# taz.de -- Queerbaiting von Sänger Harry Styles: Keine queere Ikone
       
       > Regenbogenflagge, glitzernde Kleider, Nagellack: Der Sänger Harry Styles
       > spielt mit Gender und Sexualität. Warum das eine Form von Queerbaiting
       > ist.
       
 (IMG) Bild: Keine queere Ikone: Harry Styles beim Filmfest in Venedig
       
       Harry Styles [1][ist überall.] Er ist auf Welttournee, ziert
       Zeitschriftencover, auf TikTok entkommt man seiner Musik kaum, mit „Don’t
       Worry Darling“ und „My Policeman“ laufen in den nächsten Wochen gleich zwei
       seiner Filme an, außerdem produzierten kürzlich die Pressetermine auf dem
       Filmfestival in Venedig eine Reihe von fantastischem Meme-Material.
       
       Jahrelang galt Harry Styles als Golden Boy der Musikbranche, der scheinbar
       nichts falsch machen konnte. In letzter Zeit werden allerdings kritische
       Stimmen lauter, die ihm vorwerfen, [2][Queerbaiting zu betreiben] – eine
       vermeintliche Repräsentation von Queerness (etwa durch Kleidung oder
       Performance), die bestimmte Personen begeistern soll und dabei so
       oberflächlich bleibt, dass sie andere nicht abschreckt.
       
       Sprich: Man versucht, queeres Publikum (und Allies) anzulocken, ohne dabei
       jene, die damit nichts anfangen können, zu verlieren. Harry Styles gilt als
       queere Ikone. Das ist eine Zuschreibung, denn nicht nur er hat sich nie
       geoutet, er war bisher auch nur mit normschönen Frauen wie Olivia Wilde,
       Taylor Swift oder Kendall Jenner zusammen.
       
       Fans von One Direction haben seit jeher die homoerotische
       Verschwörungstheorie, dass er und Louis Tomlinson eine geheime Liebschaft
       pfleg(t)en. Bestätigt wurde das nie. Nun soll man natürlich keine Menschen
       zum Coming-out drängen. Bis Styles sich nicht eindeutig positioniert,
       bleibt er aber ein cishet Mann, der gerne bunte, glitzernde Kleidung trägt.
       
       ## White Privilege
       
       Dass er mit seinem Stil so viel Aufmerksamkeit erregt, ist auch White
       Privilege, denn weder Billy Porter noch Lil Nas X, beide schwule Schwarze
       Entertainer mit auffälliger Kleidung, sind medial so präsent. Zudem ist er
       kein Pionier, trugen bereits David Bowie, Freddie Mercury und Kurt Cobain
       weiblich konnotierte Kleidung und Nagellack. Harry Styles’ ambivalente
       Darstellung von Gender-Fluidität und sexueller Identität ist also nicht
       neu.
       
       Einerseits kann man argumentieren, dass es toll ist, wenn cishet Männer
       (wie auch Damiano von Måneskin oder Timothée Chalamet) einen queeren Stil
       in den Mainstream bringen, weil das neue Türen für mehr Normalisierung und
       Akzeptanz öffnen mag.
       
       Aber: In Zeiten des Backlash [3][gegen LGBTQ-Menschen] (vor allem trans
       Personen) sind Gender und Sexualität höchst politisch. Eine
       Regenbogenflagge auf der Bühne zu zeigen ist heute, da während des Pride
       Month selbst Burger King, BP und die US-Marines ihr Logo ändern, kein Akt
       des Widerstands mehr, sondern nichts als Rainbow Capitalism.
       
       Es ist anschlussfähig, ohne dass man sich mit den negativen Seiten des
       queeren Lebens wirklich auseinandersetzt, und dadurch unpolitisch. Es ist
       an der Zeit, endlich die kritischen Stimmen aus der queeren Community ernst
       zu nehmen und aufzuhören, ausgerechnet Harry Styles zur LGBTQ-Ikone zu
       stilisieren. Es gibt genug coole queere Celebritys, die es mehr verdient
       hätten.
       
       20 Sep 2022
       
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 (DIR) Isabella Caldart
       
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