# taz.de -- Messerattacke in Baden-Württemberg: Entsetzen nach Tod von 14-Jähriger
       
       > In Baden-Württemberg stirbt ein Mädchen nach einem Messerangriff, ein
       > Geflüchteter wird verdächtigt. Die AfD instrumentalisiert die Tat sofort.
       
 (IMG) Bild: Blumen und Kerzen erinnern am Tatort in Illerkirchberg an die beiden angegriffenen Mädchen
       
       BERLIN taz | Nach dem tödlichen Messerangriff auf eine 14-jährige Schülerin
       in Illerkirchberg (Baden-Württemberg) gibt es bundesweit bestürzte
       Reaktionen. „Die furchtbaren Nachrichten aus Illerkirchberg erschüttern
       mich“, teilte [1][Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)] mit. Sie
       trauere um das getötete Mädchen und hoffe, dass ihre verletzte Begleiterin
       gesund wird. „Die Polizei ermittelt mit Hochdruck alle Hintergründe“,
       versicherte Faeser.
       
       Auch [2][Grünen-Parteichef Omid Nouripour] erklärte, die Nachricht des
       Verbrechens sei „kaum auszuhalten“. Der Rechtsstaat müsse die Täter zur
       Rechenschaft ziehen. CDU-Bundesvorstandsmitglied [3][Serap Güler] zeigte
       sich ebenso „schockiert und fassungslos“. Sie fühle Trauer und tiefes
       Mitgefühl, aber auch Wut gegen den Täter, „der heute ein Leben genommen und
       viele weitere erschwert hat“.
       
       Der Bürgermeister von Illerkirchberg, Markus Häußler (parteilos), sagte
       Lokalmedien, die Gemeinde stehe unter Schock. Man werde den betroffenen
       Familien zur Seite stehen.
       
       „Es ist furchtbar.“ Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU)
       versprach, die Tat werde „restlos aufgeklärt“. Die 14-Jährige sei „jäh aus
       dem Leben gerissen“ worden. Er sei in Gedanken bei den Hinterbliebenen.
       
       ## Unvermittelter Angriff auf die Schülerinnen
       
       Laut Polizeiangaben hatten Zeugen am Montagmorgen gegen 7.30 Uhr gemeldet,
       dass in Oberkirchberg bei Illerkirchberg im östlichen Alb-Donau-Kreis ein
       13- und ein 14-jähriges Mädchen von einem Mann mit einem Messer angegriffen
       wurden. Beide waren auf dem Weg zur Schule. Die 14-Jährige, laut Polizei
       eine Deutsche mit Migrationsgeschichte, wurde noch vor Ort wiederbelebt,
       verstarb aber in der Klinik. Die 13-Jährige wurde schwer, aber nicht
       lebensgefährlich verletzt.
       
       Der Angreifer sei aus einer benachbarten Asylbewerberunterkunft gekommen
       und nach der Tat dorthin zurückgeflüchtet, teilte das Polizeipräsidium Ulm
       mit. Als Spezialkräfte anrückten, seien diese auf drei Bewohner gestoßen,
       alle Geflüchtete aus Eritrea. Einer, ein 27-Jähriger, war verletzt und
       musste in ärztliche Behandlung. Bei ihm wurde ein Messer gefunden, das als
       Tatwaffe in Betracht komme. Er befinde sich nun unter polizeilicher
       Bewachung im Krankenhaus. Die anderen beiden Männer wurden zur
       Polizeidienststelle mitgenommen, sind aber mittlerweile wieder auf freiem
       Fuß.
       
       Wie die Ermittler am Dienstag mitteilten, wurde gegen den 27-Jährigen
       Haftbefehl erlassen. Ihm wird Mord sowie versuchter Mord vorgeworfen. ist
       Haftbefehl gegen den Verdächtigen erlassen worden. Laut Polizei äußerte
       sich der Mann bei der Vorführung in der Klinik nicht.
       
       Das Motiv der Tat werde noch ermittelt. Ebenso werde geklärt, ob der
       Tatverdächtige und die beiden Mädchen sich vorher kannten. Vor Ort rief die
       Tat auch Erinnerungen wach an einen Übergriff von 2019 in der Region.
       Damals hatten vier Männer aus dem Irak und Afghanistan ein 14-jähriges
       Mädchen in einer Unterkunft mehrfach vergewaltigt – sie wurden zu
       Haftstrafen von gut zwei Jahren verurteilt.
       
       Polizei und Staatsanwaltschaft richteten nach der jetzigen Tat einen Appell
       an die Öffentlichkeit: Man sei sich bewusst, „dass Ereignisse dieser Art
       Ängste und Emotionen schüren“. Man bitte aber darum, „keinen
       Generalverdacht gegen Fremde, Schutzsuchende oder Asylbewerber allgemein zu
       hegen oder solchem Verdacht Vorschub oder Unterstützung zu leisten“.
       
       ## Instrumentalisierung der Tat von rechts
       
       Der Wunsch aber verhallte schnell. Denn noch am Montagabend tat die AfD
       genau das. Die AfD-Bundesvize Mariana Harder-Kühnel twitterte zu der Tat,
       „dieser Staat ist dysfunktional“. Ihre Forderung: „Kriminelle Migranten
       abschieben, Grenzen dicht.“ AfD-Bundesvorstandsmitglied Maximilian Krah
       ätzte, „Masseneinwanderung ist Messereinwanderung“. Der
       AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer twitterte: „Wäre ich Innenminister,
       säße der Täter von Illerkirchberg bereits im Abschiebeflieger.“
       
       Und auch Thüringens AfD-Chef Björn Höcke erklärte, „es gibt kein sicheres
       Hinterland mehr“. Der AfD-Bundesverband schrieb auf seinem Facebook-Account
       wiederum, „die wahren Täter sitzen in der Bundesrepublik“. Die
       „verantwortungslose Politik der offenen Grenze muss aufhören“.
       
       Der Linken-Politiker Bernd Riexinger kritisierte die AfD für diese
       Äußerungen scharf. „Statt um das tote Mädchen in Illerkirchberg zu trauern,
       innezuhalten und mal den Mund zu halten, nutzen die AfD-Nazis sofort die
       Gelegenheit, um gegen Geflüchtete zu hetzen“, twitterte er. „Das ist
       niederträchtig und zeigt mal wieder, wes Geistes Kind sie sind.“
       
       6 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
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