# taz.de -- Die Wahrheit: Kokstaxi fährt Bierbike an
       
       > Drogenlieferdienste auszuheben ist keine schwierige Sache, nicht einmal
       > für die Berliner Polizei, die auch das Internet kennt.
       
       Mit der Tatsache, dass Taxis in Großstädten nicht mehr wie freie Wildpferde
       mit eingeschaltetem Schild durch die Stadt galoppieren und sich nur
       widerstrebend durch mein Winken zähmen lassen, habe ich mich inzwischen
       notgedrungen abgefunden. Ich hadere zwar immer noch mit der Benutzung der
       App, die Fahrzielwechsel ungefähr so spontan zulässt wie eine Marssonde,
       aber von mir aus gebe ich gern dort ein, wo ich herkomme und wo ich hin
       will.
       
       Etwas irritierend finde ich allerdings, dass jetzt auch noch das Kokstaxi
       passé ist. Nach einer großen Razzia, wie Berliner Zeitungen jüngst
       berichteten, wurden in der Hauptstadt ein paar Menschen wegen
       Drogenlieferdiensten verhaftet. Ich vermute, dass ihre Ergreifung nicht
       besonders kompliziert war. Wenn man „Koks Taxi“ in der Google-Suchzeile
       eingibt, bekommt man als erstes die Vervollständigung „Koks Taxi Nummer“
       und als Ergebnis dann eine Adresse, eine Berliner Festnetznummer und eine
       „Telefax“-Nummer, die allerdings darauf hinweisen könnte, dass es sich um
       Koks aus den sechziger Jahren handelt. Aber ich gratuliere den Polizisten
       trotzdem zu ihrem Erfolg. Auch wenn ich ganz froh darüber war, dass das
       Kokstaxi das Bierbike im Berliner Stadtbild abgelöst hatte.
       
       So ein Kokstaxi ist leicht zu erkennen – es fährt ziemlich schnell, hupt
       die ganze Zeit, achtet nicht auf Vorfahrtsregeln und denkt, es sei das
       größte, dickste und längste Taxi der Welt. Nach der erfolgreichen
       Zerschlagung des Koks-Taxen-Rings müssen die Beamten jetzt gut aufpassen,
       dass sich stattdessen nicht irgendwo ein Koks-Uber-Service etabliert oder
       ein Koks-Free-Now-Service, dessen Name allerdings auf manche Kunden
       missverständlich wirken könnte.
       
       Die Koks-Fahrzeuge dürfen zwar nicht die Busstreifen benutzen und halten
       sich nicht an die Rückkehrpflicht, aber wen kümmert’s? Dafür bin ich noch
       total fit und wach! Auch das Problem der fehlenden Nachhaltigkeit bezüglich
       der umweltschädigenden Nutzung von Individualverkehr wird übrigens längst
       angegangen: In Frankfurt an der Oder gibt es bereits einen Crackbus, in
       Berlin ein Drogenkonsummobil, das allerdings nicht fährt. Und eine „Medical
       Cannabis Bike Tour“ führte 2020 um die 100 entspannte Fahrer durch
       Frankreich.
       
       Die Frage, welche Droge man den vielen E-Roller-Fahrern aufdrängt, muss
       dagegen noch eruiert werden – Speed passt irgendwie nicht, und der alte
       Spruch „Opium haut Opi um“ lässt mich angesichts des wackeligen Gesamtbilds
       vorbeiratternder E-Roller an dessen Nutzbarkeit ebenfalls zweifeln.
       
       Nein, für die E-Roller-Nutzer ist Microdosing genau das Richtige: Unter den
       Microdosern finden sich viele Start-up-Unternehmer, die die sanfte,
       leistungssteigernde Wirkung und den „kreativen Kick“ schätzen. Und so ein
       lächelnder Businessmann auf einem E-Roller wird bestimmt auch nicht sauer,
       wenn ich ihn mit meinem Bierbike über den Haufen fahre.
       
       3 Feb 2023
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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