# taz.de -- Aktivismus und Karriere im Kulturbetrieb: Das haben sie doch immer so gemacht
       
       > Das Politische ist entscheidend, hieß es anfangs. Aber am Ende
       > profilieren sich Kurator*innen und andere auf Kosten der
       > Beitragenden.
       
 (IMG) Bild: Szenische Lesung: name economy as usual
       
       Im Kulturbetrieb verschwimmen Job und Aktivismus, Ehrenamt und Karriere: Im
       Theater gibt es eine starke Suche nach dem Politischen. Viele Vereine und
       Kulturinstitutionen schmücken sich mit verschiedenen Arten von politischen
       Veranstaltungen – Aktivist*innen oder politisch engagierte
       Künstler*innen werden nicht nur für Podien und Vorträge eingeladen,
       sondern spielen, lesen und performen oft [1][für den guten Zweck].
       
       Das ist oft ein gutes Tool, um Spenden zu sammeln oder medial auf wichtige
       Themen aufmerksam zu machen. Und in politischen Zusammenhängen, in
       Subkultur und DIY-Kultur ist es meist problemfrei: weil niemand profitiert
       außer der Sache. Sobald aber Geld fließt, wird es schräg. Eine [2][Schwarze
       Organisation lädt mich zu einer Lesung ein] und zahlt weit unter meinem
       Satz. Sie haben ja immer so wenig Geld und schließlich ist es ja Community.
       Ich weiß noch, wie sie ganz klein begonnen haben, und ich komme gar nicht
       auf die Idee, zu verhandeln. Später erfahre ich, dass die Veranstaltung
       Teil eines sehr gut finanzierten Festivals war und andere Autor*innen
       wesentlich besser bezahlt wurden.
       
       Im politischen Kulturbetrieb, bei migrantischen Selbstorganisationen oder
       im professionellen Aktivismus – bei den Guten eben – läuft eine Sache nicht
       so gut: Organisationen werden solidarisch aufgebaut, durch Beiträge, die
       Künstler*innen und Aktivist*innen und andere Engagierte in ihrer
       Freizeit leisten. Wenn diese Einrichtungen dann finanziell erfolgreich
       sind, bezahlen sie nicht diejenigen, die sie groß gemacht haben, sondern
       fragen die alten Wegbegleiter*innen weiter für ihre solidarischen
       Beiträge an, um ihr Geld lieber für Gäste auszugeben, die sie damals, für
       lau, niemals bekommen hätten.
       
       Man kann jetzt teuer einen internationalen Star einfliegen lassen – und die
       alten Freund*innen machen ihre Auftritte oder Rahmenprogramm und
       Kinderbetreuung doch bestimmt unbezahlt. Das haben sie doch immer so
       gemacht. Häufig profitieren am Ende einzelne von dem, was gemeinschaftlich
       aufgebaut wurde. Ich komme immer gern zu bestimmten Anlässen oder
       Organisationen. Ich finde es bereichernd, mit meiner Arbeit etwas Gutes tun
       zu können. Am Anfang meines Berufslebens konnte ich die Unterschiede jedoch
       oft nicht erkennen. Wenn ich in einem autonomen Zentrum auftrete, in dem
       niemand etwas verdient, komme ich nicht auf die Idee, für eine Lesung oder
       einen Vortrag Geld zu nehmen.
       
       Genauso kam ich nicht auf die Idee, wenn mich ein gut finanziertes Theater,
       ein Museum oder Berufsverband angefragt hat. Und das, obwohl diejenigen,
       die mich einladen, sprich Kurator*innen und Dramaturg*innen, fest
       angestellt sind und sich mit den Veranstaltungen, an denen andere aus
       politischer Überzeugung teilnehmen, profilieren. Ich falle auf so etwas
       nicht mehr so leicht herein. Leider habe ich viel Idealismus und Vertrauen
       verloren.
       
       13 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://wortenundmeer.net/11-02-23-12-20-uhr-soli-lesungen/
 (DIR) [2] https://www.vogue.de/lifestyle/artikel/anti-rassismus-aktivistinnen
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Dede Ayivi
       
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