# taz.de -- Berliner Verwaltungsmisere: „Das dauert mindestens fünf Jahre“
       
       >  Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch stellt Leitlinien für eine
       > Verwaltungsreform vor. Die sei nur mit Konsequenz und Zähigkeit
       > umzusetzen
       
 (IMG) Bild: Eine besser funktionierende Verwaltung ist ein großes Thema vor der Wahlwiederholung am 12. Februar
       
       BERLIN taz | Verwaltungsabläufe beschleunigen, aber nicht schlicht
       zentralisieren, mehr Mitarbeiter gewinnen, ohne mehr zahlen zu können,
       Dinge umsetzen, die schon länger klar sind, aber dennoch nicht voran
       kommen: Das [1][„Update Berlin!“], das Grünen-Spitzenkandidatin Bettina
       Jarasch am Mittwoch vor Journalisten präsentiert hat, kommt einer Quadratur
       des Kreises nahe.
       
       Wenn man eine Verwaltungsreform wirklich wolle, brauche das „Konsequenz und
       Zähigkeit“, war von Jarasch zu hören. Und viel Zeit: „Das dauert mindestens
       fünf Jahre.“ 42 Seiten umfasst die Broschüre, die sie vorlegt, erarbeitet
       nach Grünen-Angaben von mehr als 100 Verwaltungsexperten. Eine von ihnen:
       Monika Herrmann, die Exbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg: Die
       sieht die Verwaltungsmisere als Langzeitfolge einer Nachlässigkeit bei der
       Gründung Groß-Berlins 1920. Da sei eben nicht festgeschrieben worden,
       welche Ebene für was zuständig sei: der Magistrat und später der Senat oder
       die Bezirke. Diesen fortwährenden Zustand beschrieb Jarasch als
       „organisierte Verantwortungslosigkeit“.
       
       Erste Vorstöße in diese Richtung hatten die Grünen jüngst über [2][eine
       Rede von Fraktionschef Werner Graf] im Abgeordnetenhaus und einen
       Leitantrag bei ihrem Parteitag gemacht: Vieles funktioniere nicht in
       Berlin, die gescheiterte und [3][nun zu wiederholende Wahl vom 26.
       September 2021] sei nur die Spitze des Eisbergs. Da seien ja gute Punkte
       dabei, lobte auch der Landeschef der CDU, Kai Wegner, eine Woche später bei
       deren Parteitag – aber die Grünen würden doch schon sechs Jahre mitregieren
       und hätten das ja ändern können. Man habe ja nicht erst jetzt damit
       angefangen, antwortete Jarasch nun auf eine entsprechende Frage, außerdem
       habe „die Binnensicht des Regierungsalltags“ geholfen, viel dazu zu lernen.
       
       Bei einer besseren Zuordnung von Zuständigkeiten trennt die Grünen im Kern
       wenig von der CDU – oder dem, was jüngst der dafür zuständige Staatsekretär
       Ralf Kleindiek (SPD) im Senat vorstellte (siehe Kasten). Es geht aus
       Grünen-Sicht aber nicht ohne umfassende Einbindung der Bezirke. Ihnen am
       Ende, so wie zumindest grob von Kleindiek angedacht, nur die Zuständigkeit
       etwa für Volkshochschulen und örtliche Museen zu lassen, sah
       Exbürgermeisterin Herrmann nicht als motivierend an. Dass Kleindieks
       Eckpunkte ohne Beteiligung der Bezirke entstanden seien, kam laut Jarasch
       zudem bei deren Bürgermeistern parteiübergreifend nicht gut an.
       
       Mit Blick auf Reformvorschläge der CDU hielt Jarasch nichts von einem
       großen Verfassungskonvent. Der sorge nur für monatelange Verzögerung.
       Außerdem seien die meisten Dinge ohne Verfassungsänderungen machbar, die
       eher am Ende der Reform stehen sollen.
       
       Für nicht machbar hält Jarasch auch die [4][Anregung von CDU-Chef Wegner],
       die Berliner Verwaltungsmitarbeiter besser zu bezahlen, nämlich auf dem
       Niveau von Bundesbehörden, mit denen das Land Berlin um Arbeitskräfte
       konkurriert. „Nicht, dass das nicht wünschenswert wäre“, sagte Jarasch.
       Aber es ist aus ihrer Sicht nicht zu bezahlen – „wir können nicht einen so
       großen Schluck aus der Pulle nehmen.“
       
       8 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://gruene.berlin/fileadmin/BE/lv_berlin/Wahl_2023/Update_ein_neues_Fundament_fuer_eine_funktionierende_Stadt.pdf
 (DIR) [2] /Giffey-lobt-Gruenen-Fraktion-kritisiert/!5892496
 (DIR) [3] https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1265423.php
 (DIR) [4] https://www.tagesspiegel.de/berlin/gendarmenmarkt-vergrossern-berliner-cdu-spitzenkandidat-wegner-legt-eigenen-plan-fur-friedrichstrasse-vor-8916826.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bettina Jarasch
 (DIR) Monika Herrmann
 (DIR) Kai Wegner
 (DIR) Verwaltung
 (DIR) Franziska Giffey
 (DIR) Bürgeramt
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
 (DIR) Wahlkampf
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bericht der Senatsfinanzverwaltung: Behörden droht Personalkollaps
       
       Bis 2031 scheidet jeder und jede Dritte in Berlins öffentlichem Dienst aus.
       Der Ausgleich durch Neueinstellung gestaltet sich schwierig.
       
 (DIR) Berliner Wahlwiederholung am 12. Februar: Dann bis nächste Woche
       
       Bei seiner letzten Sitzung vor der Wahl beschließt der rot-grün-rote Senat
       Eckpunkte einer Verwaltungsreform. Sie soll vor allem Kompetenzen klären.
       
 (DIR) Nebeneffekt der Wiederholungsswahl: Rückschlag bei Amtsterminen
       
       Weil sechs Bürgerämter seit Dezember wegen der Wahlwiederholung geschlossen
       sind, ist die Quote bei der Terminvermittlung um ein Drittel gesunken.
       
 (DIR) Grüne Spitzenkandidatin im Wahlkampf: Die Mühen der Straße
       
       Bettina Jarasch will Franziska Giffey als Regierende ablösen. Fünf Wochen
       bleiben ihr, die Wähler*innen zu überzeugen. Es wird ein knappes Rennen.
       
 (DIR) Wahlkampf in Berlin: Wegner fährt schon mal den Wagen vor
       
       Die CDU hat Chancen, bei der Wahlwiederholung stärkste Partei zu werden.
       Ihr noch recht unbekannter Spitzenkandidat wirbt um Stimmen bei
       Autofahrern.
       
 (DIR) Parteitag der Berliner Grünen: Alles für die Show
       
       Die Grünen nominieren nochmals Bettina Jarasch als Nr. 1. Die lobt nun das
       Klima-Volksbegehren und will Abstimmung parallel zur Wahl am 12. Februar.
       
 (DIR) Kommission zu Wahlchaos in Berlin: Ein Weckruf für die Politik
       
       Berlin muss das Verhältnis von Land und Bezirken neu regeln. Die
       Erkenntnisse der Wahl-Kommission zeigen: Das muss schnell passieren.