# taz.de -- Zahlen bei der Katar-WM: Fußballs Sieg über die Statistik
       
       > Passquoten, Expected Goals, Ballbesitzverteilung – bei der WM werden jede
       > Menge Daten erhoben. Nur: Erklärungen liefern sie nicht wirklich.
       
 (IMG) Bild: Gute Daten, schlechtes Spiel: Der Blick auf das Tablet hilft auch nicht weiter
       
       Manchmal spielen sie auf der großen betonierten Fläche vor der
       Metro-Station Hamad Hospital Cricket. Das ist für mich, der die Zeichen
       dieses Spiels nicht versteht, ein Buch mit sieben Siegeln. Aber wie wirkt
       der Fußball wohl auf diese Inder? Muss er ihnen nicht auch als durch und
       durch komisches, ja irrationales Spiel erscheinen? Wenn man nicht damit
       aufgewachsen ist, kann der Kick beim Kick schon mal fehlen. Fußball ist ja
       auch so merkwürdig, weil er sich statistisch schlecht fassen lässt. Zwar
       gibt es mittlerweile viele Datenströme, Tabellen und Analysen. Aber welchen
       Erkenntnisgewinn liefern sie? Wenig, wie ich finde.
       
       [1][Beim Basketball zum Beispiel lebt alles in und mit der Statistik], sie
       spiegelt das Spiel in nahezu perfekter Weise. Das geht so weit, dass ich
       mir nur den Boxscore einer Partie ansehen muss, um zu wissen, wie die Sache
       gelaufen ist.
       
       Ich könnte die Punkte abdecken und wüsste trotzdem, wer gewonnen hat. Da
       reicht manchmal die Dreierquote, um im Bilde zu sein. Im Fußball dagegen
       gewinnt die Mannschaft mit weniger Ballbesitz (Japan, Marokko etc. pp.). Es
       verliert das Team mit der besseren Zweikampfquote, was zuletzt oft in den
       DFB-Matches gegen Spanien passierte.
       
       ## Das Team mit den besseren Zahlen verliert
       
       Im Fußball [2][verliert auch die Elf mit der besseren Passquote], den
       besseren Chancen, dem weit höheren Expected-Goal-Wert (siehe Argentinien
       gegen Saudi-Arabien). Und das passiert nicht nur ausnahmsweise, sondern
       regelmäßig. [3][Die Werte werden erhoben, man kann darauf schauen] – oder
       es bleiben lassen. Gleiches gilt für die Kritzelbilder mit den gespielten
       Pässen pro Partie. Sie mögen für den Assistenten des zweiten Co-Trainers
       interessant sein, nicht aber für normale Connaisseure.
       
       Die Fifa hat bei dieser WM auch ein Datencenter eingerichtet, und ich habe
       lange in diesen Registern mit recht hübschen Grafiken gekramt, aber ich
       nehme da fast nichts mit. Gibt es im Fußball keine Supervariablen, die
       alles erklärend sind? Die ultimative Fußballformel zur Dechiffrierung des
       Spiels, was ist damit? Es ist wohl so: Um die Komplexität des Fußballs zu
       erfassen, sind Erfahrung und ein geübtes Auge vonnöten, das Vermögen, all
       die zum Teil unnützen Daten kreativ zusammenzuführen. Aber das ist eben
       eine qualitative Wissenschaft und keine quantitative.
       
       Oder wie der Müller Thomas sagt: Der Fußball ist ein Ergebnissport.
       Spielverläufe werden auf den Kopf gestellt. Ja, ein richtiger Sauhund ist
       er, der Fußball. Er macht, was er will. Ist ja auch wieder schön, nicht
       wahr.
       
       14 Dec 2022
       
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