# taz.de -- Ruhestand von ZDF-Sportreporter: Bye-bye, Béla
       
       > ZDF-Mann Béla Réthy geht in Rente. Ein bloßer Fußballreporter?
       > Mitnichten: Eine menschgewordene Ära verlässt die Pressetribüne.
       
 (IMG) Bild: Stimme des grünen Rasens: Béla Réthy bei seinem letzten WM-Spiel als ZDF-Reporter
       
       Zugegeben, den rührseligen, ja kitschigen Ton hat sein Arbeitgeber
       vorgegeben. Dass sich bei ihm nämlich der langjährige Mitarbeiter [1][Béla
       Réthy] im Alter von 66 Jahren in den Ruhestand verabschiedet, war dem ZDF
       mehr wert als ein Stehempfang in dessen Büro, bei dem ein von den Kollegen
       gespendeter 50-Euro-Büchergutschein überreicht wird. Gesungen wurde im
       Studio, ein Video, das vor allem Réthys Frisurenwandel belegte, wurde
       gezeigt, und Ex-Profis bekannten, dass sie den Mann lieben.
       
       Doch tatsächlich ist die Tränendrüsendrückerei begründet. Mit Béla Réthy
       geht ein [2][Sportjournalist] aus einer anderen Zeit. 1989 hatte ich mich
       an das ZDF gewandt, weil Réthy mit – und das überrascht jetzt vielleicht
       noch mehr – Marcel Reif eine Reportage über die Abwicklung des DDR-Sports
       gedreht hatte. Ich bat ganz höflich um das Manuskript oder einen
       Mitschnitt, doch darauf war das ZDF damals fast noch weniger vorbereitet
       als die DDR auf freie Demonstrationen. Jedenfalls schrieb mir Béla Réthy
       per Hand einen mehrseitigen Brief, in dem er nicht nur begründete, warum
       das mit dem Mitschnitt schwierig sei („aber wenn Sie mal in Mainz sind,
       können Sie es bei uns sehen“), sondern auch meine inhaltlichen Fragen
       ausführlich beantwortete.
       
       Eine andere Form von Respekt hatte ich vor ihm, als bei Olympischen
       Spielen, es müsste 1988 gewesen sein (oder 1992? Mein Gedächtnis ist nicht
       so gut wie das des Fußballhistorienanekdötchenerzählers Réthy!) die
       ungarische Rückenschwimmerin Krisztina Egerszegi ganz groß rauskam, aber,
       da sie kein Englisch sprach, von internationalen Medien kaum beachtet
       wurde. Da schickte das ZDF seinen Nicht-Schwimmexperten Béla Réthy an den
       Beckenrand, um den Weltstar auf Ungarisch zu interviewen und das Ganze
       quasi simultan zu übersetzen.
       
       Ich fand das beeindruckend. Später kümmerte sich Réthy beim ZDF fast nur
       noch um Fußball, und dass er auch fließend Portugiesisch spricht, half bei
       so manchem Interview mit brasilianischen Weltklassekickern. Seine Sprache,
       genauer: seine Stimme sorgte dafür, dass Réthy, wie man vermeintlich
       unparteiisch formuliert: [3][umstritten] war.
       
       Beschimpft wurde Réthy schon vor der Internetzeit, aber damals weniger, und
       nur selten wurden Postkartenmassen in Waschkörben in sein Büro getragen.
       Schaut man heute in die Social-Media-Kommentare, finden sich bereits
       während Réthys Fußballeinsätzen noch üblere Verleumdungen, und zwar
       deutlich mehr. Aber Réthy, so kommt es mir vor, ist langsam in diese Zeit
       reingewachsen. Er wundert sich über den Hass, aber er leidet nicht
       darunter.
       
       1988 hat Krisztina Egerszegi übrigens über 100 Meter Rücken gar nicht
       gesiegt, sie gewann Silber. Gold ging an Kristin Otto. Auch eine andere
       Zeit. Heute ist Otto eine ZDF-Kollegin von Béla Réthy.
       
       15 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Archiv-Suche/!5899034&s
 (DIR) [2] /Archiv-Suche/!485031&
 (DIR) [3] /ZDF-Kommentator-Bela-Rethy/!5516183
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fußball-WM 2022 Katar
 (DIR) Sportjournalismus
 (DIR) ZDF
 (DIR) Kolumne Press-Schlag
 (DIR) Reporter
 (DIR) Frauen-WM 2019 
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2021 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Holpriges Fußball-Deutsch im TV: Der Fußball kommt zum Abschluss
       
       Reporterinnen und Reporter reden immer öfter gekünstelt, unverständlich und
       letztlich falsch über den Fußball. Warum denn eigentlich?
       
 (DIR) Nachruf auf Sportreporterlegende Oertel: „Waldemar, Waldemar ist da“
       
       Die DDR-Sportreporterlegende Heinz-Florian Oertel ist tot. Ein Satz vor dem
       Mikrofon verhalf ihm zur Berühmtheit.
       
 (DIR) ZDF-Kommentator Béla Réthy: Bedienungsanleitung einer Aalreuse
       
       Er wird das WM-Finale kommentieren: Béla Réthy. Von vielen wird der
       ZDF-Reporter verspottet. In Wahrheit ist er der Anwalt des Publikums.
       
 (DIR) EM-Spiele live kommentieren: Jetzt kann jeder Réthy
       
       Die Fernsehkommentare zu den Spielen sind nicht selten eine Zumutung. Auf
       marcel-ist-reif.de kann man es jetzt selber besser machen. Oder noch
       schlechter.
       
 (DIR) So schlagen wir Österreich: Deutschland, wir haben ein Problem!
       
       Bis zur 24. Minute war alles gut. Dann fiel gegen Kroatien das 0:1 und
       ZDF-Kommentator Réthy ein, dass doch alles schlecht ist. Was muss sich
       ändern?