# taz.de -- Neues Gesetz gegen Geldwäsche: „Die FDP schützt hier die Falschen“
       
       > Der Bundestag beschließt am Donnerstag schärfere Regeln gegen Geldwäsche.
       > SPD-Finanzexperte Carlos Kasper ist nur halb zufrieden.
       
 (IMG) Bild: Immobilien dürfen in Deutschland nicht mehr mit Gold bezahlt werden
       
       taz: Herr Kasper, Deutschland gilt als Paradies für Leute, die Vermögen
       verschleiern oder Geld waschen möchten. Sanktionen, die gegen russische
       Oligarchen verhängt wurden, sind schwer durchzusetzen. Warum ist es so
       schwierig, hier durchzugreifen? 
       
       Carlos Kasper: Wir wissen in Deutschland im Allgemeinen viel zu wenig
       darüber, wem Vermögen gehört und woher es kommt. Das liegt unter anderem
       daran, dass wir zu wenig Daten haben. Es gibt zum Beispiel kein zentrales
       digitalisiertes Grundbuch, wo wir abrufen könnten, wem welcher Grund
       gehört. Und bislang ist es in Deutschland noch möglich, Immobilien mit
       Bargeld, Gold, Edelsteinen oder Platin zu bezahlen. Das verbieten wir
       jetzt.
       
       Aber es gibt doch analoge Grundbücher, in denen die Eigentümer eingetragen
       sind? 
       
       Das stimmt. Zum einen sind diese aber nicht über die Grenzen der
       Bundesländer hinweg durchsuchbar. Zum anderen lässt sich nicht automatisch
       nachvollziehen, wer tatsächlich über die Immobilie verfügen kann. Ist zum
       Beispiel eine GmbH als Eigentümerin eingetragen, ist aus dem Grundbuch
       nicht ersichtlich, wem die GmbH gehört. Dazu müsste man ins
       Transparenzregister schauen. Dort sollte vermerkt sein, wer wirtschaftlich
       Berechtigter ist, also über 25 Prozent am Unternehmen hält.
       
       Das ändert sich nun mit dem Sanktionsdurchsetzungsgesetz, das der Bundestag
       am Donnerstag beschließt? 
       
       Die Bundesländer brauchen weitere 9 bis 15 Jahre, um ihre Grundbücher zu
       digitalisieren. Deswegen müssen wir uns als Bund mit einem Trick behelfen.
       Notare müssen jetzt Immobiliendaten an das Transparenzregister melden.
       Außerdem sorgen wir jetzt dafür, dass Unternehmen zumindest begründen
       müssen, wenn sie angeben, dass der wirtschaftlich Berechtigte nicht
       ermittelbar ist. Und ausländische Gesellschaften, die hier
       Immobilienvermögen haben, müssen bis zum 30. Juni angeben, wem sie gehören.
       
       Folgen denn auch Konsequenzen, wenn die Unternehmen keine Eigentümer
       ermitteln können? 
       
       Leider nicht. Das wäre der Wunsch der SPD gewesen, wir wären sogar so weit
       gegangen zu sagen, wenn ihr die wirtschaftlich Berechtigten nicht nennen
       könnt, dann dürft ihr nicht mehr am Rechtsverkehr teilnehmen. Aber das
       wollte die FDP nicht.
       
       Sie sagten ja bereits, dass Immobilien nicht mehr mit Bargeld, Gold oder
       Platin erworben werden können. Aber ansonsten können Jachten oder andere
       Güter weiter mit Bargeld bezahlt werden. Warum gibt es da keine Grenze? 
       
       Wir wollten als SPD-Fraktion eine Bargeldobergrenze von 10.000 Euro, aber
       das Bundesfinanzministerium will, dass zunächst auf europäischer Ebene eine
       generelle Bargeldobergrenze eingeführt wird.
       
       Es wäre also doch möglich, das national zu regeln. Mit welcher Begründung
       wird es abgelehnt? 
       
