# taz.de -- Verfolgung Homosexueller in Ostafrika: Hatz auf homosexuelle Sündenböcke
       
       > Uganda und Kenia erklären die Verfolgung Schwuler zur
       > Regierungspriorität. Das soll wohl von Problemen wie der
       > himmelschreienden Korruption ablenken.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen Queerfeindlichkeit in Nairobi, Kenia 2022
       
       Wie kommt es zum erneuten Aufblühen von Homosexuellenfeindlichkeit in
       manchen Parlamenten Ostafrikas? Als Kenias Oberster Gerichtshof Ende
       Februar das Recht von Schwulen auf Vereinigungsfreiheit und damit auf
       Gründung eigener Verbände bestätigte, reagierte der Abgeordnete Peter
       Kaluma umgehend mit einem Gesetzesvorhaben, für homsexuelle Aktivitäten
       oder deren Förderung lebenslange Haft zu verhängen. In Uganda ging der
       Abgeordnete Asuman Basalirwa noch weiter, seltsamerweise zur selben Zeit:
       Er brachte einen Antrag zur weiteren Verschärfung der ohnehin drakonischen
       Antihomosexuellengesetzgebung ein.
       
       Es mangelt in beiden Ländern nicht an Gesetzen in dieser Sache. Die 100
       Jahre alten scharfen Gesetze gegen Homosexualität aus der [1][britischen
       Kolonialzeit] sind weiterhin in Kraft. In Uganda kippte das
       Verfassungsgericht 2014 eine Reihe geplanter Verschärfungen, während
       [2][Kenias Justiz] 2019 das geltende Homosexualitätsverbot bekräftigte.
       
       Eine nur scheinbar zusammenhanglose Entwicklung in Kenia ist die Wahl von
       William Ruto zum Präsidenten vergangenes Jahr. Ruto ist für klare Ablehnung
       von Homosexualität bekannt. In Uganda hat die Aufregung über das Thema in
       den letzten Jahren abgenommen, weil es sehr wenige bekennende Schwule gibt,
       bis dieses Jahr soziale Medien behaupteten, es gebe eine
       „Schwulenrekrutierungskampagne“ in Internaten, finanziert von Ausländern.
       
       Infolgedessen wurde am letzten Februartag verkündet, das Parlament werde
       das Antischwulengesetz neu behandeln, das das Verfassungsgericht vor neun
       Jahren gekippt hatte. Der Abgeordnete Asuman Basalirwa, der das
       vorantreibt, ist seltsamerweise ein Oppositioneller, der einzige Vertreter
       seiner muslimischen Partei und Jurist. Jetzt arbeitet er eng mit der
       gefürchteten Parlamentspräsidentin Anita Among zusammen.
       
       Abstimmung per Handzeichen 
       
       Ugandas Parlament ist eigentlich mit Korruptionsskandalen beschäftigt. Es
       hat empfohlen, dass die für den 8,5 Milliarden US-Dollar schweren
       Sozialversicherungsfonds NSSF zuständige Arbeitsministerin Betty Amongi
       zurücktritt und die NSSF-Leitung vor Gericht gestellt wird. Mehrere weitere
       Kabinettsmitglieder sollen Wellblechdächer veruntreut haben, die an Arme im
       dürregeplagten Nordosten gehen sollten. Ein Dach kostet 8 US-Dollar, pro
       Minister sind mehrere Hundert gestohlen worden.
       
       Man würde in dieser Situation nicht die Jagd auf mutmaßliche Schwule zur
       Priorität erklären. Aber die Parlamentspräsidentin will das durchziehen:
       Die Abstimmung über das neue Antihomosexualitätsgesetz soll öffentlich
       stattfinden, per Handzeichen, und religiöse Führer sollen zuschauen. Jeder
       soll wissen, wer für Homosexualität ist und wer dagegen. Man kann dies als
       Einschränkung der Gewissensfreiheit der Abgeordneten werten. In einem so
       ultrareligiösen konservativen Land setzt jeder Abgeordnete, der hier mit
       Nein stimmt, seiner Karriere ein Ende. Homosexualität ist in der
       Gesellschaft zwar kein Thema, aber das ist kein Widerspruch: Sie gilt als
       fürchterliche Sünde, die sehr selten ist. Kein Führer darf den Eindruck
       erwecken, diese Sünde zu fördern, wie die Gegner es unweigerlich ausdrücken
       würden.
       
       Wieso scheint in [3][Uganda] der Kampf gegen ein angeblich kaum existentes
       Problem viel dringender zu sein als der Kampf gegen Diebstahl durch
       Regierungsangehörige? Und wieso denkt in Kenia Präsident Ruto schon an
       seine Wiederwahl, während der 2022 unterlegene Oppositionsführer Raila
       Odinga wieder an Popularität gewinnt? Der amtliche Kampf gegen Schwule hat
       wohl andere Gründe als die Einstellung zu Homosexualität.
       
       6 Mar 2023
       
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