# taz.de -- Fridays for Future-Protest in Berlin: Streiken gegen das Krisenklima
       
       > Fridays for Future bereiten den elften Globalen Klimastreik vor. Die
       > Berliner Ortsgruppe will sich an Sozialprotesten beteiligen.
       
 (IMG) Bild: Alle fürs Klima – und gegen das Kapital?
       
       BERLIN taz | Eine Handvoll junger Menschen wuselt in einem bereits von der
       Studentenbewegung besetzten Raum in der Technischen Universität Berlin
       herum. Einige der Aktivist:innen von Fridays for Future (FFF) kleckern
       Farbe auf Pappunterlagen, andere pinseln schon los, wieder andere sitzen im
       Flur in Zoom-Konferenzen der Bewegung. Auf dem Boden ausgerollt liegt ein
       großes Transparent, auf dem schon der Schriftzug „100 Milliarden für Klima
       statt Krise“ zu erkennen ist. Hier entsteht das Fronttransparent für die
       Berliner Demo des elften Globalen Klimastreiks, der am kommenden Freitag um
       12 Uhr im Invalidenpark starten soll.
       
       Der Bannerspruch gibt bereits vor, wofür sich dieses Mal bundesweit
       Zehntausende Schüler:innen am weltweit stattfindenden Schulstreik
       beteiligen werden. Der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die mit
       ihr einhergehenden sozialen Verwerfungen gehen auch an der Klimabewegung
       nicht spurlos vorbei. Vergangene Woche forderte die Bewegung ein
       Sondervermögen [1][in Höhe von 100 Milliarden Euro], das wie das Vermögen
       für die Bundeswehr finanziert und mit dem neben Klimaschutzmaßnahmen auch
       Entlastungen wie ein 0-Euro-Ticket für den Nahverkehr bezahlt werden soll.
       
       Während die anderen Banner malen, sagt Pressesprecherin Darya Sotoodeh der
       taz: „Unser Motto ist ‚People Not Profit‘, das gilt auch für die soziale
       Krise.“ Wenn Politiker:innen sagen würden, dass für Entlastungen kein
       Geld da wäre, stimme das nicht. „Es ist genug Geld da. Sowohl um Menschen
       zu entlasten, als auch um den Klimaschutz voranzutreiben.“
       
       Nur weil die Politik nicht früher gehandelt und erneuerbare Energien massiv
       ausgebaut habe, könne Putin nun „Gas als politischen Spielball
       missbrauchen“. Wenn jetzt fossiles Gas benötigt würde, um Wohnungen warm zu
       halten, dürfe das nur für eine kurzmöglichste Übergangszeit so sein.
       
       ## Berliner Ortsgruppe will Umverteilung
       
       Die Berliner Ortsgruppe von FFF hat auch [2][Forderungen an die Berliner
       Landesregierung]. Aufgestellt hat sie diese schon zur letzten Wahl im
       September 2021, Gültigkeit besitzen sie aber noch immer. So fordern die
       Aktivist:innen unter anderem die autofreie Stadt innerhalb des
       S-Bahn-Rings bis 2025 und 100 Prozent erneuerbare Strom- und
       Wärmeversorgung bis 2030. Auch soll sich ein Fünftel des Schulunterrichts
       um Fragen der Klimagerechtigkeit drehen.
       
       Mit dem Fokus des aktuellen Klimastreiks auf die soziale Frage will die
       Bewegung wohl auch ihr eigenes Mobilisierungspotenzial neu anfachen. Zwar
       kamen zu den vergangenen Streiks stets viele Menschen: [3][Im März
       beteiligten sich allein in Berlin mindestens 10.000], im September 2021,
       zwei Tage vor der Bundestagswahl, sprach die Bewegung von 100.000
       Streikenden.
       
       An das große Hoch im September 2019, als deutschlandweit 1,4 Millionen
       Menschen auf die Straße gingen, konnte selbst dieser Erfolg aber nicht
       anschließen. Corona und der Krieg in der Ukraine haben die Klimakrise aus
       dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt, dagegen muss sich die Bewegung
       wehren – etwa indem sie sich in die Sozialproteste involviert, die sich
       derzeit formieren.
       
       So hat sich die Berliner Ortsgruppe dem Demobündnis „Umverteilen!“
       angeschlossen, das sich noch in Gründung befindet und zu dem ansonsten
       linke Gruppen wie Kotti für Alle oder Deutsche Wohnen & Co enteignen
       gehören. In einem noch unveröffentlichten Aufruf für eine erste Demo am 12.
       November fordern sie unter anderem einen Preisdeckel für Energie und
       Mieten, die Vergesellschaftung von Immobilien- und Energiekonzernen, ein
       Moratorium für Zwangsräumungen, Strom- und Gassperren und eine
       „gemeinwohlorientierte Wirtschaft statt Gewinne für Konzerne und
       Superreiche“.
       
       ## „System Change not climate change“
       
       Für die Bewegung sind diese Forderungen durchaus beachtlich: Denn führende
       Persönlichkeiten wie Luisa Neubauer haben es stets elegant vermieden, den
       Slogan „System change not climate change“ mit Kapitalismuskritik zu füllen.
       
       Pressesprecherin Sotoodeh gibt sich dann auch kämpferisch. „Die Krisen, mit
       denen wir konfrontiert sind, gibt es natürlich wegen dem Kapitalismus“,
       sagt sie. Mittelfristig würden ein paar Pflaster nicht ausreichen, „das
       ganze System“ müsse geändert werden. Diese Überzeugungen habe es in der
       Gruppe immer gegeben. „Mit der sozialen Krise hat sich etwas geändert: wir
       trauen uns nun vermehrt, Forderungen nach Umverteilung auszusprechen“, sagt
       sie.
       
       Dass zumindest die Berliner Ortsgruppe kapitalismuskritischer wird,
       spiegelt den durch die Untätigkeit der Politik befeuerten
       Radikalisierungsprozess der Klimabewegung als Ganzes. Beim Bannermalen
       erzählen die Aktivist:innen, einige aus der Ortsgruppe seien nun bei der
       Letzten Generation oder bei Ende Gelände aktiv. Damit der Klimastreik eine
       niedrigschwellige Einstiegsmöglichkeit für neue Aktivist:innen bleibt,
       werde es aber zumindest von FFF auch am Freitag keine Aktionen des zivilen
       Ungehorsam geben.
       
       Globaler Klimastreik in Berlin: Am 23.09. um 12:00 Uhr im Invalidenpark
       
       21 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Fridays-for-Future/!5877974
 (DIR) [2] https://fridaysforfuture.berlin/forderungen/
 (DIR) [3] /Fridays-for-Future-Protest-in-Berlin/!5844168
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Timm Kühn
       
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