       Es wird behauptet, Bargeld sei Freiheit und mit einer Bargeldobergrenze
       würde man die Freiheiten von Menschen einschränken.
       
       Sagt die FDP? 
       
       Ja. Aber meiner Ansicht nach schützt die FDP hier die Falschen. Tatsächlich
       bezahlt doch niemand etwas über 10.000 Euro in bar, das sind doch nur
       Kriminelle die Geld von A nach B verschieben.
       
       Schützt die FDP also Geldwäscher? 
       
       So weit würde ich nicht gehen. Aber die Bargeldobergrenze stand auch nicht
       im Koalitionsvertrag, und die FDP war sehr strikt dagegen.
       
       Welche Schlupflöcher bleiben trotz des Gesetzes? 
       
       Wir haben weiterhin ein großes Problem bei Share-Deals, es ist weiter
       möglich, dass Unternehmen Anteile an anderen Unternehmen erwerben und
       darüber Immobilien oder Grundstücke den Besitzer wechseln. Wir haben
       zumindest einen Prüfauftrag an die Bundesregierung durchgesetzt, wie wir da
       besser werden können.
       
       Fazit: Man kann in Deutschland weiterhin gut Geld waschen und sein Eigentum
       verschleiern? 
       
       Das Gesetz ist ein weiterer wichtiger Baustein hin zu einer besseren
       Geldwäschekontrolle.
       
       Die Financial Action Task Force kritisiert die zersplitterte Zuständigkeit
       in Deutschland, wenn es darum geht Sanktionen durchzusetzen und Geldwäsche
       zu bekämpfen. Christian Lindner will nun eine neue Oberbehörde schaffen,
       aber auch die stößt auf Kritik, etwa bei der Gewerkschaft der Polizei. Die
       meint, man solle doch besser die Zollfahndung stärken. Wie sehen Sie das? 
       
       Das ist auch mein Wunsch. Jetzt sorgen wir dafür, dass der Bund die
       Zuständigkeit für die Sanktionsdurchsetzung übernimmt, das ist richtig. Das
       tun wir in einer neuen Behörde, die Zentralstelle für
       Sanktionsdurchsetzung. Ich hätte es besser gefunden, wenn wir bestehende
       Strukturen beim Zollkriminalamt dafür genutzt hätten. Die Dienststellen
       sind im gesamten Bundesgebiet verteilt. Ein zentrales Register für
       sanktioniertes Vermögen ist sinnvoll. Aber es geht zunächst mal darum, das
       zu ermitteln. Beim Oligarchen Alisher Usmanow, der als Putins Statthalter
       in Deutschland gilt, hatten wir es mit einer Jacht in Hamburg und einem
       Haus am Tegernsee zu tun. Da müssen die Behörden vor Ort ermitteln, das
       schafft eine solche Zentrallstelle nicht. Die hat zwar eigene
       Ermittlungsbefugnisse, muss dann aber immer die Fahndungsämter der Länder
       um Amtshilfe von anderen Ämtern bitten. Das kann dauern. Es wundert mich
       sehr, dass die FDP, die immer für einen schlanken Staat ist, extra eine
       neue Behörde gründen will.
       
       Wieviel Personal wird die neue Zentralstelle haben? 
       
       Insgesamt sind 122 Stellen vorgesehen, im nächsten Jahr sollen bis zu 90
       Stellen besetzt werden.
       
       Klingt erst mal nicht so viel. 
       
       Es wird schwierig genug, dafür Personal zu finden. Ein Problem, auf das ich
       hingewiesen habe, ist, dass man bei den Zollfahndungsämtern eine
       Gefahrenzulage erhält, bei der Zentralstelle aber nicht. Da wird es schwer,
       Leute zum Wechseln zu bewegen. Wir haben uns aber als
       Parlamentarier:innen geeinigt, noch einmal zu überprüfen, ob der Plan
       des Bundesfinanzministers so umsetzbar ist.
       
       1 Dec 2022
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Lehmann
       
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