# taz.de -- Streit um Klima-Volksentscheid in Berlin: Wahrscheinlich zwei Termine
       
       > Volksentscheide müssen mit Wahlen zusammengelegt werden. Beim
       > Klimaentscheid wird das immer unwahrscheinlicher. Ein Skandal, findet die
       > Initiative.
       
 (IMG) Bild: Beim Protest vor dem Roten Rathaus, in das sie bald selbst einziehen will: Bettina Jarasch
       
       BERLIN taz | Der Volksentscheid „Berlin klimaneutral 2030“ wird wohl nicht
       am 12. Februar parallel zur [1][Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl
       stattfinden]. Das legen Äußerungen der Mobilitätssenatorin und grünen
       Spitzenkandidatin Bettina Jarasch vom Freitag nahe. Die SPD geführte
       Innenverwaltung von Iris Spranger habe „von Anfang an“ keine Alternative zu
       zwei getrennten Terminen gesehen, sagte Jarasch vor Journalist*innen. „Dann
       ist am Ende natürlich klar, dass sich diese Prophezeiung auch selbst
       erfüllt.“ Der rot-grün-rote Senat muss laut Gesetz den Termin der
       Abstimmung festlegen, dies soll am kommenden Dienstag passieren.
       
       Die Grünen und ihre Spitzenkandidatin hatten sich [2][vehement für eine
       gemeinsame Abstimmung eingesetzt]. Zuletzt beteiligte sich Jarasch sogar an
       von Klima- und Demokratieaktivist*innen organisierten
       Demonstrationen vor der dienstäglichen Senatssitzung, in der sie selbst
       sitzt. Auch die Linke hatte auf einen gemeinsamen Termin gedrängt.
       
       Die Innenverwaltung hatte indes bereits am 16. November mitgeteilt, ein
       gemeinsamer Termin sei „unwahrscheinlich“. An jenem Tag hatte das Berliner
       Verfassungsgericht die Abgeordnetenhauswahl von 2021 für ungültig erklärt;
       zwei Tage zuvor hatte die Initiative Klimaneustart Berlin [3][rund 260.000
       Unterschriften für einen Entscheid eingereicht.]
       
       Der neue Landeswahl- und -abstimmungsleiter Stephan Bröchler hatte nach
       eigener Aussage schon früh mit der Möglichkeit gerechnet, dass es zu einem
       Entscheid am Tag der Wahl kommen könnte. Mitte Oktober auf diese Option
       angesprochen, [4][hatte Bröchler vor Journalisten erklärt]: „Darauf müssen
       wir uns einstellen.“ Das geschah jedoch offenbar nicht. Zuletzt hatte
       Bröchler mehrfach die Organisation allein der Wahl als
       [5][„Herkulesaufgabe“] bezeichnet und betont, auf keinen Fall dürften sich
       Pannen wie am 26. September 2021 wiederholen. Diese waren der Grund für die
       nun nötige Wiederwahl.
       
       Jarasch selbst sieht die Fehler nicht bei Bröchler. „Dem Landeswahlleiter
       möchte ich hier keinen Vorwurf machen“, erklärte sie weiter. Sie wies aber
       darauf hin, dass es vor der Wahl 2021 eine Ausschreibung gegeben habe mit
       der Option, kurzfristig mehr Papier zu bestellen, falls es auch zum
       Enteignungs-Volksentscheid kommen würde. „Mit so einer Option hätte man die
       Ausschreibung auch dieses Mal durchführen können und hätte dadurch kein
       Geld verschwendet. Aber man hat es offensichtlich nicht gemacht.“
       
       ## Neuer Termin erst im April?
       
       Laut Berliner Verfassung muss, sofern die Sammlung von Unterschriften
       erfolgreich verlaufen ist, innerhalb von vier Monaten ein Volksentscheid
       stattfinden; dieser ist juristisch gleichrangig mit Wahlen. Zeit wäre dafür
       nun bis Anfang April. Allerdings müsste dann auch zwei Mal die komplette
       Organisation einer Wahl erfolgen, samt Mobilisierung von Wahlhelfer*innen.
       
       Die Initiative drängt auf einen gemeinsamen Termin, weil dabei aller
       Erfahrung nach die Wahlbeteiligung deutlich höher ausfällt und die
       Wahrscheinlichkeit gegen Null geht, dass ein Entscheid am Quorum scheitert:
       Damit der vorgelegte Gesetzentwurf, der dem Land vorschreibt, [6][bis 2030
       klimaneutral zu werden], gültig wird, muss eine Mehrheit der Abstimmenden
       dafür votieren – und diese Mehrheit muss gleichzeitig mindestens 25 Prozent
       aller Wahlberechtigten umfassen.
       
       ## „Schwere Versäumnisse“
       
       Die Initiative Klimaneustart Berlin warf der Innenverwaltung am Freitag
       „schwere Versäumnisse“ vor. Von ihr beauftragte Rechtsexpert*innen
       sähen nach eingehender Prüfung „keine stichhaltige Begründung für getrennte
       Wahltermine“, heißt es in einer Mitteilung. Der Erfolg des Volksbegehrens
       sei absehbar gewesen. Dennoch sei bei den Vorbereitungen zur
       Wahlwiederholung im Februar der anstehende Volksentscheid „bewusst
       ausgeklammert“ worden.
       
       Die Initiative wies insbesondere das Argument zurück, es könne nicht mehr
       schnell genug Papier besorgt werden. „Nachfragen bei mehreren Druckereien
       haben gezeigt, dass die Unterlagen innerhalb von zwei Wochen oder bei
       Eilaufträgen sogar innerhalb weniger Tage gedruckt und nach Berlin
       geliefert werden können“, heißt es in der Mitteilung. Ohne stichhaltige
       Begründung würden die erheblichen Mehrkosten für getrennte
       Abstimmungstermine in Kauf genommen. „Das ist ein handfester Skandal.“
       
       2 Dec 2022
       
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