# taz.de -- Semesterstart an den Universitäten: „Mein Ziel ist Präsenz“
       
       > Hauke Heekeren ist seit kurzem neuer Präsident der Uni Hamburg. Er setzt
       > alles daran, dass Studierende wieder vor Ort lernen.
       
 (IMG) Bild: Sieht hohen Bedarf an Akademikern: Hamburgs Uni-Präsident Hauke Heekeren
       
       taz: Herr Heekeren, wie geht es Ihnen als [1][neuer Präsident der
       Universität Hamburg?]
       
       Hauke Heekeren: Es ist genau die spannende Aufgabe, die ich erwartet hatte,
       in einer wunderschönen Stadt mit einer spannenden Wissenschaftsszene.
       
       Sie waren ja ursprünglich mal Spitzenforscher? 
       
       Ich bin Neurowissenschaftler und habe mich damit beschäftigt, was im Gehirn
       passiert, wenn wir Entscheidungen treffen.
       
       Was bewog Sie dann, in die Hochschulleitung zu gehen? 
       
       Die Freude am Gestalten und der Wunsch, für die Uni insgesamt Verantwortung
       zu übernehmen. So war ich an der FU Berlin zunächst Dekan der
       Erziehungswissenschaften und später Vizepräsident für Studium und Lehre.
       Jetzt bin ich seit einem halben Jahr Präsident der Uni Hamburg, und das mit
       großer Freude.
       
       Nun startet das Wintersemester. Bleiben trotz Corona und Gaskrise die
       Hörsäle auf? 
       
       Ja. Es ist mein Hauptziel für das Wintersemester, dass Uni in Präsenz
       stattfindet. Einfach weil es wichtig ist, dass es Gelegenheit gibt, sich zu
       treffen. In Lehrveranstaltungen, aber auch in der Mensa, bei Konzerten oder
       in der Kneipe. Und sollte sich [2][im pandemischen Geschehen] etwas tun,
       haben wir dafür drei Szenarien entwickelt.
       
       Was für Szenarien? 
       
       Bleibt die Situation so, wie sie ist, haben wir keine Maskenpflicht und
       keine Abstandsregel im Hörsaal. Wir empfehlen natürlich allen, geimpft zu
       sein, und gehen davon aus, dass Menschen mit Erkältungssymptomen sich
       testen und bei positivem Ergebnis zu Hause bleiben. Sollte sich das
       pandemische Geschehen verschlechtern, haben wir gelernt, wie wir alle
       Uni-Angehörigen schützen können. Wird es notwendig, führen wir etwa eine
       Maskenpflicht im Hörsaal ein.
       
       Mit Medizinischer Maske? 
       
       Genau. Mir ist wichtig, dass unsere Strategie eine wissenschaftsgeleitete
       ist, die wir unter anderem auch mit Expertinnen und Experten des UKE
       entwickelt haben. Auch für die Energieversorgung haben wir Szenarien
       entwickelt, je nachdem wie sich die Lage ändert. Also wann wir etwa in den
       Gebäuden die Temperatur senken oder warmes Wasser reduzieren. Beides mit
       dem Ziel, dass die Univeranstaltungen in Präsenz stattfinden.
       
       Uni fand über ein Jahr nur online statt. Taten Ihnen die Studierenden leid? 
       
       Ich war auch in Berlin mit für das Pandemiemanagement zuständig. Da haben
       wir uns bemüht, für alle sichere Bedingungen zu schaffen. Für meinen
       Geschmack haben sich die Hochschulen in Deutschland schwergetan, wieder in
       den Präsenzbetrieb zurückzukehren. Was mich beschäftigt: Dieses reine
       Online-Studium hatte gravierende Auswirkungen im psychosozialen Bereich,
       gerade für die, die beengt wohnen oder in schwierigen wirtschaftlichen
       Verhältnissen leben.
       
       Litt in dieser Zeit der Studienerfolg? Weiß man das? 
       
