# taz.de -- Gaslecks an „Nord Stream“- Pipelines: Sabotage nicht ausgeschlossen
       
       > Nach Druckabfall in beiden Ostsee-Pipelines wurden Lecks gefunden.
       > Experten halten einen Sabotage-Akt für denkbar. Polen bringt Russland ins
       > Spiel.
       
 (IMG) Bild: Arbeit an Nord Stream 2 im Jahr 2018 – von der ungenutzten Pipeline wurden jetzt Lecks gemeldet
       
       STOCKHOLM/LUBMIN dpa | Nach der Beschädigung der Nord-Stream-Gaspipelines
       unter der Ostsee suchen Behörden in Deutschland und Dänemark weiter nach
       der Ursache. Die dänische Marine und deutsche Spezialisten bemühten sich um
       Aufklärung, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstagmorgen aus
       Sicherheitskreisen. Bislang sei die Ursache für die Vorfälle nicht geklärt.
       Jedoch spreche einiges für Sabotage. Sollte es sich um einen Anschlag
       handeln, würde angesichts des technischen Aufwands eigentlich nur ein
       staatlicher Akteur infrage kommen. Darüber hatte zuvor der „Tagesspiegel“
       berichtet.
       
       Polen schließe nicht aus, dass die von dänischen Behörden entdeckten Lecks
       an den Gaspipelines [1][Nord Stream 1] und 2 auf eine russische Provokation
       zurückzuführen seien. Man befinde sich in einer Situation hoher
       internationaler Spannung, sagte Polens Vize-Außenminister Marcin Przydacz
       am Dienstag in Warschau. „Leider verfolgt unser östlicher Nachbar ständig
       eine aggressive Politik. Wenn er zu einer aggressiven militärischen Politik
       in der Ukraine fähig ist, ist es offensichtlich, dass keine Provokationen
       ausgeschlossen werden können, auch nicht in den Abschnitten, die in
       Westeuropa liegen.“
       
       Auch Russland schließt Sabotage oder andere Gründe nicht aus. „Jetzt kann
       keine Variante ausgeschlossen werden“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am
       Dienstag auf die Frage, ob Sabotage der Grund sein könne für den
       Druckabfall.
       
       Sperrzonen für Schiffe bei Bornholm 
       
       In der Nacht zum Montag war zunächst in einer der beiden Röhren der
       [2][nicht genutzten Pipeline Nord Stream 2] ein starker Druckabfall
       festgestellt worden. Am Montagabend meldete der Betreiber dann auch einen
       Druckabfall in beiden Röhren von Nord Stream 1.
       
       Wegen der Lecks hat die zuständige dänische Schifffahrtsbehörde nahe der
       dänischen Insel Bornholm Sperrzonen für den Schiffsverkehr eingerichtet.
       Dänische Behörden haben an den Gaspipelines insgesamt drei Lecks entdeckt.
       Es sei die Rede von zwei Lecks an Nord Stream 1 nordöstlich der
       Ostsee-Insel Bornholm sowie einem an Nord Stream 2 südöstlich der Insel,
       teilte die dänische Energiebehörde am Dienstag mit. Im Falle von Nord
       Stream 1 befinde sich das eine Leck in dänischen und das andere in
       schwedischen Gewässern. Das Leck von Nord Stream 2 liege in dänischen
       Gewässern.
       
       Nord-Stream-2-Sprecher: Unfall höchst unwahrscheinlich 
       
       Man veranlasse derzeit Untersuchungen, sagte ein Sprecher der Nord Stream
       AG, die für Nord Stream 1 zuständig ist. Zum Ausmaß etwaiger Schäden könne
       man vorher keine Angaben machen. Im Bereich um Bornholm liegen die
       Leitungen seiner Aussage nach etwa 70 Meter unter der Wasseroberfläche.
       Laut Nord-Stream-2-Sprecher Ulrich Lissek sind die Leitungen so verlegt,
       dass eine gleichzeitige Beschädigung mehrerer Leitungen etwa durch einen
       einzelnen Schiffsunfall höchst unwahrscheinlich ist. Zur Frage, ob ihm
       ähnliche Vorfälle im Zusammenhang mit Offshore-Pipelines bekannt seien,
       sagte er: „Hab' ich nie gehört.“
       
       Auch ein Experte für Unterwasserroboter verwies im Gespräch mit der
       Deutschen Presse-Agentur auf die extrem hohen Sicherheitsstandards und die
       sehr robuste Bauweise der Leitungen. Aus seiner Sicht kommt nur eine
       bewusste Manipulation in Frage. Nach seiner Einschätzung werden Behörden
       nun mit Tauchrobotern Erkundungen vornehmen.
       
       Dänische Behörder: Schiffe könnten Antrieb verlieren 
       
       Wie die dänische Zeitung „Jyllands-Posten“ unter Berufung auf das dänische
       Militär berichtete, wurde das Leck an Nord Stream 2 am Montag von dänischen
       F-16-Kampfjets entdeckt. Sie wurden demnach von Bornholm aus in die Luft
       geschickt, um das Gebiet zu fotografieren. Sie hätten dabei entdeckt, dass
       an einem Punkt südöstlich der Insel Blasen aus dem Wasser aufgestiegen
       seien.
       
       Nach Angaben der dänischen Energiebehörde können Schiffe den Antrieb
       verlieren, wenn sie in das Gebiet hineinfahren. Zudem bestehe
       möglicherweise eine Entzündungsgefahr. Außerhalb der Zone gebe es keine
       Gefahr, auch nicht für die Einwohner von Bornholm und der kleinen
       Nachbarinsel Christiansø.
       
       Deutsche und dänische Behörden wiesen darauf hin, dass die Vorfälle keine
       Auswirkung auf die Gasversorgung hätten, da die Leitungen zuletzt nicht für
       den Gasimport benutzt worden seien.
       
       Folgen für Umwelt laut BUND „lokal begrenzt“ 
       
       Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) schätzt die möglichen
       kurzfristigen Auswirkungen der Lecks an den Gaspipelines Nord Stream 1 und
       2 auf die Umwelt als lokal begrenzt ein.
       
       Während über die Pipeline Nord Stream 1 bis vor einigen Wochen noch Gas aus
       Russland nach Deutschland geflossen war – wenn auch mit gedrosselter
       Kapazität – war die Genehmigung für den Import über Nord Stream 2 kurz vor
       dem russischen Angriff auf die Ukraine von der Bundesregierung auf Eis
       gelegt worden. Danach hatte sie wegen des Krieges eine Nutzung
       ausgeschlossen.
       
       27 Sep 2022
       
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