# taz.de -- Türkei droht Schweden: Am Ende profitiert nur Erdoğan
       
       > Erdoğan-Puppen und ein brennender Koran: Provokationen aus Schweden
       > verzögern den Nato-Beitritt. Und schaden vor allem der türkischen
       > Demokratie.
       
 (IMG) Bild: Protest in Stockholm gegen Erdogan und den Versuch Schwedens der Nato beizutreten am 21.01.2023
       
       Für den [1][Beitritt Schwedens zur Nato] sieht es momentan schlecht aus.
       Die Proteste in Schweden und insbesondere die Verbrennung eines Korans vor
       der türkischen Botschaft in Stockholm haben den türkischen Präsidenten
       Recep Tayyip Erdoğan jetzt veranlasst, die Ratifizierung des schwedischen
       Nato-Beitritts erst einmal auf Eis zu legen. Dabei darf man getrost davon
       ausgehen, dass in Ankara niemand um den Schlaf gebracht wird, weil ein paar
       kurdische Aktivisten eine [2][Erdoğan-Puppe verbrennen] und ein als
       notorischer Provokateur bekannter Rechtsradikaler einen Koran anzündet.
       
       Im Gegenteil, die Protestaktionen spielen Erdoğan eindeutig in die Karten.
       Er kann im bevorstehenden Wahlkampf für die Präsidentschafts- und
       Parlamentswahlen im Mai den einheimischen Nationalisten und Islamisten
       gegenüber den harten Mann spielen, und die vermeintlichen Provokationen
       sind ein hervorragender Vorwand, um den Preis für den schwedischen
       Nato-Beitritt weiter in die Höhe zu treiben.
       
       Nun sind die Demonstrationen der schwedischen Linken und kurdischen
       Aktivisten ja wahrscheinlich genau darauf ausgerichtet. Sie wollen einen
       [3][Nato-Beitritt Schwedens] verhindern und nutzen Erdoğan, um ihr Ziel
       politisch durchzusetzen. Dass die schwedische Regierung dies weiß und die
       Demos dennoch stattfinden, zeigt, dass das Land auch nach dem Rechtsruck
       bei den letzten Wahlen seine demokratische Grundhaltung nicht verloren hat.
       
       Anders sieht es mit der Koranverbrennung aus, die mit einem demokratischen
       Protest nichts zu tun hat. Es handelt sich um eine reine Provokation, die
       zuverlässig empörte Reaktionen in der muslimischen Welt triggert. Niemand
       konnte davon ausgehen, dass Erdoğan die Aktion einfach schulterzuckend zur
       Kenntnis nimmt. Deshalb ist auch die US-amerikanische Vermutung, dass das
       Ganze vielleicht sogar von Russland gesteuert war, nicht völlig abwegig.
       Warum die schwedische Regierung sie dennoch zugelassen hat, ist
       unverständlich, sie nutzt nur Erdoğans Wiederwahl.
       
       Schweden muss sich nun wohl auf eine längere Wartezeit gefasst machen und
       Finnland wird wohl erst einmal alleine Nato-Mitglied. Am Ende wird das aber
       auch für Schweden keinen großen Unterschied machen. Das Land wird ja
       bereits de facto wie ein Nato-Mitglied behandelt und eine unmittelbare
       Bedrohung ist auch nicht auszumachen.
       
       Am Ende hätte dann nur einer von der ganzen Affäre profitiert: Recep Tayyip
       Erdoğan. Ob es der schwedischen Demokratie nützt, rechtsradikalen
       Provokateuren freie Bahn zu lassen, müssen die Schweden beantworten. Der
       Demokratie in der Türkei schadet es auf jeden Fall.
       
       24 Jan 2023
       
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