# taz.de -- Debatte um Hundegesetz in Hamburg: Gehören manche Rassen verboten?
       
       > Nach einer tödlichen Beißattacke untersagte Hamburg das Halten bestimmter
       > Rassen grundsätzlich. Richtig so? Ein Pro und Contra.
       
 (IMG) Bild: Ist in Hamburg in der Kategorie „gefährlich“ eingeordnet: Staffordshire Bullterrier
       
       ## Ja,
       
       Hamburg sollte sein [1][Hundegesetz] behalten. Auch wenn es traurig ist,
       wenn Hunde ins Tierheim kommen, bloß weil sie auf einer Liste stehen. Am
       Sonntag, so [2][berichtet das Abendblatt], wollen Tierfreunde gegen das
       Gesetz demonstrieren, das eine Reihe von Hunderassen als gefährlich
       einstuft. Denn es sei nicht [3][eine Rasse aggressiver als andere], das
       Problem liege bei den Haltern. Weshalb Tierschutzorganisationen alternativ
       einen Hundeführerschein vorschlagen.
       
       Das Gesetz ist die Folge des Todes des kleinen Volkan, der im Jahr 2000 von
       zwei Pitbull-Mischlingen zerfleischt wurde. Es stuft alle Hunde als
       gefährlich ein, die eine erhöhte Aggressivität zeigen, Menschen drohend
       anspringen oder beißen.
       
       Die Geschichte mit dem toten Kind hätte sich [4][Anfang Juni fast
       wiederholt], als ein American Staffordshire Terrier-Mischling, der schon
       mal ein Kind gebissen hatte, ein zweijähriges Mädchen lebensgefährlich
       verletzte. Dass es dazu kam, lag wohl am Umgehen von Regelungen und
       missglückter Kontrolle, aber im Prinzip hatten die Behörden die
       Gefährlichkeit auf dem Schirm.
       
       Wurde ein Mensch von einem Hund gebissen, bleibt die Angst ein Leben lang.
       Hunde, die gefährlich aussehen oder als gefährlich gelten, lösen bei
       Betroffenen auf der Straße Furcht und Stress aus. Das muss bedacht werden,
       wenn wir über Lockerungen reden.
       
       Ob ein Mensch, der so einen Hund spazieren führt, dafür einen Führerschein
       hat, sieht man nicht. Dass so ein Schein zu einer Verhaltensänderung führt,
       ist nicht garantiert: kann sein, kann aber auch nicht sein. Auch wenn es
       nur die Menschen sind, die die Tiere aggressiv erziehen und nun mal
       bestimmte Arten bevorzugen, rechtfertigt das diese Form der Gefahrenabwehr.
       
       Hinzu kommt, dass die Zahl der Beißvorfälle seit Inkrafttreten des Gesetzes
       2006 stark zurückgegangen ist. Mit Erlaubnis der Behörden kann ja auch ein
       Teil dieser „Listenhunde“ weiter gehalten werden: Die Halter müssen
       nachweisen, dass sie mit den Hunden umgehen können und sie mit Leine und
       Maulkorb führen; einige Hunde müssen den Wesenstest bestehen. Die Stadt
       weist darauf hin, dass es bei solchen Hunden trotz des Wesenstests zu
       Beißvorfällen kommt, was für die Beibehaltung der Vorsicht spricht.
       
       Die Idee des Hundeführerscheins ist gut. Er könnte zusätzlich kommen. Viel
       hilft viel. Kaija Kutter
       
       ## Nein,
       
       denn dass bestimmte Hunderassen vermehrt zu aggressivem Verhalten neigen,
       ist nicht belegt. Im Gegenteil: Einer groß angelegten Studie der
       Tierärztlichen Hochschule Hannover zufolge ist die Aggressivität eines
       Tieres von den Halter:innen und der entsprechenden Hunde-Erziehung
       abhängig. Das sogenannte „Scharfmachen“ eines Hundes ist mit jeder Rasse
       möglich – auf Kommando zubeißen, hetzen oder jagen kennt man von
       Schäferhunden bei der Polizei, aber auch von Dackeln bei der Jagd.
       
       Das bestätigt auch die Hamburger Beißstatistik: Angeführt wird sie 2021 vom
       Jakutischen Laika, einer Schlittenhunderasse, gefolgt von
       Pitbull-Mischlingen, Staffordshire Terriern, Tatra-Schäferhunden und einer
       österreichischen Jagdhunderasse. Bei all diesen Rassen hat es im
       vergangenen Jahr jeweils einen Beißvorfall gegeben. Diese Rassen liegen
       statistisch vorn, weil der eine Biss auf sehr wenige Tiere kommt.
       Australian Shepherds etwa haben neunmal zugebissen.
       
       Der Senat hat vier dieser Rassen [5][für gefährlich erklärt] und verboten.
       Wegen ihrer körperlichen Eigenschaften werden sie noch immer in illegalen
       Kämpfen genutzt. Es sollte also danach gefragt werden, wer diese Hunde
       überhaupt besitzt. In zwei Dritteln aller Hamburger Biss-Fälle in 2021 sind
       die Hunde zudem [6][nicht vorschriftsmäßig angeleint] gewesen.
       
       In Ihrer Dissertation erkennt Veterinärmedizinerin Kathrin Roiner eine
       Korrelation zwischen der Biss-Häufigkeit und der Besiedlungsdichte. Was
       große Hunde in der Großstadt verloren haben, kann also bezüglich jedweder
       Rasse hinterfragt werden.
       
       Das Risiko, Opfer eines tödlichen Hundebisses zu werden, ist im häuslichen
       Umfeld höher als in der Öffentlichkeit. Laut dem Internetportal Statista
       liegt das daran, dass es sich meist um vertraute Hunde handelt.
       Hauptursache für tödliche Beißvorfälle sei die mangelnde Fähigkeit, das
       Verhalten des Hundes zu deuten. In den meisten Fällen bissen Hunde zu, weil
       sie Angst hätten, beim Fressen gestört oder erschreckt würden.
       
       Es wäre sinnhafter, [7][Halter:innen jedweder Rasse in die
       Verantwortung] zu nehmen, anstatt pauschale Urteile auf Basis nicht
       belegter Haltungen zu treffen. Ein theoretischer und ein praktischer
       Sachkundenachweis sollten Pflicht werden! Marco Fründt
       
       23 Sep 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.hamburg.de/hundegesetz/
 (DIR) [2] https://www.abendblatt.de/hamburg/article236476955/demo-hamburg-soka-run-kampfhund-bullterrier-pitbull-listenhund-hundegesetz-rocky-rahlstedt.html
 (DIR) [3] /Haltergesetz/!5153823
 (DIR) [4] /Hund-attackiert-zweijaehriges-Maedchen/!5856751
 (DIR) [5] /Resozialisierungstraining-fuer-Kampfhunde/!5507801
 (DIR) [6] /Leinenpflicht-fuer-alle-Hunde-wau/!5560086
 (DIR) [7] https://www.hamburg.de/behoerdenfinder/info/11254324/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
 (DIR) Marco Fründt
       
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