# taz.de -- Kindheitserinnerungen an Trickfiguren: Von Blobs, Turtles und Slimer…
       
       > Wenn unsere Autorin vor Mammut-Aufgaben steht, denkt sie an Figuren aus
       > Computerspielen und Trickserien zurück, die in der Kindheit so richtig
       > rockten.
       
 (IMG) Bild: Szene aus der Comicserie „The Real Ghostbusters“ (1986-1991)
       
       Es gibt Serien wie „Grey’s Anatomy“, mit denen man sich durch Lebenskrisen
       retten kann. So nach dem Motto: Selbsttherapie mit Kuscheldecke. Linus von
       den „Peanuts“ wusste das. Was mir aber vor zwei Jahren im Winter durch die
       Schreibchallenge Doktorarbeit geholfen hat, war ein Computerspiel auf dem
       Handy namens Slime Pizza oder, wie ich es immer nannte, „Pizza Blob“. Wenn
       ich nicht mehr denken konnte, stand ich mit Kippe und Kaffee im Hof und
       spielte den kleinen grünen Blob. Ein nicht weiter definierter Slime Pizza
       Delivery Boy crasht in dem Spiel mit seinem Raumschiff auf einen Planeten,
       der Bordcomputer hat einen Virus, und er muss all die Pizzastücke
       aufsammeln, die sich beim Aufprall im ganzen Schiff verteilt haben. Ohne
       Pizzaslice kein nächstes Level.
       
       Pizza Blob war für mich wahrscheinlich so beruhigend, weil er eine Mischung
       aus den Teenage Mutant Ninja Turtles ist, die bekanntlich gaga nach Pizza
       waren, und Slimer von den „Ghostbusters“, dem grünen Blob, der in der
       Comicserie immer alles snacken will, was ihm begegnet. Zu
       Kindheitserinnerungen zurückzukehren, wenn ich vor einer seriösen
       Mammutaufgabe stehe, hat mir schon immer geholfen. Das hat so was von einem
       beruhigenden Ausgleich dafür, dass man das nächste Level nur aus eigener
       Kraft erreichen kann.
       
       Und wenn wir die Turtles ernst nehmen, sind die anthropomorphisierte
       Schildkrötencrew und ihr Rattenlehrer das Plädoyer der Achtziger für die
       Anerkennung der Koexistenz menschlicher und nichtmenschlicher Wesen auf
       diesem Planeten, über die wir heute so viel diskutieren. Klar driftete das
       manchmal in den leidigen „A Damsel in Distress“-Plot ab, wenn die Turtles
       die Nachrichtenreporterin April O’Neil vor irgendwas retten mussten. Aber
       so hilflos war die Figur, die zunächst als Computerprogrammiererin angelegt
       war, gar nicht. Kann bei einer Reporterin, die sich durch die Glasdecke des
       sexistisch geprägten Medienbusiness gesprengt hat, auch gar nicht sein.
       
       ## Lila ist die Farbe der Bösewichte
       
       Die Gegner sahen aus wie Punks und Underdogs, und die Erkennungsfarbe der
       Foot Soldiers, gegen die die Turtles ständig kämpfen musste, war Lila. Über
       das Besessensein von Lila als Farbgebung des Bösen in animierten Serien und
       Filmen der Achtziger lassen sich sicher auch ganze Doktorarbeiten
       schreiben, von Skelotor in „He-Man“ bis zu [1][Ursula in „Arielle, die
       Meerjungfrau“], einer Figur, die längst zur Lesbenikone aufgestiegen ist.
       
       Der rassistische Reflex gegen die Besetzung von [2][Halle Bailey als Ariel]
       in der neuen Verfilmung von „Arielle“ erinnert im Übrigen stark an die
       Kampagne gegen [3][die weibliche Besetzung von „Ghostbusters: Answer the
       Call“] 2016. So lustig der Film war, Lady Slimer, die Love Interest für
       Slimer, die nach dem Put-a-bow-on-top-Prinzip einfach Lippenstift und
       Schleife angeklatscht bekam, hätte er sich allerdings sparen können. Ich
       sehe Slimer viel eher an der Seite von Pizza Blob durch die Galaxis
       schwirren. Noch ein Slice, bitte.
       
       9 Dec 2022
       
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