       Ja, sicher. Es kam zu Verzögerungen. Alle Hochschulen unternahmen große
       Anstrengungen, um das abzupuffern. Es fanden sowohl in Berlin als auch in
       Hamburg viele zusätzliche Beratungen statt. Aber klar ist, dass die Studis
       weniger Prüfungen ablegten. Bei diesen war die Durchfallquote insgesamt
       geringer. Also ein gemischtes Bild.
       
       Nun sagt Hamburgs Schulsenator, es gingen zu viele an die Uni, das sehe man
       an den Abbrechern. Stimmt das? 
       
       Der Schulsenator spricht ein wichtiges Thema an: Den Übergang von der
       Schule auf die Universität. Das beschäftigt alle Hochschulen und damit
       natürlich auch uns als Uni Hamburg. Wir müssen ins Gespräch kommen, wie wir
       sicherstellen, dass die Schulabgänger bestmöglich aufgestellt sind, um
       erfolgreich ein Studium meistern zu können. Und was auch wir Unis leisten
       können, damit sie gut ins Studium finden.
       
       Es gibt die hohen Abbruchquoten schon lange. 
       
       Es ist bekannt, dass nicht alle Studienanfänger*innen ihr Studium zu
       Ende führen. Wir wissen aber nicht, warum, oder was die Studierenden dann
       machen. Deswegen sprechen wir an der Stelle nicht so gerne von
       Studienabbruch. Die Menschen wählen nach einer Orientierungsphase an der
       Universität vielleicht einen anderen Bildungsweg für sich. Ich wüsste gerne
       mehr über die Ursachen. Von unserer Studienberatung höre ich, dass die
       Ratsuchenden dort häufig Überforderung schildern. Einerseits, sich im
       studentischen Leben zurechtzufinden, teilweise aber auch, was das
       Finanzielle angeht oder die Jobbelastung.
       
       Beginnen mehr junge Menschen ihr Studium, als später Akademiker gebraucht
       werden? 
       
       Das sehe ich nicht so. Wir haben einen hohen Bedarf an Akademikern. Wir
       sehen, dass diejenigen, die ein Studium abschließen, auch eine extrem hohe
       Wahrscheinlichkeit haben, Arbeit zu finden. Wir haben hier eine sehr
       geringe Arbeitslosenquote.
       
       Dass man zu wenig über Abbruch wisse, sagten Ihre Vorgänger auch. Kommt man
       bei der Frage nicht voran? 
       
       Die Diagnose kann man stellen. Es ist deutschlandweit so, dass man sich auf
       einer bestimmten Quote eingependelt hat. Das deutet darauf hin, dass man
       noch mal gucken muss, wie man das verbessert. Jetzt freuen wir uns aber
       erst einmal sehr, dass das Wintersemester losgeht und der Campus sich
       wieder füllt. Wir hatten neulich einen Vorgeschmack darauf, als Otto
       Waalkes nach genau 50 Jahren hier wieder aufgetreten ist. Das Audimax war
       ausverkauft, der Campus belebt. Und genau so stelle ich mir das im
       Wintersemester vor. Und so wird es auch sein. Wir setzen alles daran, dass
       wieder Campusleben stattfindet und dass die Hörsäle und die Seminarräume
       gut gefüllt sind mit Menschen, die mit Begeisterung ihr Studium aufnehmen.
       
       Der Sänger Otto feierte sein Bühnenjubiläum im Audimax? 
       
       Ja. Das Konzert war der Auftakt eines wissenschaftlichen Projekts. Wir
       möchten die Geschichte der Hamburger Musik der 70er und 80er Jahre
       beleuchten unter Beteiligung der Bevölkerung. Dafür suchen wir Quellen aus
       der Zeit. Konkret bitten wir Hamburger, die noch Poster, Platten oder
       anderes Material aus der Zeit haben, etwa von Otto-Konzerten oder Konzerten
       mit Deep Purple: Bringen Sie die bei uns im Universitäts-Museum vorbei. Wir
       haben dort ein Labor eingerichtet und zeigen, wie wir mit solchen Quellen
       umgehen. Sie können dann Teil der Ausstellung werden. Wir wollen Menschen
       so auch die Gelegenheit geben, mit der Uni in Kontakt zu kommen.
       
       2 Oct 2022
       
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