# taz.de -- Stark-Watzinger besucht Taipeh: „Bildungsreise“ in Taiwan
       
       > Bildungsministerin Stark-Watzinger besucht Taipeh – und spielt die
       > politische Tragweite ihres Besuchs herunter. China sieht das anders.
       
 (IMG) Bild: Bettina Stark-Watzinger, Bildungsministerin, und Tsung-Tsong Wu, Taiwans Minister für Wissenschaft
       
       TAIPEH taz | Dieser Tage bot sich bei jeder Frage an FDP-Bildungsministerin
       Bettina Stark-Watzinger stets das gleiche Spiel. Als erste deutsche
       Ministerin in Taiwan seit über 26 Jahren ließ sie keine Gelegenheit aus, zu
       betonen, [1][die Reise sei nur ein Fachbesuch]. Sie hütete sich, das Wort
       China auch nur in den Mund zu nehmen.
       
       Die Regierung in Peking hatte die Reise der Ministerin und des
       Grünen-Abgeordneten Kai Gehring, Vorsitzender des Forschungsausschusses im
       Bundestag, dagegen scharf kritisiert. Einen „ungeheuerlichen Akt“ nannte
       sie ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums und forderte die
       Bundesregierung auf, „sofort aufzuhören, mit den separatistischen Kräften
       Taiwans zu interagieren und ihnen falsche Signale zu senden“.
       
       Die „separatistischen Kräfte“ der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP)
       von Präsidentin Tsai Ing-wen stellen in Taiwan die demokratisch gewählte
       Regierung und waren über den Besuch aus Deutschland ihrerseits hocherfreut.
       Jhy-Wey Shieh, Repräsentant Taiwans in Deutschland, sprach von einem
       „historischen Moment“ in der Geschichte beider Länder.
       
       ## Ein Besuch unter liberalen Schwesterparteien
       
       Taiwan, das von Deutschland und der großen Mehrheit von Ländern weltweit
       eigentlich nicht offiziell anerkannt wird, versucht sich gegen den
       zunehmenden Druck Chinas zu behaupten und wird aktuell mit Honduras wohl
       einen weiteren diplomatischen Partner verlieren. Peking lässt es im Rahmen
       der auch von Deutschland akzeptierten „Ein-China-Politik“ nicht zu, dass
       ein Land gleichzeitig mit Taiwan und der Volksrepublik China diplomatische
       Beziehungen unterhält. Taiwan ringt um seine politischen Spielräume.
       
       Der Besuch der FDP-Ministerin war für die Liberalen in diesen Zeiten auch
       ein Engagement in eigener Sache. Stark-Watzinger war am Dienstagabend auch
       bei der Eröffnung des Büros der Friedrich-Naumann-Stiftung in Taipeh zu
       Gast. Als Mitglieder des Verbundes der Liberalen Internationalen sind sie
       und Taiwans Regierungspartei DPP Schwesterparteien. In Bezug auf die
       übergeordnete politische Bedeutung des Besuchs wiegelte Stark-Watzinger bei
       der Pressekonferenz im Deutschen Institut Taipeh am Mittwochnachmittag
       jedoch ab.
       
       Es habe keinen Druck aus China gegeben, die Reise abzusagen, und sie
       erwarte auch im Nachhinein keine Konsequenzen vonseiten Pekings, sagte die
       FDP-Frau. Vorab bekannt gewordene Angaben aus Diplomatenkreisen, das
       Bildungsministerium habe ein Treffen mit Taiwans Außenminister Joseph Wu
       abgelehnt, um keine politischen Risiken einzugehen, wies Stark-Watzinger
       von sich. „Die Reise war lange vorbereitet. Ein Fachaustausch ist und
       sollte auch in Zukunft Normalität sein.“
       
       ## Die neue Normalität in deutsch-taiwanischen Beziehungen
       
       Dass dies wiederum eine neue Normalität in den politischen Beziehungen
       zwischen Taiwan und Deutschland bedeutet, wurde spätestens mit der Aussage
       klar, Taiwan müsse sicher kein Vierteljahrhundert auf den nächsten Besuch
       auf Minister*innenebene warten.
       
       Stark-Watzinger betonte die gemeinsamen Herausforderungen Taiwans und
       Deutschlands etwa in der Fachkräfteausbildung und durch den Klimawandel.
       Die Delegation traf sich unter anderem mit Taiwans Bildungsminister Pan,
       Digitalisierungsministerin Audrey Tang und Vertreter*innen des
       Nationalen Wissenschafts- und Technologierats. Sie besuchte einen
       Nanotechniklabor an der National Taiwan University und die Wiege der
       taiwanischen Halbleiterindustrie in Hsinchu.
       
       Unter anderem hofft Stark-Watzinger, Taiwan könne Deutschland beim Aufbau
       „unabhängiger Chinakompetenz“ etwa im Chinesisch-Spracherwerb unterstützen.
       Und auch beim Aufbau der heimischen Mikrochip-Produktion haben Deutschland
       und ganz Europa mehr von Taiwan zu lernen als umgekehrt.
       
       ## Taiwan ist starker Handelspartner
       
       Politisch steht für die Insel viel auf dem Spiel, doch die
       Hightechindustrie des Landes kann sich ihre Partner aussuchen. Der
       weltgrößte Chiphersteller TSMC erwägt bis zum Jahr 2025 den Aufbau von
       Produktionsstätten in Deutschland. Er baut bereits jetzt Werke in Japan und
       den USA. Stark-Watzinger wollte die Überlegungen zur Ansiedlung eines
       Chipherstellungswerks in der Nähe von Dresden nicht näher kommentieren.
       
       Die Verantwortung dafür liege vor allem im Wirtschaftsministerium und im
       Bundeskanzleramt – die bekanntlich nicht von der FDP geführt werden.
       
       23 Mar 2023
       
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