# taz.de -- Comeback im Boxen: Der King hockt wieder auf dem Thron
       
       > Nach dem Sieg von Schwergewichtler Tyson Fury über Derek Chisora rückt
       > ein Kampf gegen Oleksandr Usyk näher. Saudi-Arabien steht als Zahlmeister
       > bereit.
       
 (IMG) Bild: Treffer: Tyson Fury dominiert seinen Gegner Derek Chisora im WM-Kampf
       
       BERLIN taz | Kalt war’s. 60.000 Zuschauer kamen am Samstag nach London ins
       Stadion von Tottenham Hotspur, froren, bis am späten Abend endlich der
       Hauptkampf stieg. Dann sahen sie einen 2,06-Meter-Riesen namens Tyson Fury,
       34, der seinen Gegner Derek Chisora, 38, einen Briten, der aus Simbabwe
       stammt, regelrecht weichschlug. In der 10. Runde machte der Ringrichter
       endlich Schluss.
       
       Tyson Fury aus England, Kampfname „The Gipsy King“, [1][hatte eigentlich im
       April dieses Jahres seinen Rücktritt verkündet], garniert mit dem Hinweis,
       ihm genügten 150 Millionen Pfund auf der Bank. So richtig glaubte die Rede
       vom Rücktritt niemand, und Fury selbst warf auch immer wieder mit Namen um
       sich, die er gewiss schlagen würde. Zu diesen Namen gehörte Derek Chisora.
       
       Zweimal hatten sie vorher schon gegeneinander geboxt, aber das ist schon
       lange her, 2011 und 2014, und beide Kämpfe hatte Fury eindeutig gewonnen.
       Auch seine letzten drei Kämpfe hatte Chisora verloren. Nun waren ihm für
       den mit ziemlicher Sicherheit letzten Kampf seiner Karriere 4,5 Millionen
       Dollar Börse versprochen worden. Ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte.
       Fury nahm 25 Millionen ein.
       
       Gleich in der ersten Runde schüttelte er Chisora mit einem Uppercut durch,
       später bearbeitete er ihn so permanent, dass spätestens nach Runde drei
       klar war: Chisora hat hier keine Chance. Fury dominierte den Kampf mit der
       dauerpräsenten Drohung, ihn jederzeit beenden zu können. Chisora blutete
       aus dem Mund, sein rechtes Auge war zugeschwollen. „Danke an den
       Ringrichter“, sagte Chisora später, er selbst habe im Kampf nicht
       realisiert, dass er eigentlich nicht mehr kämpfen konnte.
       
       ## Vor dem Vereinigungskampf
       
       Tyson Fury bleibt nun wohl noch eine Weile im Ring. [2][Oleksandr Usyk]
       sollte – und wird wohl – der nächste Gegner sein. Der Ukrainer, der sich
       den Kampf in London am Ring anschaute, ist seit September 2021 Weltmeister
       von IBF, WBA und WBO. Sollte er, wie es gerade kolportiert wird, im
       Frühling gegen Fury boxen, der den WBC-Titel trägt, [3][könnte das
       Schwergewichtsboxen nach langer Zeit wieder einen Boxer haben, der die
       Titel aller wichtigen Verbände trägt].
       
       Gegen den 35-jährigen Usyk hat Fury bislang noch nie geboxt, verächtlich
       nennt er ihn einen „aufgepumpten Mittelgewichtler“. Doch die jüngsten
       Kämpfe des Ukrainers, der wegen des russischen Krieges in seiner Heimat
       eine Weile das Training unterbrach und sich zur Armee meldete, zeigten,
       dass er mit Variantenreichtum und einer aus seiner guten Technik
       resultierenden Schlaghärte das Zeug hat, auch Fury zu schlagen. Furys
       Beleidigungen klangen manchmal nach Angst vor Usyk.
       
       Die absurde Summe von 500 Millionen Pfund nannte Fury einmal, die er
       verlange, wenn er gegen Usyk antrete. Am Samstagabend klang der Engländer
       deutlich sachlicher: „Usyk ist bereit für die Herausforderung. Er ist heute
       Abend herübergekommen, wir sollten also fair miteinander umgehen. Er ist
       kein leicht zu verstehender Boxer: ein geschickter Rechtsausleger, mit sehr
       guten Skills, Olympiasieger und in guter Form. Da freue ich mich auf die
       Herausforderung.“
       
       Nach dem Kampf gab Fury auch zu, dass er sich bei einer Aktion die Hand
       verletzt hatte und dass er Schmerzen in beiden Ellenbogen hat. Links war er
       bereits operiert worden, doch er benötigt weiterhin schmerzbetäubende
       Mittel. „Manchmal finden die großen Kämpfe aus irgendeinem Grund nicht
       statt“, orakelte Fury am Samstag und nannte wieder andere Namen, gegen die
       er ja dann boxen könne. Aber, fügte er hinzu, „ich habe ein gutes Gefühl,
       dass dieser Kampf stattfinden wird“. Sein Gefühl dürfte davon bestärkt
       werden, dass Saudi-Arabien Austragungsland werden soll. Die Börsen, die
       Fury so vorschweben, sind dort leichter zu erreichen.
       
       Und wenn das nichts wird? Die in Großbritannien angesiedelte „Bare Knuckle
       Fighting Championship“, der Boxverband, der auf traditionelle Weise Kämpfe
       ohne Handschuhe durchführt, hat Tyson Fury ein Angebot gemacht. Das ist
       nicht ganz so absurd, wie es auf den ersten Blick erscheinen könnte. Fury,
       der zu den „Irish Travellers“ gehört – daher der Kampfname „Gipsy King“ –,
       ist in der Tradition des historischen Boxens großgeworden, sein Vater John
       und sein Bruder Tommy sind Bareknuckle-Profis, und laut Angebot, das er
       bekam, soll er nicht nur kämpfen, sondern vor allem sein Geld in die
       Entwicklung dieser Sportart stecken.
       
       Wieder eine interessante Idee, was man in kalten englischen Nächten so
       machen kann.
       
       4 Dec 2022
       
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