# taz.de -- Alter, Zeitalter und Mode: Achtung bei der Schluppenbluse
       
       > Im Alter wird die Klamottenfrage individueller beantwortet. Das liegt an
       > unserem Mode-Gedächtnis. Wie gut, wenn man alten Style eingelagert hat.
       
 (IMG) Bild: Davon rät die Frauenzeitschrift ab: „Was Sie älter macht: Schluppenblusen“
       
       Anti-Aging-Ratschläge können der Horror sein, da robbt sich die Todesangst
       schon heran. Lange Strickjacken, Tweed, Neonfarben, Perlohrringe seien
       unbedingt zu vermeiden, um nicht alt auszusehen, verkündete eine Website.
       „Was Sie älter macht: Schluppenblusen“, warnte die Frauenzeitschrift
       Freundin. Brigitte-Wir, das Magazin für Frauen um die 70, empfahl wiederum
       in der neuen Modestrecke: Schluppenblusen. Mit großen Schleifen am Hals in
       Blau, Weiß und Grün, als wäre man ein verpacktes Geschenk. Ich fand die
       Fotos trotzdem cool.
       
       Die Altersforschung sagt, 70-Jährige seien heterogener als 30-Jährige, das
       habe was mit Genetik plus Persönlichkeit plus Lebenserfahrung zu tun. Auch
       die Klamottenfrage wird individueller beantwortet. Wobei einem die
       aktuellen Trends entgegenkommen. Erinnert sich noch jemand an die 60er,
       70er Jahre, als Hosen aus Elastikstoff und mit Gummiband in der Taille und
       „Bequemschuhe“ mit dicken Kreppsohlen klare Zeichen waren, dass man
       irgendwie alt und ausgemustert war? Vorbei. „Relaxing Fit“ ist cool.
       „Work-Life-Balance“: Man kann in Dehnhosen mit Kordel in der Taille ins
       Büro gehen und wirkt super hip. Wer in Skechers-Schlupfschuhen mit
       Softfußbett und nur angedeutetem Schnürband herumschleicht, ist ganz up to
       date. Ich trage wie alle Teenies coole wirbelsäulenfreundliche Rucksäcke.
       
       Das modische Spektrum erweitert sich mit den Jahren, auch weil man ein
       Stilgedächtnis hat. Ich zum Beispiel habe Nostalgietage: Da trage ich meine
       35 Jahre alte schwarze Strickjacke von Rocky mit dem feinen grauen Rand am
       Kragen. Dazu benutze ich ein Männerparfüm, „Blanc“ von Lacoste, nur an
       diesem Tag, und fühle mich frei und neu erfunden. Meine Freundin Hille hat
       gerade ihre Outdoor-Phase beendet: Drei Jahre lang lief sie im
       Jack-Wolfskin-, [1][Patagonia-] und Fjällräven-Look herum. Es gebe ihr ein
       Gefühl, das Leben sei wild, hatte sie gestanden. Doch jetzt hat Hille den
       urbanen „Lagenlook“ entdeckt und trägt eine kurze Strickjacke über einem
       langen roten T-Shirt, dazu einen gelben Loop-Schal. „Color-blocking“ meint
       sie, „Ton in Ton ist gerade nicht angesagt.“
       
       Zum Lebenslauf passt die eigene historische Kleidersammlung. Bei mir ruht
       so einiges in den Ikea-Aufbewahrungstaschen „Skub“ unterm Bett: ein
       Dufflecoat mit Knebelknöpfen (irgendwann bestimmt mal wieder angesagt), das
       rote Sweat-Kleid in O-Form (kommt mir derzeit etwas zu trutschig vor), ein
       uralter Popeline-Anorak mit Strickkragen von meiner Tante (ein
       Lieblingsstück, aber schonungsbedürftig). Ärgerlicherweise habe ich eine
       teure Designerjeans mit Schlag, neun Jahre alt, voreilig in die
       Altkleidertonne geworfen. Dabei ist Schlag jetzt wieder sehr „in“. Lagern
       Sie ein, es kommt alles wieder!
       
       „Kleidung hilft, sich selbst zusammenzuhalten“, sagt der Tiroler
       Stardesigner Andreas Kronthaler (56), verheiratet mit Punkmodeikone
       [2][Vivienne Westwood] (81). Er läuft gerne in Tiroler Lederhosen rum. Das
       kann natürlich auch passen, manchmal.
       
       12 Dec 2022
       
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