# taz.de -- Umstrittene Lieferdienste: Stark im Einsatz gegen Mitarbeiter
       
       > Ein Kurierfahrer von Flink berichtet der taz von Missständen und wird
       > gefeuert. Ein Skandal, aber leider kein Einzelfall.
       
 (IMG) Bild: In ihrem Arbeitskampf werden Kurierfahrer*innen allzuoft allein gelassen
       
       Dass die Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten wie Flink, Getir oder
       Lieferando prekär sind und bisweilen geltendes Arbeitsrecht mehr als nur
       gebogen wird, ist hinlänglich bekannt. Wir wissen das, weil die
       Arbeiter*innen regelmäßig auspacken, vor der Öffentlichkeit oder vor
       Gerichten, die das geschehene Unrecht nur allzuoft in Form von
       Entschädigungen oder Abfindungen ausgleichen müssen.
       
       Dass den Unternehmen das nicht gefällt, liegt in der Natur der Sache. Damit
       Arbeiter*innen ihre Rechte dennoch durchsetzen können, gibt es
       Gewerkschaften und Betriebsräte. Doch insbesondere in der Start-Up-Branche
       ist das Union Busting, also die systematische Bekämpfung von
       gewerkschaftlichen Interessenvertretungen, an der Tagesordnung.
       
       Durch die Bank weg alle Lieferdienste, von [1][Gorillas] über [2][Getir],
       [3][Lieferando], Flink oder [4][Hellofresh], gehen gegen die Gründung von
       Betriebsräten vor. Dafür wird bisweilen vor nichts zurückgeschreckt: Social
       Media Kanäle von Mitarbeiter*innen werden ausgespäht,
       Gewerkschafter*innen mit Abmahnungen unter Druck gesetzt,
       Kritiker*innen entlassen und per Gericht Betriebsratswahlen verzögert.
       
       Der Lieferdienst Flink bildet da keine Ausnahme. Nachdem sich Raúl D. für
       die Gründung eines Betriebrates einsetzt, wird er degradiert, erhält 18
       Abmahnungen innerhalb von nur zwei Wochen. Sogar seine Privatadresse wird
       vom Unternehmen veröffentlicht – natürlich aus Versehen, wie Flink vor
       Gericht beteuert.
       
       Als sich Raul an die taz wendet, [5][um darüber zu berichten], scheut das
       Unternehmen keine Mühe, um seine Identität zu ermitteln. Sogar eine
       geschlossene Telegram-Gruppe von Journalist*innen wird ausgespäht:
       Alles mit dem Ziel, den unbequemen Arbeiter aus dem Unternehmen zu
       entfernen. [6][Was am Ende auch gelingt].
       
       Dieses Vorgehen ist in vielerlei Hinsicht ein Skandal. Zum einen, weil es
       für die meist migrantischen Arbeiter*innen bei Lieferdiensten
       existenzielle Probleme bedeutet, sich für ihre Rechte einzusetzen.
       Abgesehen von der Sicherung des Lebensunterhaltes hängt bei vielen von
       ihrem Beschäftigungsverhältnis ihre Aufenthaltsgenehmigung ab. Aber auch
       aus demokratischer Hinsicht ist es hoch problematisch, wenn Beschäftigte
       aus Angst vor Überwachung und Repression davon absehen, die Öffentlichkeit
       über Missstände zu informieren.
       
       Würden die Unternehmen das Geld und die Zeit, die sie investieren, um
       Whistleblower zu verfolgen und Gewerkschafter*innen zu schikanieren,
       in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen stecken, wäre vieles besser.
       Darauf zu hoffen, ist jedoch naiv. Oft ist es für die Arbeitgeber
       profitabler, im Nachhinein für aufgeflogene Rechtsbrüche zu bezahlen, als
       diese gänzlich einzustellen.
       
       Genau hier ist die Politik gefragt. Die Sanktionen für Union Busting sind
       für große Firmen wie Amazon oder Google ein Witz. Um kalkulierte Verstöße
       gegen das Betriebsverfassungsgesetz zu verhindern, müssten sich die Strafen
       nach dem Unternehmenswert richten. Und auch gesetzliche Schutzlücken müssen
       geschlossen werden. Niemand sollte seine Arbeit oder gar seine
       Aufenthaltserlaubnis verlieren, weil er sich für seine Rechte eingesetzt
       hat.
       
       4 Mar 2023
       
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