
       werden.
       
       Der Leiter des Humanitarian Research Lab in Yale, Nathaniel Raymond,
       spricht von einem „Filtrationssystem“ für Menschen. Der Bericht basiert
       unter anderem auf Satellitenbildern. Eine russische Stellungnahme liegt
       nicht vor. Die Ukraine wirft Russland vor, Hunderttausende Menschen aus den
       besetzten Gebieten verschleppt zu haben. Die Regierung in Moskau erklärt,
       man biete humanitäre Hilfe für diejenigen an, die die Region verlassen
       wollten. (dpa)
       
       ## Biden sichert Selenskyj in Telefonat weitere Unterstützung zu
       
       Sechs Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die
       Ukraine hat US-Präsident Joe Biden seinem ukrainischen Amtskollegen
       Wolodymyr Selenskyj weitere Unterstützung zugesichert. Biden schrieb am
       Donnerstag auf Twitter, er habe mit Selenskyj telefoniert und klar gemacht,
       „dass die Vereinigten Staaten die Ukraine und ihr Volk im Kampf um die
       Verteidigung ihrer Souveränität weiterhin unterstützen werden“.
       
       Selenskyj sprach auf Twitter von einem großartigen Gespräch und dankte den
       USA für ihre „unerschütterliche Unterstützung“. Die beiden hätten über die
       weiteren Schritte im Kampf gegen Russland gesprochen und darüber, wie
       wichtig es sei, Russland für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen,
       schrieb der ukrainische Präsident weiter.
       
       Biden hatte am Mittwoch Unterstützung für die Ukraine im Umfang von knapp
       drei Milliarden Dollar (rund drei Milliarden Euro) angekündigt – das
       bislang größte Einzelpaket der Amerikaner für Kiew. Der Fokus der
       US-Unterstützung lag bislang vor allem darauf, so schnell wie möglich
       Waffen und Munition an die Front in der Ukraine zu liefern, oft auch aus
       US-Beständen. Bei dem neuen Paket geht es laut US-Regierung um eine
       längerfristige Stärkung des ukrainischen Militärs. Die Ukraine hatte am
       Mittwoch den 31. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion
       begangen – auf den Tag genau sechs Monate nach Kriegsbeginn. (dpa)
       
       ## Russischer Ex-Bürgermeister unter Auflagen frei
       
       Ein russisches Gericht hat am Donnerstag die Freilassung des ehemaligen
       Bürgermeisters der russischen Großstadt Jekaterinburg angeordnet. Jewgeni
       Roisman, der von 2013 bis 2018 Stadtoberhaupt der viertgrößten Stadt
       Russlands war, war am Mittwoch wegen des Vorwurfs der Verunglimpfung des
       Militärs festgenommen worden. Roisman wurde die Teilnahme an öffentlichen
       Veranstaltungen verboten, die Nutzung von Internet, Telefon oder E-Mails.
       Zudem wurde ihm auferlegt, mit niemandem außer seinen Anwälten und dem
       engen Familienkreis zu kommunizieren.
       
       Nach seiner Festnahme hatte Roisman Journalisten gesagt, gegen ihn werde im
       Rahmen eines neuen Gesetzes vorgegangen, das Russland nach der Entsendung
       von Truppen in die Ukraine am 24. Februar erlassen hatte. Dieses stellt die
       Verunglimpfung des Militärs und die Verbreitung von als falsch eingestuften
       Informationen über die Streitkräfte unter Strafe. Ihm drohen im Falle einer
       Verurteilung drei Jahre Haft. Er habe das, was der Kreml eine „militärische
       Spezialoperation“ nenne, als „Invasion“ bezeichnet, erklärte Roisman, als
       er aus seiner Wohnung abgeführt wurde.
       
       Russische Gerichte hatten bereits drei Mal zuvor Geldstrafen wegen
       ähnlicher Vorwürfe gegen Roisman verhängt. Dies ebnete den Weg für ein
       Strafverfahren, das das Gesetz für Wiederholungstäter zulässt. Roisman ist
       einer der schärfsten Kritiker des Kreml und eine der sichtbarsten und
       charismatischsten Oppositionsfiguren in Russland. Während seiner Amtszeit
       erfreute er sich in Jekaterinenburg großer Beliebtheit. Seine Festnahme
       löste Proteste zu seiner Unterstützung aus. Ein Demonstrant wurde
       festgenommen und zu 15 Tagen Gefängnis verurteilt. (ap)
       
       ## Vertreter Finnlands, Schwedens und der Türkei beraten über
       Nato-Beitrittsanträge
       
       Vertreter Finnlands, Schwedens und der Türkei beraten am Freitag in
       Helsinki über den von den beiden nordischen Ländern angestrebten Beitritt
       zur Nato. Finnland und Schweden hatten als Reaktion auf den russischen
       Angriffskrieg gegen die Ukraine mit ihrer jahrzehntelangen Tradition der
       militärischen Bündnisneutralität gebrochen und im Mai einen Antrag auf
       Nato-Mitgliedschaft gestellt.
       
       Allerdings muss jedes der 30 Mitgliedsländer den Beitritt ratifizieren. Die
       Türkei hat als einziges Nato-Land mit einem Veto gedroht. Die Regierung in
       Ankara beschuldigt die beiden nordischen Länder, dutzende
       „Terror“-Verdächtige aus der Türkei zu beherbergen, und fordert deren
       Auslieferung. Dabei handelt es sich vor allem um Mitglieder der verbotenen
       Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Bewegung des islamischen Predigers
       Fethullah Gülen. (afp)
       
       ## Scholz gegen Visa-Entzug für Russen
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich klar gegen die Haltung einiger
       EU-Staaten gestellt, Visa für Russen zu verweigern. Er könne zwar die
       Nachbarländer verstehen, sagt er in einem Bürgerdialog in Magdeburg in
       Anspielung auf das Verbot von Touristenvisa für Russen. „Aber es ist Putins
       Krieg. Es sind nicht ‚die‘ Russen – diese Verallgemeinerung sollte man nie
       machen“, fügt Scholz hinzu. (rtr)
       
       bei der Kompressorstation Portowaja nordwestlich von Sankt Petersburg
       
       26 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [2] https://www.iaea.org/newscenter/pressreleases/update-94-iaea-director-general-statement-on-situation-in-ukraine
       
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