# taz.de -- Schulbesetzung in Göttingen: Freiwillig nachts in der Schule
       
       > In Göttingen haben Dutzende Schülerinnen und Schüler zwei Aulen besetzt.
       > Sie fordern stärkeren Klimaschutz und die Abkehr von fossilen Energien.
       
 (IMG) Bild: Die Uni Göttingen hat es im Oktober vorgemacht: der Präsident spricht zu den Besetzer:innen
       
       GÖTTINGEN taz | Ihre Zentrale habe die Besetzer im „Forum“, dem offenen
       Veranstaltungsbereich der Göttinger
       Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule, errichtet. An den Wänden und von
       der Decke hängen Transparente. „Besetzt!“ steht auf dem größten, und: „Für
       eine lernenswerte Zukunft und eine klimagerechte Welt“. Auch Wandzeitungen
       informieren über die Anliegen der Besetzer.
       
       In Kleingruppen diskutieren einige Mädchen und Jungen, andere machen sich
       Notizen und bereiten sich auf das bevorstehende Plenum vor. Die Eindrücke
       stammen vom Mittwoch – am Donnerstag untersagte Schulleiterin Tanja Laspe
       Journalisten den Zutritt zu dem Gebäude.
       
       Seit Montag halten Dutzende Schülerinnen und Schüler, die der
       [1][Initiative „End Fossil: Occupy!“] nahestehen, aus Protest gegen – nicht
       nur – ihrer Ansicht nach völlig unzureichenden Klimaschutz Teile von zwei
       Schulen in der Stadt besetzt. Auch die Aula des Hainberg-Gymnasiums am
       Rande des noblen Göttinger Ostviertels haben sie in Beschlag genommen.
       
       „Wir lernen in der Schule für die Uni, Ausbildung und Arbeit, also für eine
       Zukunft und Aussichten auf Karriere“, sagt Noa Giesge, eine der
       Besetzerinnen. „Doch unsere Perspektive ist Klimakrise, also eine kaputte
       Zukunft und nicht Wohlstand. Deswegen nehmen wir uns diesen Ort, den wir
       täglich besuchen müssen.“
       
       ## 40 Schlafsäcke im Klassenzimmer
       
       Es gebe „keine andere Wahl, als unseren Protest [2][mit einer neuen
       Aktionsform] – Schulbesetzungen – auszudrücken, um endlich eine notwendige
       wirkliche Veränderung herbeizuführen“. Ziel sei es, einen „Aufschrei zu
       generieren“, ergänzt Gesamtschüler Josh. Das sei bislang nicht gelungen,
       weil alles „so kuschelig“ ablaufe.
       
       Florian Burgen von „[3][End Fossil: Occupy!]“ verweist darauf, dass die
       Klimaschutzbewegung „schon sehr lange demonstriert, aber die Klimakrise
       wird immer schlimmer“. Da die von „Fridays for Future“ angestoßenen
       Klimastreiks nicht zu den notwendigen politischen Schritten geführt hätten,
       „müssen wir von den Straßen in die Schulen gehen, um ein allumfassendes
       gesellschaftliches Umdenken in unserem Umfeld anzuregen und gleichzeitig
       die [4][Regierung zum Handeln aufzufordern]“.
       
       Es habe zwar teilweise ein Umdenken mit Blick auf das Konsumverhalten
       stattgefunden, sagt Burgen. „Nun muss auch ein systematisches Umdenken
       geschehen.“ Große Säulen der Gesellschaft und Infrastruktur, vor allem der
       Energie- und Verkehrssektor, beruhten auf einem fossilen Wirtschaftssystem,
       das eine schnelle klimafreundliche Transformation verhindere. Das sei zu
       überwinden.
       
       Die Göttinger Gesamtschule, eine IGS, blieb auch über Nacht besetzt. Von
       Montag auf Dienstag übernachteten etwa 40 Jugendliche in Schlafsäcken in
       einem Klassenraum, in den darauffolgenden Nächten bröckelte die Beteiligung
       nach Angaben von Aktivist:innen etwas ab.
       
       ## Mail an die Eltern
       
       Die Schulleitung organisierte einen Sicherheitsdienst. Der sollte nachts
       das Gebäude bewachen und kontrollieren, dass nur Personen Zutritt erhalten,
       die von den Besetzern als Klima-Protestler identifiziert werden.
       
       Schulleiterin Laspe wandte sich in einer Mail an die Eltern der Schüler:
       Eine Übernachtung in der Schule werde zunächst ermöglicht. Das
       Sicherheitspersonal solle gewährleisten, dass die Jugendlichen im Gebäude
       geschützt blieben und sich Außenstehende nicht unerlaubt dem Protest
       anschlössen.
       
       Es sei das Ziel der Schule, die Mädchen und Jungen „auf dem Weg zu
       kritischen, gesellschaftspolitisch bewussten Menschen“ zu unterstützen.
       Eine Anfrage der taz wollte Laspe am Donnerstag nicht beantworten.
       
       Von außen erfahren die Schüler Solidarität: Bioläden spendeten
       Lebensmittel, Eltern kochten. Bisher ist kein Ende in Sicht.
       
       11 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
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