# taz.de -- Sicherheitspolitik der USA: Bidens Weltsicht auf 48 Seiten
       
       > Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der USA in einem Satz: Russland
       > stellt die akuteste Bedrohung dar, China aber die bedeutsamere.
       
 (IMG) Bild: Sieht China und Russland als Bedrohungen: US-Präsident Joe Biden
       
       BERLIN taz | Die am Mittwoch in Washington vorgestellte Nationale
       Sicherheitsstrategie der US-Regierung unter Präsident Joe Biden sieht China
       als die größte Bedrohung an. „Russland und die Volksrepublik China bedeuten
       unterschiedliche Herausforderungen“, heißt es darin.
       
       „[1][Russland bedeutet eine akute Bedrohung] des freien und offenen
       internationalen Systems, indem es rücksichtslos die Grundsätze
       internationaler Ordnung verletzt, wie der brutale Angriffskrieg gegen die
       Ukraine gezeigt hat. China hingegen ist unser einziger Konkurrent, der
       sowohl die Absicht hat, die internationale Ordnung zu verändern, als auch
       mehr und mehr die wirtschaftliche, diplomatische, militärische und
       technologische Macht, diesem Ziel näher zu kommen.“
       
       Jede US-Administration muss eine Nationale Sicherheitsstrategie vorlegen,
       und die verschiedenen Dokumente legen stets die Weltsicht der jeweiligen
       Regierung dar – und den Zeitgeist.
       
       Tenor des 48-seitigen Biden-Papiers: Die Nach-Kalte-Kriegs-Zeit ist
       endgültig vorbei, das kommende Jahrzehnt wird entscheidend für die Ordnung
       der Welt sein. Nicht nur, weil das die Zeitspanne ist, in der
       klimapolitisch entschieden gehandelt werden müsse, um das 1,5-Grad-Ziel
       noch irgendwie zu erreichen.
       
       ## Die USA müssen reagieren, so das Papier
       
       Sondern auch, weil sowohl der derzeitige Krieg gegen die Ukraine als auch
       der Ausbau der [2][chinesischen Fähigkeiten] in allen Bereichen ernsthafte
       Versuche darstellen, die in der UN-Charta skizzierte Ordnung zugunsten
       autokratischer Herrschaft zu verändern.
       
       Russland habe sich in den letzten zehn Jahren für eine imperialistische
       Außenpolitik entschieden und stelle nunmehr eine unmittelbare Bedrohung von
       Frieden und Stabilität dar. China nutze seine technologischen Fähigkeiten
       und seinen steigenden Einfluss in internationalen Institutionen, um die
       Interessen seines eigenen autoritären Modells weltweit voranzubringen.
       
       Darauf müssten die USA reagieren, heißt es im Papier, und zwar einerseits
       durch eine Vertiefung ihrer bestehenden Bündnisse, vor allem aber durch
       Investitionen sowohl in eine Modernisierung des eigenen Militärs als auch
       der Infrastruktur innerhalb der USA. Es sei immer unmöglicher, eine klare
       Linie zwischen Außen- und Innenpolitik zu ziehen: Demokratische Resilienz
       im eigenen Land und die Fähigkeit zu internationaler Führung und Stärkung
       von demokratischer Selbstbestimmung anderer Länder gegen übergriffige
       Ambitionen anderer Mächte bedingten sich gegenseitig.
       
       Klar grenzt sich Biden im Papier auch von seinem Vorgänger ab: Zu einen
       betont das Papier mehrfach, wie wichtig es sei, die Ergebnisse
       demokratischer Wahlen anzuerkennen. Und an mehreren Stellen wird klar, dass
       Donald Trumps Mantra des „America first“ mit dem erweiterten
       Sicherheitsbegriff, den Biden anlegt, nicht vereinbar ist.
       
       Die Veröffentlichung des Papiers war eigentlich bereits für den letzten
       Winter geplant, dann aber wegen des unmittelbar bevorstehenden
       [3][russischen Angriffs auf die Ukraine] verschoben worden. Jetzt wird
       darin konstatiert, dass die zu beobachtende Schwäche der konventionellen
       russischen Streitkräfte womöglich die Bereitschaft Russlands zum Einsatz
       taktischer Nuklearwaffen erhöhen könnte. Die USA würden jedoch „nicht
       erlauben“, mit dem Einsatz oder auch nur der Drohung mit Atomwaffen andere
       Länder unter Druck zu setzen. Was das aber genau heißt, steht nicht im
       Papier – und Biden selbst wollte auch auf Nachfrage in einem Interview mit
       dem Fernsehsender CNN nicht konkreter werden.
       
       14 Oct 2022
       
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 (DIR) Bernd Pickert
       
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