# taz.de -- Niederländische Regierung greift durch: Den Haag gegen Chinas Polizeibüros
       
       > Außenminister Hoekstra ordnet Schließung von zwei illegalen chinesischen
       > Polizeibüros an. Sie sollen auch der Einschüchterung von Dissidenten
       > dienen.
       
 (IMG) Bild: Chinas Polizei ist ihnen näher, als sie dachten: Uiguren-Protest in Amsterdam 2019
       
       BERLIN taz | Die niederländische Regierung hat am Dienstag von Chinas
       Botschaft verlangt, sofort die beiden chinesischen Polizeibüros in
       Amsterdam und Rotterdam zu schließen. Diese hätten nie die Zustimmung der
       niederländischen Behörden gehabt, sagte Außenminister Wopke Hoekstra laut
       Nachrichtenagentur ANP. Sie seien deshalb „unakzeptabel“.
       
       Am Mittwoch dementierte Pekings Außenamtssprecher Zhao Lijian die Existenz
       chinesischer Polizeibüros in den Niederlanden. Er räumte laut [1][Reuters]
       aber die Existenz von „Servicecentern“ ein.
       
       Letzte Woche hatten niederländische Medien erstmals über die chinesischen
       Polizeibüros berichtet. Dort würden Chinas Behörden unter dem Deckmantel
       von Dienstleistungen wie der Ausstellung von Heiratspapieren oder der
       Verlängerung von Führerscheinen auch Druck auf geflüchtete Dissidenten
       ausüben.
       
       Die niederländische Regierung kündigte darauf eine Untersuchung an, die
       laut Minister Hoekstra herausfinden soll, was die als illegal bezeichneten
       Büros in den Niederlanden genau machen.
       
       ## Übersee-Polizeistellen sind Büros von Provinzen
       
       Laut Medienberichten gibt es die Büros dort seit 2018. Das in Amsterdam
       werde von zwei Polizisten aus der Provinz Zhejiang betrieben. Das in
       Rotterdam sei in einer Wohnung einquartiert und werde von einem Soldaten
       aus der Provinz Fujian geleitet.
       
       Beide ostchinesischen Provinzen sind für ihren hohen Migrationsanteil
       bekannt. Es ist dabei auch nicht ungewöhnlich, dass chinesische Behörden im
       Ausland landsmannschaftliche Zusammenschlüsse nutzen und so Politik für die
       jeweiligen Provinzen oder die ganze Volksrepublik machen. Dabei sind die
       Auslandsvereinigungen oft Handlanger der Botschaften.
       
       Der chinesische Dissident Wang Jingyu, der in den Niederlanden politisches
       Asyl erhalten hat, berichtete dem britischen [2][Guardian], dass er direkt
       nach Ankunft in Rotterdam vom dortigen chinesischen Polizeibüro kontaktiert
       worden sei.
       
       „Sie forderten mich auf, nach China zurückzukehren. Auch wurde mir gesagt,
       ich sollte an meine Eltern denken“, so Wang. Später sei er mit
       Textnachrichten und Anrufen unter Druck gesetzt worden. Und man habe ihm
       mit dem Tod gedroht.
       
       Vergangene Woche waren Berichte über solche chinesischen Polizeistellen in
       mehreren Städten überwiegend in Europa aufgetaucht, darunter London,
       Glasgow, Dublin, Paris, Madrid, Valencia, Prag, Porto und Frankfurt am
       Main.
       
       ## Bericht spanischer Organisation rüttelt auf
       
       Die Hauptquelle war ein [3][Bericht der spanischen Nichtregierungs- und
       Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders] von Ende September. Darin
       zählte die Organisation 54 solcher Polizeibüros in 25 Städten von insgesamt
       21 Staaten auf, meist in Europa.
       
       Bereits letzte Woche verteidigte Chinas Außenamtssprecher die Büros und
       wies alle Vorwürfe zurück. Sie seien in der Pandemie eine große Hilfe, wenn
       chinesische Staatsbürger nicht einfach in die Heimat reisen könnten.
       
       Auch dienten die Büros der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität,
       wobei sie die Souveränität der Gastgeberländer strikt beachteten.
       
       ## Chinesisches Polizeibüro in Frankfurt?
       
       Der Bericht von Safeguard Defenders nennt in Deutschland ein Büro in
       Frankfurt/Main, ohne weitere Details zu nennen. Letzte Woche erklärte
       Hessens Innenministerium, dem Bericht nachzugehen.
       
       Laut Safeguard Defenders begann China erstmals 2018 mit solchen
       Polizeibüros im Ausland. Ihr Ziel sei die Eindämmung von Internet- und
       Telefonbetrug gewesen. Darin sind viele im Ausland lebende Chines*innen
       verwickelt, oft weil sie selbst Opfer falscher Versprechen und Opfer von
       Erpressungen wurden.
       
       Die chinesischen Polizeibehörden rühmen sich laut Safeguard Defenders, von
       April 2021 bis Juli 2022 insgesamt 230.000 ihrer Staatsbürger von einer
       Rückkehr nach China „überzeugt“ zu haben.
       
       Dies geschah in der Regel mit massivem Druck auf Familienangehörige bis hin
       zu einem Schulverbot für Kinder von Verwandten. Doch während laut dem
       Bericht die Internet- und Telefonbetrügereien chinesischer Krimineller vor
       allem von neun Staaten ausgingen, von denen sieben in Südostasien liegen
       und Nordmyanmar und Kambodscha die Zentren sind, konzentrieren sich die
       Überseepolizeibüros nicht dort, sondern vor allem in Europa.
       
       Beobachter werten Chinas Nutzung dieser nicht genehmigten Büros als
       weiteres Indiz dafür, dass die Regierung in Peking angesichts ihrer
       wachsenden politischen und wirtschaftlichen Macht immer weniger geneigt
       ist, sich an völkerrechtliche Spielregeln zu halten.
       
       3 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.reuters.com/world/china-denies-it-has-police-stations-netherlands-amidst-probe-2022-11-02/
 (DIR) [2] https://www.theguardian.com/world/2022/oct/26/china-using-police-bases-in-netherlands-to-target-dissidents-say-reports
 (DIR) [3] https://safeguarddefenders.com/sites/default/files/pdf/110%20Overseas%20(3).pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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