# taz.de -- Sorge um Eskalation des Ukraine-Krieges: Überschätzte Explosionsgefahr
       
       > Nach den Lecks in den Pipelines und den Referenden stehen die Zeichen auf
       > Eskalation. Aber die derzeitige westliche Strategie funktioniert.
       
 (IMG) Bild: Moskau, 21. September: Niemand treibt das russische Volk so konsequent in den Aufstand wie Putin
       
       Noch hat Russlands Präsident Wladimir Putin den Anschluss der russisch
       besetzten Teile der Ukraine an die Russische Föderation nicht vollzogen,
       für den [1][die bizarren „Referenden“] fast ohne Wähler jetzt offiziell
       grünes Licht gegeben haben. Aber in wenigen Tagen, vielleicht diesen
       Freitag, könnte es so weit sein. Und noch hat keine Nato-Regierung
       offiziell Russland beschuldigt, die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee
       gesprengt zu haben, aus denen seit den mysteriösen Explosionen Gas an die
       Oberfläche sprudelt.
       
       Aber in wenigen Tagen könnte sich auch das geändert haben. Wieder einmal
       wird der Welt in Erinnerung gerufen, dass der Krieg in der Ukraine viel
       mehr ist als ein Krieg in der Ukraine: Er ist ein Krieg um Vorherrschaft
       zwischen Russland und dem Westen.
       
       Mögliche Eskalationsschritte sind vorgezeichnet. Sobald sich Russland die
       besetzten ukrainischen Gebiete einverleibt hat, wird es ukrainische
       Offensiven zu deren Befreiung als Angriff auf russisches Staatsgebiet
       betrachten – das, meinen manche, erhöht das Risiko eines russischen
       atomaren Erstschlags. Sobald auf die Pipelinesprengung in der Ostsee ein
       weiterer, unzweideutig russischer Angriff auf kritische Infrastruktur von
       Nato-Staaten erfolgt, steht Artikel 5 der Nato-Charta und damit die
       kollektive Selbstverteidigung im Raum – das, meinen manche, erhöht das
       Risiko eines dritten Weltkriegs.
       
       Das sind Horrorszenarien, und sie will niemand. Aber es wäre verkehrt, sich
       von ihnen leiten zu lassen. Dass die von niemandem mehr gewollten Pipelines
       in der Ostsee [2][jetzt auch noch kaputtgehen], ist eigentlich völlig egal.
       Was befürchtete ukrainische Angriffe auf „russisches Staatsgebiet“ angeht:
       Die Ukraine hat in diesem Krieg schon oft Ziele auf der russisch
       annektierten Krim getroffen – und Russland hat nicht reagiert, trotz
       gegenteiliger Warnungen.
       
       ## Grund für Optimismus
       
       Und die militärische Situation in der Ukraine sollte Anlass zu Optimismus
       geben. Russland verliert täglich an Boden. [3][Die neue Mobilmachung in
       Russland] treibt noch mehr Menschen in die Opposition oder in die Flucht.
       Niemand treibt das russische Volk gerade so konsequent in den Aufstand wie
       Putin selbst. Das Verhältnis des russischen Präsidenten zur Wirklichkeit
       ähnelt dem von Donald Trump, der sich bis heute für den rechtmäßigen
       Präsidenten der USA hält, der aber nichts mehr hinbekommt, außer das
       politische Klima zu vergiften.
       
       Die aktuelle westliche Strategie – Zusammenhalten, Putin isolieren, der
       Ukraine militärische Siege ermöglichen – ist richtig, und sie funktioniert.
       Russlands Präsident fällt dagegen nur noch zunehmend bizarres, folgenloses
       Gehabe ein. Es muss folgenlos bleiben. Dann wird es scheitern.
       
       28 Sep 2022
       
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